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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Tat wie gerufen!«
    Damit lachte er auf, versetzte dem Pferd einen leichten Klaps und begann, neben dem lostrabenden Schimmel herzulaufen. Die Kameraden folgten murrend. Selbst über eine längere Strecke hatte er keinerlei Schwierigkeit, das Tempo zu halten.
    Die Männer führten sie im weiten Bogen westlich an dem österreichischen Lager vorbei. Offenbar benutzten sie den Weg öfter und kannten sämtliche Tücken, die dort lauerten. Die ohnehin trägen Wachen der Feinde wurden an keiner Stelle auf sie aufmerksam. So gelangten sie zurück in den Wald, der sich an den Hügeln zur Weichsel hinab erstreckte. Die weißen Birkenstämme erhoben sich kerzengerade aus dem moosbewachsenen Untergrund. Die Sonne sandte warme Sprenkel durch das Laub, die ein munteres Muster auf dem Boden bildeten. Rechter Hand, nicht weit entfernt, erspähte Magdalena die Silhouette eines Klosters. Die weise Waldfrau hatte davon gesprochen. Franziskaner sollten dort leben, zumindest diejenigen, die den Einfall der Söldnerheere überlebt hatten. Die drei Schweden kümmerten sich nicht darum, sondern führten das Pferd mit Carlotta und ihr wortlos daran vorbei.
    Der morastige Boden verriet die Nähe des Flusses, lange bevor er zu sehen war. Bald entdeckte Magdalena das träge dahinströmende Wasser der Weichsel. Silbrig schimmerte es im milden Spätnachmittagslicht. Mücken umschwirrten ihre Köpfe, den Beutel mit der Poleiminze hatten sie verloren und waren den Plagegeistern schutzlos ausgeliefert. Der Schimmel schnaubte und schlug mit dem Schweif nach dem Getier.
    »Wie kommen wir an den Wachen vorbei?«, fragte Magdalena ihre Begleiter. Sie waren unweit der mächtigen Holzbrücke stehen geblieben und schauten dem Treiben vor der Brücke zu. Die Brücke führte zunächst über einen schmalen Arm der Weichsel zu einer kleinen, mit einem Dutzend Hütten bebauten Insel. Von dort schwang sich die kühne Holzkonstruktion über den mächtigen Strom geradewegs in die Stadt hinein. Magdalena schien es, als saugte das Tor am jenseitigen Ufer die Brücke geradezu in sich auf. Stolz erhoben sich die Mauern und Türme Thorns. Am südlichen Rand des Walls gewahrte Magdalena die trutzige Burg, die einst die Deutschordensritter zum Schutz und zur Mahnung gegen die Angreifer im Osten errichtet hatten. Der mächtige Danziger überragte gar die Zinnen der dahinterliegenden Jakobskiche. An der nördlichen Ecke der Stadtmauer befanden sich große Speicher. Die mehrstöckigen Giebel waren höher als die Zinnen der Stadtmauer. Die Thorner Kaufleute mochten sich bis zum Beginn des Krieges gewiss nicht über den Gang ihrer Geschäfte beklagt haben.
    Die Schweden führten sie durchs dichte Gestrüpp hinunter zum Fluss. Aus der Entfernung war nicht zu erkennen, welcher Couleur die Wachen auf der Brücke waren.
    »Seid Ihr wahnsinnig?« Erstaunt riss sie den Anführer der drei am Ärmel. »Wollt Ihr einfach so über die Brücke gehen?«
    »Wollt Ihr etwa schwimmen?«, gab er zurück und schüttelte sie ab.
    Kurze Zeit später erkannte sie, wie unbegründet ihre Sorgen gewesen waren. Die Brückenposten waren zu Magdalenas Verwunderung fest in schwedischer Hand. Sie kam jedoch nicht dazu, ihre Begleiter über die Hintergründe zu befragen. Je näher sie der Stadt kamen, desto eiliger hatten es die Männer. Ungeduldig drängten sie die Wachen am Stadttor, sie durchzulassen. Offenbar genügte der Hinweis auf sie als Wundärztin und die Erwähnung des Hauptmanns, für raschen Durchlass zu sorgen.
    Das Quartier des Hauptmanns lag an der großen Einfallsstraße, nur wenige Schritte hinter dem Brückentor. Schon von weitem war zu erkennen, dass es sich um eines der reichsten Häuser der Stadt handelte. Es war aus roten Ziegelsteinen errichtet. Der hohe Speicher ließ auf einen begüterten Kaufmann als eigentlichen Besitzer schließen. Die üppigen Verzierungen am Portal verrieten seinen Sinn für das Schöne. Als die drei Schweden mit Magdalena und Carlotta die Stufen vor dem Eingang erreichten, nickten die beiden Wachposten ehrerbietig. Einer von ihnen erbot sich, den Schimmel zu versorgen. Rasch nahm Magdalena ihren Beutel mit den Wundarztutensilien an sich. Auch Carlotta griff nach ihrem kleinen Bündel und verknotete es an ihrem Gürtel. Dann stiegen sie die Treppen zum Eingang hinauf.
    In der weitläufigen Diele herrschte reges Treiben. Auf der rechten Seite befand sich die offene Küche. Ein Koch hantierte an den Töpfen über dem Kamin. Mehrere Mägde putzten an der Bank

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