Hexengold
vom Pferd.« Ungeduldig griff der Schwede mit der einen Hand nach den Zügeln und fasste mit der anderen nach ihrem Fuß. Sie trat nach ihm, woraufhin seine Kameraden sofort die Pistolen auf sie richteten.
Drohend blickten die drei sie an. Sie mochten in etwa das gleiche Alter haben, Mitte, Ende zwanzig, schätzte Magdalena. Die wettergegerbten Gesichter waren bartlos, Wimpern, Augenbrauen und Haare allerdings von so auffälligem Strohblond, wie sie es nur von Schweden kannte. Die hageren Gestalten in den weiten Röcken und Hosen bewiesen, dass auch die Belagerer in der Stadt ähnlich harte Entbehrungen litten wie die davor lauernden Österreicher. Das Blitzen in den hellen Augen erzählte jedoch noch von einem anderen Hunger, den die Schweden gewiss gern stillen würden. Magdalena zermarterte sich den Kopf, wie Carlotta und sie der Schändung entgehen konnten.
»Wir steigen ab«, erklärte sie und glitt von dem Schimmel. Carlotta tat es ihr nach. »Wir haben ein Schreiben dabei. Ihr müsst uns ungehindert passieren lassen. Hier, wartet, ich zeige es Euch.«
»So? Da sind wir aber gespannt, was?« Der Mann grinste. »Mir kommt nämlich gerade eine andere Idee, wie Ihr uns dazu bringen könnt, die Pistolen wieder einzustecken.«
Carlotta schrie auf, doch Magdalena signalisierte ihr, ruhig zu bleiben. »Wenn Ihr nicht wollt, dass die Österreicher da hinten allzu schnell auf uns aufmerksam werden, vergesst das besser gleich wieder.«
Ihre Unerschrockenheit zeigte Wirkung. Herausfordernd streckte der Schwede ihr die Hand entgegen, Helmbrechts Brief entgegenzunehmen. Sie bemühte sich, ihn geschickt aus dem Beutel am Sattel zu ziehen, ohne dass etwas von den anderen darin verstauten Papieren zu entdecken war. Deutlich spürte sie die Blicke der Männer in ihrem Rücken. Sie hielt die Luft an, tastete und kramte, äugte unauffällig auf das Papier. Nicht auszudenken, wenn sie das falsche herauszog.
Es glückte auf Anhieb. Sie erwischte das richtige Schriftstück und konnte auch die übrigen Briefe wieder geschickt mit den anderen Dingen im Beutel verbergen. Erleichtert atmete sie auf.
Als sie das Schreiben aushändigte, bemerkte sie das fehlende Siegel und ärgerte sich, dass sie das erst jetzt bemerkte. Sie hätte es längst lesen können! Die Schwedischkenntnisse aus den letzten Kriegsjahren hätten gewiss gereicht, den Inhalt zu erfassen. So aber wusste sie nicht, was Helmbrecht darin mitteilte, und lieferte sich und ihre Tochter blindlings den Fängen dieser Wüstlinge aus. Aus den Augenwinkeln betrachtete sie Carlottas bleiches Antlitz. Ihr zuliebe hätte sie mehr Umsicht aufbringen müssen. Nun blieb nur die Hoffnung, dass Helmbrechts bernsteinfarbene Augen es tatsächlich ernst gemeint hatten.
Der Schwede benötigte eine halbe Ewigkeit, das Schreiben zu studieren. Seine Kameraden schienen nicht des Lesens kundig, sonst hätten sie ihm den Brief gewiss aus den Händen gerissen. Er aber murmelte umständlich jede einzelne Silbe vor sich hin, begann mehrmals von vorn, bis er endlich durch war. Der Inhalt stellte ihn jedoch keineswegs zufrieden. Entsetzt sah Magdalena, wie sich seine Mimik verfinsterte. Unwirsch beriet er sich mit seinen Kumpanen. Dabei sprachen sie alle drei so leise und hastig, dass es Magdalenas des Schwedischen entwöhnten Ohren unmöglich war, auch nur einzelne Wörter aufzuschnappen, geschweige denn, den Sinn des Ganzen zu erfassen.
»Also gut«, erklärte der Anführer der drei endlich. »Wir bringen Euch nach Thorn zu unserem Hauptmann.«
»Wieso nach Thorn? Was sollen wir bei Eurem Hauptmann? Ihr sollt uns vorbeilassen, mehr wollen wir nicht.« Verwirrt sah sie von einem zum anderen. Was, um Himmels willen, hatte Helmbrecht über sie geschrieben? Sein Blick hatte sie umgarnt, wider besseres Wissen hatte sie ihm abermals vertraut – und saß nun seinetwegen in der Falle!
»Regt Euch nicht auf«, sagte der Schwede erstaunlich freundlich. »Wenn alles gut geht, seid Ihr morgen schon jenseits der Stadt und erreicht in wenigen Tagen Euer Ziel. Zuvor aber gibt es ein wenig Arbeit für Euch. Also kommt mit. Je eher wir beim Hauptmann sind, desto eher erfahrt Ihr, wie und vor allem wann es für Euch weitergeht.«
»Was heißt hier, es gibt Arbeit für uns?« Entrüstet wehrte Magdalena seine Hand ab, mit der er sie am Arm fassen wollte. »Finger weg! Wir sitzen allein wieder auf«, sagte sie mit drohendem Unterton.
Sofort richteten die beiden anderen die Pistolen auf sie. »Untersteht
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