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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Brücke schwang sich darüber. Sie konnten nicht weit vom Neuen Pregel entfernt sein. Entschlossen schritt Magdalena darauf zu.
    Auf einmal aber stockte sie und packte Carlotta aufgeregt am Arm. »Schau nur, da hinten an der Ecke zum Flussufer. Da stehen drei Männer. Sind das nicht Imhof, Feuchtgruber und Diehl?« Sie wagte kaum, den Arm auszustrecken, um das Mädchen auf die drei gedrungenen Gestalten hinzuweisen. Um erkennen zu können, ob sie mit ihrer Vermutung richtig lag, kniff sie die Augen zusammen. Viel mehr, als dass es sich um drei ältere, gut gekleidete Herren mit hohen Hüten und weißem Haar handelte, konnte sie trotzdem nicht mit Sicherheit feststellen. Von links rauschte ein Wagen mit zwei Rappen heran. Das Fell der Rösser glänzte im Sonnenlicht, auch das Fuhrwerk war kostbar ausstaffiert. Ausgerechnet in Höhe der Herren hielt der Wagen und versperrte ihr die Sicht. Gleich sammelten sich einige Knaben, die die prachtvollen Pferde bestaunten. Der Kutscher scheuchte sie mit der Peitsche fort und beugte sich zu der anderen Seite, auf der die drei Herren standen. Eine Zeitlang war nur mehr sein zur Seite geneigter Rumpf zu sehen. Dann kam er wieder in die Senkrechte und schwang die Peitsche. Die Pferde zogen an, und der Wagen setzte sich in Bewegung. Sobald er aus dem Blickfeld war, waren auch die drei Herren verschwunden.
    »Du siehst Gespenster«, sagte Carlotta. »Das können nicht Vaters Frankfurter Gefährten sein. Die würden wohl kaum ohne ihn durch Königsberg spazieren. Vergiss nicht, dass sie hier noch fremder sind als er. Nie zuvor waren sie hier, und deshalb sind sie auf Vaters Unterstützung angewiesen. Oder denkst du, ihm ist etwas zugestoßen, und sie sind ohne ihn hier eingetroffen?«
    Mit weit aufgerissenen Augen sah sie Magdalena ängstlich an. Magdalena bereute bereits, sie auf die Herren aufmerksam gemacht zu haben. »Mach dir keine Sorgen. Du hast recht. Diehl, Imhof und Feuchtgruber sind ehrenwerte Zunftgenossen deines Vaters. Niemals würden sie ohne ihn weiterreisen. Entweder, wir treffen sie alle vier oder keinen von ihnen.«
    Sie rang sich ein Lächeln ab, obwohl sie selbst nicht von ihren Worten überzeugt war. Mittlerweile war sie sich ganz sicher, vorhin tatsächlich die drei Frankfurter Kaufleute gesehen zu haben. Feuchtgrubers behäbige Figur mit dem weißen Haarschopf war ebenso unverkennbar wie Imhofs gedrungene Erscheinung oder Diehls Glatzkopf. Hinzu kam die Art, wie sie gestikulierten und sich untereinander verständigten. Je weiter sie sich von der Ecke entfernten, an der die drei Gestalten gestanden hatten, desto mehr beunruhigte sie die Vorstellung, sie ohne Eric in der Stadt zu wissen. Noch schwerer, als vier fremde Kaufleute aufzuspüren, war es gewiss, einen einzelnen, möglicherweise kranken oder gar verletzten Reisenden ausfindig zu machen. Der verhängnisvolle Morgen von Erics Aufbruch kam ihr in den Sinn. Eine kleine Unaufmerksamkeit hatte genügt, seine alte Wunde an der Brust abermals gefährlich weit aufreißen zu lassen. Wie leicht konnte ihm das unterwegs wieder passiert sein. Wurde die Naht falsch behandelt, entzündete sie sich. Kein Wunder, trank er auch immerzu viel zu viel von diesem verfluchten Kaffee! Das bittere Getränk erschwerte nicht nur den Heilungsprozess, sondern vernebelte ihm die Sinne und sorgte für stete Unruhe.
    Die Holzbrücke über den Neuen Pregel führte nicht direkt in den Kneiphof zurück. Zunächst fanden sie sich in einer Gegend mit Lagerplätzen wieder. Ein schäbig gekleideter Mann erklärte ihnen, dass es sich um die Altstädter Wiesen handelte, und empfahl ihnen ein nahe gelegenes Gasthaus zur Einkehr. Dort nahmen sie eine kleine Stärkung zu sich, bevor sie den Heimweg fortsetzten. Über eine weitere Brücke gelangten sie abermals über den Fluss, dieses Mal nach Westen und von dort am berühmten Collegium vorbei durch weitere Straßen und Plätze zurück zur Langgasse.
    Im Licht der untergehenden Sonne blinkte das Schild des Grünen Baums. Magdalena atmete auf. Als sie die geräumige Gaststube betraten, war sie voll besetzt. Kaufleute, die rechtzeitig zur Öffnung der Börse am Beginn der neuen Woche da sein wollten, waren in der Stadt eingetroffen. Wohlgemut, am nächsten Morgen gute Geschäfte abzuschließen, gönnten sie sich bereits am Vorabend ein üppiges Mahl im Kreis der Zunftgenossen.
    »Wo wart Ihr nur so lange?« Vorwurfsvoll sah die Wirtin ihnen vom Kücheneingang her entgegen. Sie strich sich fahrig

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