Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
schon bei einigen anderer Verfahren gelernt –, schon im Vorfeld Angst und Schrecken zu verbreiten. Das Ganze sprach sich bestimmt wie ein Lauffeuer herum und auch der Bischof würde von seinem Eintreffen Kenntnis erhalten, noch bevor er selbst vorstellig werden würde. In Innsbruck hatte er daher keine Eile, das Pfarrhaus aufzusuchen, sondern setzte sich in eine Gaststätte, wo er sich unbemerkt in eine Ecke zurückzog und zufrieden dem aufgeregten Getuschel und ängstlichen Raunen der Leute lauschte.
Heißhungrig tauchte er seinen Holzlöffel in die erbettelte Gerstensuppe, die ihm der Wirt mit verkniffenem Gesicht auf den Tisch gestellt hatte. Zwar hätte er auch in jedem Pfarrhaus nach einer Wegzehrung fragen können, aber er wollte sich nicht durch womöglich stundenlange Debatten aufhalten lassen.
»Der Herr wird es Euch danken!«, sagte er dann und schob den Teller über den Tisch. »Die Suppe war vorzüglich und sehr gut gewürzt, das macht durstig. Ich hoffe, dass ich Eure mildtätige Barmherzigkeit nicht überfordere, wenn ich noch um einen Becher Wein bitte?«
Er sah das kurze Aufblitzen in den Augen des Mannes und spürte zufrieden, dass er ihn eigentlich zum Teufel wünschte, aber dies nicht auszusprechen wagte. Institoris trank in großen Schlucken, nestelte an seiner Tasche und zog dann ein bedrucktes Blatt Papier hervor, erhob sich und trat in die Mitte der Gaststube, in der alle Gespräche schlagartig verstummten. Prüfend sah er sich um und schritt dann entschlossen auf die dem Eingang gegenüberliegende Wand zu.
»Kann ich das hier anschlagen oder habt Ihr einen besseren Platz?«
»Was ist das?«, fragte der Wirt misstrauisch.
»Eine Bulle. Vom Papst persönlich!«, antwortete der Mönch herrisch.
»Wer hierher kommt, kann nicht lesen und schon gar kein Latein!«, warf einer der Gäste zaghaft ein.
»Ich werde es euch vorlesen und übersetzen«, entgegnete Institoris.
»Dann braucht Ihr es ja nicht anzuschlagen«, wandte der Wirt ein.
»Nichts da! Das Papier kommt an die Wand, und zwar jetzt gleich!«
»Das kommt gar nicht in Frage, behaltet Euren Fetzen!«, fuhr der Besitzer auf. Die Augen des Mönches verengten sich und seine Stimme klang mit einem Mal gefährlich leise. Er hielt die Bulle in die Höhe und deutete mit dem Zeigefinger auf das untere Ende des Schriftstückes.
»Wisst Ihr, was da steht? Nein? Hier steht es schwarz auf weiß: Niemand– ich betone: Niemand, weder ein Fürst noch ein Bischof, darf sich meinen Anordnungen entgegenstellen! Jedem, der mich nicht unterstützt, droht die Exkommunikation! Wir werden auch hier dem Hexenunwesen ein Ende bereiten und Ihr könnt es mir glauben auch in Innsbruck wimmelt es nur so von verdorbenen Menschen, die sich mit dem Fürsten der Hölle verbündet haben. Es sind verkommene Geschöpfe, deren Sinn nur danach steht, Gottes Ordnung zu zerstören und Unheil und Verderbnis über Lebewesen und Früchte zu bringen!« Institoris sah zufrieden, wie die Leute die Köpfe einzogen und einander verwirrte Blicke zuwarfen.
»Unsere Geistlichkeit sagt aber, das mit den Hexen sei nichts als Aberglaube und Einbildung und wer daran glaube, versündige sich …«, wollte ein kleiner Mann mit einem Lederschurz einwerfen, an dessen schwarzer Verfärbung Bruder Heinrich in ihm einen Handwerker zu erkennen glaubte, der mit Eisen zu tun hatte.
»Willst du als ungebildeter Schlosser dem Papst selbst widersprechen?«, schnitt er ihm das Wort ab. »Was steht hier?« Er suchte scheinbar nach der entsprechenden Stelle in der Bulle, obwohl er deren Inhalt inzwischen auswendig kannte.
»Hier ist es: ›… viele Personen beiderlei Geschlechtes, ihr eigenes Seelenheil missachtend und vom christlichen Glauben abweichend, mit Incubus- und Subcubus-Dämonen Unzucht treiben und durch ihre Zaubersprüche, Gesänge und Beschwörungen und durch andere gottlose, abergläubische und wahrsagerische Frevel, Verbrechen und Vergehen …«‹ Institoris machte eine Pause und sah sich triumphierend um.
»Was sind In … Inco … Incub …?«, kam eine schüchterne Stimme aus dem Hintergrund.
»Incubus und Subcubus?«, griff er sofort die Frage auf. »Ein Incubus ist ein Dämon in Männergestalt, dem verdorbene Weiber ihre Seele anvertraut haben und mit dem sie sich auch in ihrer Lüsternheit fleischlich vereinigen. Incubus kommt von ›incubando‹, also übersetzt von darauf liegen und sub bedeutet darunter liegen. Ein Subcubus ist daher ein Dämon in der Gestalt eines
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