Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
Schlettstadt haben ihn wegen Diebstahl und Verleumdung angezeigt. Aber Ihr habt ihn ja auch selber in Colmar erlebt und kennt ihn auch aus Basel her. Um größeres Unheil zu verhindern, werde ich nun endgültig anordnen, dass ihn die mir unterstellten Klöster nicht aufnehmen dürfen und wenn ja, dann sollen sie ihn in eine Zelle weg-sperren. Ihr könnt Euch darauf verlassen – er wird nichts unversucht lassen, die Bulle mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln für seine Ziele einzusetzen. Was das bedeutet, brauche ich nicht weiter zu erläutern. Sicher, die Frauen sind das schwache Geschlecht und auch per se anfällig für Aberglauben und zauberische Praktiken. Institoris misstraut aber zutiefst jedem weiblichen Wesen, da es eine potenzielle Hexe sein könnte und die einzige Frau, für die er Achtung empfindet, ist die Gottesmutter. Sein Hexenglaube und sein Sendungsbewusstsein sind schon krankhaft. Während ich versuche, gegen diese heidnischen Relikte zu predigen und den Menschen die Augen zu öffnen, kann er nicht genug auf dem Scheiterhaufen sehen, weil er der Meinung ist, eine solch verdorbene Seele könne nur durch das Feuer gereinigt und so vor der ewigen Verdammnis bewahrt werden.«
Niklas nickte zustimmend: »In Basel habe ich ihn einmal darauf angesprochen und ihm gesagt, dass ich von meinem hochverehrten Gönner und Mitbruder Johannes Nider weiß, dass der Hexenglaube erst vor etwa hundert Jahren angefangen hat. Aber da ist er richtig böse geworden und hat mich einen einfältigen Narren geheißen und mich angefahren, es hieße noch lange nicht, wenn man nicht daran glaube, dass es das deswegen auch nicht gäbe.«
Niklas sah Institoris vor sich, wie er zornbebend mit hochrotem Kopf vor ihm stand und sein »R« rollen ließ. »Ich habe ihm geantwortet: Seht, mir kommt das so vor, wie wenn ein Mann mit verbunden Augen in einem großen, fensterlosen Saal steht und versucht, eine schwarze Katze zu fangen, die sich angeblich in diesem Raum aufhalten soll.« Er machte ein Pause und kratzte sich am Kinn.
»Und dann?«
Niklas lachte hart auf. »Das hätte ich besser nicht gesagt. Er hat einen Tobsuchtsanfall bekommen und geschrien, alle Welt glaube nicht nur, sondern wisse, dass es Hexen und Satansbünde gebe und wer das leugne, sei verdächtig, selbst mit diesen Teufelsbündlern zumindest zu sympathisieren, wenn ihnen nicht gar anzugehören. Auch wer einem geistlichen Stand angehöre, sei nicht vor den Dämonen gefeit, sondern manche seien dadurch besonderen Versuchungen – besonders fleischlichen – ausgesetzt. Er fing dann mit Aristoteles an, kam über Hieronymus zu Augustinus und hörte mit Thomas von Aquin auf.«
Sprenger war an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt und saß nun mit in dem Kopf gestützten Händen hinter dem Tisch. »Was mache ich mit der Bulle? Was meint Ihr?«, fragte er ratlos.
»Hmm«, machte Niklas und wiegte den Kopf. »Ich denke, es wirbelt nur noch mehr Staub auf, wenn Ihr Euch dagegen wehrt. Vielleicht wartet er aber auch nur darauf, um Euch in Rom anzuschwärzen. Schließlich habt Ihr Euch bisher weder als besonders scharfer Inquisitor in Glaubensfragen noch als Ketzerverfolger hervorgetan.«
Der Prior sah nachdenklich geradeaus und nickte. »Ich glaube auch, das ist das Beste!«, sagte er nach einer Weile bestimmt.
»Übrigens: Habt Ihr schon das Gauklerpärchen auf dem Marktplatz gesehen? Ich meine die beiden mit den beiden Hunden?«, fragte Niklas unvermittelt.
»Ja, es ist unglaublich. Ich habe es mir schon zweimal angesehen. Wenn Bruder Heinrich –«, Sprenger sprach nicht weiter, sondern sah nur seinen Confratrer an.
Niklas erwiderte den Blick und nickte ein weiters Mal.
15. KAPITEL
I nstitoris war schon seit seiner Rückkehr aus Rom außerordentlich schlecht gelaunt. Wenn er nicht selber im Land und höchstpersönlich vor Ort war, schien hier alles einzuschlafen oder nur sehr zögerlich voranzukommen. Aus Ravensburg hatte ihm Gremper berichtet, es seien zwar weitere Untersuchungen geplant, aber bis zu einer Anklage würde es noch einige Zeit dauern. Wütend erfuhr er von einem Gottesurteil in einem Hexenprozess gegen eine gewisse Anna Henni aus Rötenbach im Schwarzwald, den Graf Heinrich von Fürstenberg angestrengt hatte. Solche Urteile waren seit dem Laterankonzil von 1215 kirchlicherseits verboten, aber diese Einfaltspinsel hatten die Feuerprobe angeordnet und die Verdächtige hatte es tatsächlich geschafft, das glühende Eisen beinahe unbeschadet
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