Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
worauf Institoris heftig widersprach und meinte, es sei allgemein bekannt, dass Hexen fast immer zauberische Gegenstände mit sich führten und der Scheuberin damit nur Gelegenheit gegeben werde, diese besser zu verstecken oder gar ganz verschwinden zu lassen.
Auch Bruder Wilhelm äußerte Bedenken und auch Wolfgang von Basel schloss sich an, aber erst, als der Inquisitor seinem Beichtvater einen strengen ermahnenden Blick zugeworfen hatte.
Die beiden Gehilfen standen ratlos da und wussten nicht, wem sie jetzt gehorchen sollten.
Erst als der greise Paul Wann sie leise, aber bestimmt anfuhr, lösten sie die Knoten.
Institoris lief derweil immer empörter auf und ab, verwies wieder und wieder auf seine Bulle, schimpfte auf seine Mitbrüder ein, sie sollen auch einmal etwas sagen, anstatt wie Statuen dazusitzen, blaffte den Innsbrucker Notar an, einer von ihnen würde wohl reichen, worauf dieser zurückgab, der Kanter sei päpstlicher und kein öffentlicher Notar, dann schrie er, er beantrage eine Verlegung auf morgen, um gleich darauf den Pfarrer Samer als intriganten Wortverdreher und Verleumder zu beschimpfen, der womöglich selbst mit diesen Weibern unter einer Decke stecke.
Als er merkte, dass sein Geschrei und die ausgestoßenen Drohungen keine Wirkung zeigten, hielt er einen Moment inne – anscheinend hatte er es hier nicht mit Leuten zu tun, die sich so einfach einschüchtern ließen. Mit einem Male wurde seine Stimme ruhiger und versöhnlich. »Entschuldigt bitte, ich habe mich in Rage geredet. Aber ich hoffe, Ihr versteht mich, da ich weiß, was auf dem Spiel steht und wir nur noch eine Handbreit vom Abgrund entfernt sind. Solche wie diese Weiber« – er deutete mit der Hand auf die Scheuberin – »sie tragen keine Form der Frömmigkeit mehr in sich, was sich deutlich zeigt, wenn man ihre Werke betrachtet. Sie vergießen das Blut Unschuldiger, offenbaren Geheimnisse durch teuflische Unterweisungen, sie schonen weder Lebende noch Tote, wenn sie die Seelen mit den Körpern töten. Sie benutzen Träume, um die Eingebungen böser Geister zu erforschen. Ich meine dabei nicht die Traumdeutung in einer Art, wie sie von Thomas von Aquin oder Aristoteles beschrieben ist und wie jene Träume und Visionen nur Zeichen, aber keine Ursachen sind. Nein, hier ist es anders! Wenn sie nicht körperlich ausfahren, sondern nur erfahren wollen, was ihre Hexengenossen treiben, so legen sie sich in Teufels Namen und aller Dämonen im Schlaf auf die linke Seite und was die Wahrsagerei angeht, kann man es ja im Praeceptorium bei Johannes Nider nachlesen, wenn es –«
»Genug, genug!«, unterbrach ihn der Kommissar ärgerlich, »wir sind hier nicht in einer Diskussionsrunde an der Universität, sondern in einem Gerichtssaal!«
Als der Inquisitor einfach weitersprach, befahl ihm Turner barsch, endlich den Mund zu halten. Das hatte schon lange niemand mehr gewagt und Institoris war darüber so fassungslos, dass es ihm glatt die Sprache verschlug.
Christian Turner nutzte die entstandene Stille und wandte sich an Helena Scheuberin. »Wir hier«, machte er eine Handbewegung in die Runde, »sind eine Kommission, die den Prozess und dessen Führung untersuchen sollen. Ihr seid also die Angeklagte Helena Scheuberin?«
Helena nickte beklommen und sah ängstlich hinüber zum Inquisitor.
»Ihr braucht keine Angst zu haben!«, ermunterte sie Turner freundlich, der ihren Blick bemerkt hatte. »Schwörst du bei Gott und deiner unsterblichen Seele, alle an dich gerichteten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?«
Helena nickte, legte ihre linke Hand auf die Bibel auf dem Tisch vor ihr und hob zitternd die Rechte: »Ich schwöre!«
»Ich übergebe die Leitung des Verhöres an den Inquisitor Doktor Heinrich Institoris!«, sagte Turner und setzte sich wieder.
Institoris hüstelte leicht und überlegte, wie er anfangen sollte. »Wo bist du geboren?«
»Das habe ich ja schon gesagt. Hier in Innsbruck!«
»Beantworte meine Fragen und unterlasse deine Kommentare«, zischte er. »Wo bist du aufgewachsen?«
»Hier in Innsbruck!«
Institoris fragte sie nochmals ihre persönlichen Daten ab, während der Notar Hagen scheinbar konzentriert in den Prozessakten blätterte. »Du bist also verheiratet?«
»Ja, seit acht Jahren mit Sebastian Scheubner«, antwortete sie.
»Soso«, sagte darauf Institoris mit einem hintergründigen Ton in der Stimme. »Aber vor deinem Mann gab es schon einen anderen?«
»Ja, den Junker Jörg Spieß!«
»Warst
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