Hexengold
sich erst beim herzhaften Käse mit einem huldvollen Lächeln.
Darüber entging Magdalena Carlottas standhaftes Schweigen nicht. »Du hast kaum etwas gegessen, mein Kind!« Sanft strich sie über das rotblonde Haar, das sie zu strengen Zöpfen geflochten trug.
»Ich habe keinen Hunger«, antwortete Carlotta barsch und erhob sich. »Lass mich der Magd beim Abwasch helfen.« Ehe sie sich’s versah, kletterte das Mädchen über ihren Schoß von der Bank nach draußen und schob sich durch das Gewühl der Gäste in die Küche.
Magdalena überlegte, ihr nachzugehen und sie zur Rede zu stellen. Es konnte nicht allein die Sehnsucht nach Eric und das Misstrauen ihr gegenüber sein, die das Mädchen derart beschäftigten. Besorgt wanderte ihr Blick durch die Stube und blieb an Mathias hängen. Wie so oft saß der Halbwüchsige inmitten der Fuhrleute. Carlotta schien er nicht zu beachten, was Magdalena beruhigte. Dennoch verfolgte sie noch eine Weile, was in der Runde der grobschlächtigen Männer geschah, die eifrig dem Wein zuzusprechen schien. Nach einer Weile fiel ihr auf, dass die Fuhrleute heimlich ihre Becher unter dem Tisch auskippten.
Auch Mathias schien dem sauren Wein eifrig zuzusprechen, doch dann kam sie seinem Geheimnis auf die Spur: In einem unbeobachteten Moment tauschte er die Krüge aus. So leerte der Fuhrmann neben ihm Mathias’ Becher gleich mit unter den Tisch. Als der Junge Magdalenas Blick bemerkte, grinste er frech. Sie nickte knapp. Immerhin bewies er genug Hirn, sich nicht von den Fuhrleuten unter den Tisch trinken zu lassen.
»Ein Hoch auf die Köchin!« Helmbrecht hob den Becher, die anderen Gäste taten es ihm nach. »Selten habe ich so gut gegessen.« Anerkennendes Murmeln unterstützte Helmbrechts Lob. Stolz kam die rundliche Wirtin zu ihrem Tisch herüber, wo ihr Magdalena die Hand auf den Arm legte. »Er hat recht. Euer Essen war ein Hochgenuss, gute Frau. Dabei hattet Ihr nicht lange Zeit, es vorzubereiten. Noch nie habe ich erlebt, wie in so kurzer Zeit ein so hervorragendes Mahl auf den Tisch gezaubert wurde. Das beweist, Ihr seid eine wahre Meisterin!«
Bei diesen Worten schwoll das Vollmondgesicht der Wirtin vor Stolz noch weiter an. »Ich danke Euch«, sagte sie und scheuchte die neugierige Magd zum Wasserholen.
»Ist meine Tochter noch in der Küche?«
»Ja«, antwortete die Wirtin. »Danke Euch auch dafür, sie als Hilfe geschickt zu haben. Ich achte darauf, dass sie nicht zu schwer anpackt.«
»Schickt sie danach hoch in die Kammer«, bat Magdalena und wandte sich wieder ihren Mitreisenden zu. Der Kutscher hielt sich den prall gefüllten Bauch, Mathias rülpste mit den beiden Fuhrleuten um die Wette, selbst Pohlmann hatte glasige Augen und gerötete Wangen. Seine Mutter tätschelte der jungen Schwiegertochter den Arm. Alle schienen satt und träge.
»Wo bleiben die Spielleute?« Einer der Fuhrleute zwinkerte dem Hausherrn zu. »Oder greift Ihr selber zu Sackpfeife und Flöte, um uns noch ein wenig zu unterhalten? Umso besser! Wie wäre es mit einem Tänzchen, verehrte Frau Wirtin?« Schon sprang der stämmige Bursche auf und fasste die rundliche Frau um die Hüften, wirbelte sie mehrmals schwungvoll um die eigene Achse. Erschrocken schrie sie auf und versuchte, sich aus seinen Fängen zu lösen. Schlagartig verstummten die Gespräche an den übrigen Tischen.
Die Einheimischen blickten verängstigt zum Wirt. Magdalena wollte etwas Beschwichtigendes sagen, da stand der Hausherr bereits von seinem Platz am Kopfende der Tafel auf. »Tut mir leid. Ich kann Euch weder mit eigener Musik noch mit Spielleuten dienen. Das Tanzen und Musizieren«, ein Schnaufen entfuhr ihm bei diesen Worten, »haben wir uns hier in der Gegend vorläufig abgewöhnt.«
Seine Worte wurden mit lautem Murren aufgenommen.
»Wo gibt es denn so was?«
»Warum seid Ihr so sauertöpfisch?«
»Was ist schon dabei, zu singen und zu tanzen?«
»Habt Ihr wenigstens Würfelbecher?«
»Was ist mit Spielkarten? Oder habt Ihr Euch das Spielen auch noch abgewöhnt?«
»In den anderen Gasthäusern im Spreewald hat man sich mehr darum bemüht, die Gäste bei Laune zu halten«, entfuhr es Pohlmanns Kutscher.
»Dann geht besser in die anderen Gasthäuser zurück! Ihr werdet schon sehen, was Ihr davon habt.« Die Lippen des Wirts wurden schmal. Seine Apfelbäckchen waren eingefallen, die Augen hatten an Glanz eingebüßt.
»Seid nicht undankbar.« Helmbrechts Bernsteinaugen blitzten. Er hob die Hand, um für Ruhe zu
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