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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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bemühte man sich im Lager der Österreicher, eine gewisse Ordnung aufrechtzuerhalten. Fortwährend bestand Gefahr, dass das bunte Treiben der vielen Menschen diese Ordnung unterlief.
    Für Magdalenas geübten Blick blieb es selbst aus der Entfernung kein Geheimnis, wie lange die Truppen schon an dieser Stelle lagen und auf den Befehl zu einer neuerlichen Schlacht warteten. Die verwahrlosten Plätze am Rand der Lagergassen, auf denen gewürfelt, Karten gespielt, musiziert, getrunken und gehurt wurde, sprachen eine deutliche Sprache. Unverkennbar hatten sich auch die Trossweiber schon vor längerem mit ihrer gesamten Bagage häuslich eingerichtet. Horden Kinder tollten herum, Hühner, Katzen und Hunde liefen dazwischen. Kaum gelang es einem kleinen Haufen Soldaten, die täglichen Marschübungen in den Gassen abzuhalten. Trotzig hielt ein Fähnrich daran fest, seine Mannen die Piken schultern zu lassen. Ein Fähnlein hockte beisammen und polierte Gewehre und Säbel, andere versuchten sich am Putzen der Geschütze. Die Trägheit, mit der die Patrouillen ihre Kreise um das Lager zogen, verriet, wie überdrüssig sie alle des Wartens auf das nächste Gefecht waren. Die Koppeln für die Pferde und Zugochsen am südöstlichen Ende der Zeltstadt zeigten sich weitgehend abgegrast. Allzu lange, das wusste Magdalena aus leidvoller Erfahrung, würden es Menschen und Tiere in der Gegend nicht mehr aushalten.
    »Müssen wir da mittendurch?« Wieder drehte Carlotta sich im Sattel zu ihr um. Dieses Mal stand kein Vorwurf in ihrem Blick.
    »Keine Sorge«, beruhigte Magdalena sie und strich ihr zärtlich über die rotblonden Locken. Ein Kopftuch hatte sie sich am Morgen gar nicht erst umgebunden. Das Weiß des Leinens strahlte zu sehr im Sonnenlicht und verriet sie vorzeitig. Auch Magdalena streckte die roten Locken ungeschützt der Sonne entgegen. Die Gewitterwolken, die in der Nähe des Waldes am Himmel aufgezogen waren, hatten sich aufgelöst. Im schönsten Blau wölbte sich das Firmament über die weite Ebene, die hinter dem österreichischen Lager zum breiten Lauf der Weichsel steil abfiel. »Wenn ich eins gut kenne«, fuhr Magdalena fort, »dann sind es Soldatenlager wie dieses hier.« Erschrocken stellte sie fest, wie viel Wehmut in ihren Worten lag. Verstohlen wischte sie eine Träne aus den Augenwinkeln und lächelte Carlotta an.
    »Woher weißt du, wem du Helmbrechts Schreiben zeigen musst und ob sie uns damit wirklich unbehelligt passieren lassen?«
    »Mach dir keine Gedanken. Zum Umkehren ist es ohnehin zu spät. Sie haben uns entdeckt.« Magdalena wies mit dem Kopf auf drei Männer, die aus dem nahen Gebüsch auf sie zukamen. Sie erstarrte. Schweden! Sie trugen zwar keine Binden an den Armen, auch die verräterischen Federn an den breiten Hutkrempen fehlten. Doch der zeit ihres Lebens geschulte Blick für die Männer des Nordens hatte Magdalena noch nie betrogen. Trotz der fehlenden Zeichen war sie sich sicher. Die Männer wollten eben nicht als Schweden erkannt werden. So nah vor dem österreichischen Lager hieß das, es handelte sich um einen Spähtrupp, der die Umgebung im Geheimen erkundete.
    Sie zwang sich zu einem überlegenen Schmunzeln und schalt sich insgeheim. Über dem Reden mit Carlotta war sie unachtsam geworden. Dabei hätte sie wissen müssen, wie gefährlich es im direkten Umkreis des österreichischen Lagers war, der gegnerischen Seite in die Hände zu fallen. Die Spitzel mussten ihre Augen und Ohren überall haben. Ihre Position war trotz allem nicht hoffnungslos. Immerhin saßen sie buchstäblich auf einem hohen Ross. Notfalls konnten sie den Schweden auf Helmbrechts Schimmel davongaloppieren, geradewegs in die Reihen der Österreicher hinein. Zuvor aber sollte sie die Wirkung des Empfehlungsschreibens ausprobieren. Gefährlich war unter Umständen nur, dass sie mehrere solcher Briefe für sämtliche Kriegsparteien mit sich führte. So nah am Lager der Habsburger aber mochte ein Aufschrei Deutsch sprechender Frauen die Schweden weiterhin vorsichtig agieren lassen, hoffte sie.
    »Wer seid Ihr?« Der kräftigste der Männer scherte sich wenig um die Nähe zu den Österreichern. Breitbeinig baute er sich vor ihnen auf und musterte sie. Sein Deutsch klang gut. Der Akzent erinnerte sie an die gestrige Beobachtung bei der jungen Pohlmännin. Sie hatte in derselben Weise geredet wie auch vor langer Zeit Englund und seine Kameraden in dem Würzburger Kloster.
    »Hat es Euch die Sprache verschlagen? Kommt runter

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