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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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entspannte. »Alles, was du willst, meine Liebe«, keuchte er. »Gib mir endlich die vermaledeiten Tropfen! Ich halte es nicht mehr aus.« Seine Stimme wurde heiser. Die sonst so eisigen Augen blickten flehentlich auf die schmächtige Frau. Carlotta konnte der Mutter nachfühlen, wie sehr sie es genoss, den jähzornigen Mann auf einmal jämmerlich winseln zu sehen. Kurz schoss ihr Mathias’ Anblick letztens in dem Unterstand durch den Kopf. So gedemütigt sie selbst gewesen war: Er hatte sich noch mehr geschämt und sie inständig um Verzeihung angefleht. Das hatte ihr Genugtuung bereitet. Inzwischen war sie längst bereit zu vergeben, wusste jedoch nicht, ob sie jemals die Gelegenheit dazu haben würde. Tränen stahlen sich in ihre Augen. Hastig wischte sie sie fort.
    Auch die Mutter lenkte Lindström gegenüber ein. »Also gut. Versprecht mir, meine Tochter und mich ungehindert aus Thorn fortziehen zu lassen, sobald Ihr Linderung verspürt. Am besten schwört Ihr es im Beisein Eurer Leute laut und deutlich.«
    Gehorsam hob Lindström die rechte Hand. Auf Magdalenas mahnenden Blick hin legte er die linke brav auf die Brust. »Ich schwöre es«, sprach er und streckte die zitternde Hand nach der Phiole aus. »Und jetzt die Tropfen.«
    »Hier.« Magdalena legte ihm das Glasgefäß vorsichtig in den Handteller. »Nehmt alle Stunde zehn Tropfen davon aufgelöst in einem Becher Wein. Ich lasse Euch außerdem unten in der Küche einen Sud aus Kamille und Fenchelblüten aufbrühen. Den trinkt Ihr über die nächsten Stunden hinweg zusätzlich in kleinen Schlucken. Essen solltet Ihr bis auf weiteres nur Gerstenbrei. Fettes Fleisch und Fisch sind derzeit Gift für Euch.« Sie bedachte ihn mit einem eindringlichen Blick. Carlotta schmunzelte. Die Mahnung war überflüssig. Fleisch und Fisch gab es derzeit die ganze Weichsel bis Warschau hinauf nicht. Die Mutter ließ sich allerdings nicht anmerken, ob ihr das ebenfalls bewusst war. Ohne Hast packte sie ihre Utensilien auf dem Tisch zusammen und verschnürte sie wieder in dem Beutel.
    »Du lässt mich allein? Wohin willst du? Wann kommst du zurück?« Lindström packte sie am Handgelenk und hielt sie fest. »Wache! Lasst sie nicht durch.«
    »Nicht doch, nicht doch!« Tadelnd sah die Mutter den Patienten an. Carlotta staunte immer mehr, woher sie die Kraft nahm. Keine Stunde war es her, da war sie kreidebleich vor dem Hauptmann gestanden und schien vor Angst im Boden zu versinken. Nun war er es, dem die Furcht ins Gesicht geschrieben stand. Seine Stimme überschlug sich, so sehr ängstigte es ihn, dass sie tatsächlich gehen und ihn im Stich lassen könnte. Sein Vertrauen in ihre Heilkünste musste trotz des laut vorgebrachten Hohns sehr groß sein. Darüber vergaß er sogar seinen Hauptmannsstolz.
    »Wie kleinmütig Ihr seid, Lindström!« Nun war es an der Mutter, bittere Häme in ihren Worten durchklingen zu lassen. »Nur weil Ihr Euch nicht an Eure Zusagen zu halten pflegt, denkt Ihr, dass auch andere so handeln. Keine Sorge. Ich stehe zu dem, was ich verspreche. Ich werde Euch helfen und die Ursache Eures Leidens beseitigen. Vergesst nicht: Ich bin die rote Magdalena, die gar nicht anders kann, als zu helfen, selbst ihren übelsten Feinden. Doch damit mir das auch bei Euch gelingt, brauche ich noch einiges, was ich mir erst in der Stadt besorgen muss. Bis dahin habt Ihr diese Tropfen. Die lindern Eure Schmerzen. Nehmt sie, wie gesagt, alle Stunde in einem Becher Wein. Nicht mehr und nicht weniger.«
    »Was schadet es, wenn es mehr sind und ich sie öfter nehme?« Schon machte er sich an dem Verschluss aus Kork zu schaffen. Dabei ging er so ungeschickt vor, dass ihm die Phiole aus der Hand glitt. Flink sprang Carlotta hinzu und fing sie auf. Sie lächelte ihn aufmunternd an, als sie sie ihm reichte. Die Verzweiflung in seinen Augen rührte sie.
    »Nichts schadet es«, antwortete die Mutter unterdessen kalt. »Zumindest uns nicht. Euch allerdings schon. Wir jedenfalls sind dann für immer von Euch erlöst.«
    In wenigen Schritten stand sie an der Tür. Carlotta wollte folgen, doch Lindström hielt sie fest. Ungeachtet der neuerlichen Krämpfe umklammerten seine schlanken Finger ihre Handgelenke mit erstaunlicher Kraft. An ein Entkommen war nicht zu denken.
    Die Hand auf der Klinke, drehte die Mutter sich um. Ihre schmalen, schräg stehenden Augen verengten sich zu Schlitzen. Die hohen Wangenknochen und das spitze Kinn unterstrichen das Katzenartige, das auf einmal in ihrem

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