Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
du mit dem verheiratet?«
»Nein. Wir sind nur miteinander gegangen!«
»Wie lange?«
»Schon einige Zeit. Genau kann ich das auch nicht mehr sagen.«
»Aber Jörg Spieß ist tot, genau so wie seine Frau!«
»Ja!«
»Seine Frau war bei der Hochzeit noch gesund?«
»Soweit ich das beurteilen kann – ja!«
»Würdet Ihr bitte der Reihe nach fragen?«, warf Paul Wann ärgerlich dazwischen. »Keiner von uns versteht hier eine Logik!«
Institoris sah ihn ausdruckslos an und fuhr dann fort: »War der Spieß dein erster Mann? Ich meine, mit dem du das Bett geteilt hast?«
Helena errötete und gab darauf keine Antwort, aber der Inquisitor ließ nicht locker. »Was ich meine – hast du vor ihm schon einmal mit einem Mann verkehrt oder gar mit mehreren?«
»Was soll diese Frage? Sie gehört nicht hierher und hat mit der Sache nichts zu tun!«, schoss Christian Turner in die Höhe.
»Konkret gefragt: Hat dich Jörg Spieß entjungfert oder war es jemand anderer?«, fuhr Institoris ungerührt fort.
»Jetzt reicht es!«, schrie ihn der Kommissar empört an, »nochmals eine solche ungeheuerliche Frage, und ich verlasse sofort den Gerichtssaal!«
»Schon gut«, versuchte der Inquisitor zu beschwichtigen und wandte sich wieder der Angeklagten zu. »Du willst also nicht gestehen, für den Tod von Jörg Spieß verantwortlich zu sein?«
»Nein!«
»Ebenfalls nicht, mit Satan im Bunde zu stehen und mit ihm auch geschlechtlich zu verkehren?«
Sie wollte gerade mit »Nein« antworten, als sich Paul Wann wieder einmischte. »Ich habe Euch schon einmal gebeten, eine gewisse logische Reihenfolge in den Fragestellungen einzuhalten!«
Auch Bartholomäus Hagen meldete sich nun zu Wort. »Nach nur oberflächlicher Durchsicht der Protokolle scheint das seine Taktik zu sein. Er fragt völlig zusammenhanglos kreuz und quer, stellt spitzfindige Fragen, macht Andeutungen und scheint dann alles nach seinem Gutdünken wiederum so zusammenzufügen, bis sie ein ihm genehmes Ganzes ergeben …«
»Wenn ich anders vorgehen würde, bekäme ich kaum etwas in die Hand. Satan würde ihnen schon einflüstern, was …«, schrie Institoris, wurde aber von Hagen unterbrochen.
»Eure Gründe in Ehren – aber wir versuchen hier, einen ordentlichen Prozess nach Recht und Gesetz zu führen. Aber was hier vorliegt, ist meilenweit davon entfernt! Ich würde vorschlagen, wir geben Euch bis elf Uhr Zeit, Euren Fragenkatalog neu zu ordnen. Seid Ihr damit einverstanden?«
Institoris wollte aufbegehren, aber auch der päpstliche Notar bedeutete ihm, es sei besser, sich zu fügen.
Kurz nach elf Uhr geschah etwas wieder Sonderbares, wovon man sich noch jahrzehntelang nicht nur in Innsbruck, sondern in der ganzen Grafschaft Tirol und noch weit darüber hinaus erzählen sollte. Es gab nicht wenige, die später gar von einem Wunder sprachen und das Ereignis der Vorsehung zuschrieben. Zwar war alles ganz anders, aber manche Leute wurden richtiggehend böse, wenn ihnen jemand erzählen wollte, dass die Geschichte abgekartet gewesen war und auch der Bischof selbst seine Finger mit im Spiel hatte.
Institoris hatte nun also seine Fragen murrend und schimpfend während der ihm zugestandenen Frist in eine – soweit es die kurze Zeit erlaubte – logische Reihenfolge gebracht und war gerade dabei, das Verhör nochmals zu beginnen, als sich die große Saaltüre lautlos öffnete. Noch immer wütend über die erlittene Demütigung blätterte er mit heftigen Bewegungen in seinen Papieren vor und zurück und als er aufsah, stand plötzlich ein hochgewachsener Mann vor ihm, von dem er nicht wusste, woher er kam und den er noch nie gesehen hatte.
»Mein Name ist Johann Merwais von Wendingen, Doktor der Medizin und Rechtsanwalt!«, verbeugte sich der Mann und lächelte.
Der Inquisitor sah ihn überrascht an. »Und?«, bellte er dann knapp, als er sich wieder gefangen hatte.
»Ich möchte die angeklagten Frauen verteidigen!«
Institoris sah ihn einen Moment lang fassungslos an. »Was wollt Ihr? Wer hat Euch darum gebeten?«, fragte er dann giftig.
»Der Pfarrer Samer, der Kommissar Turner und der Notar Hagen«, antwortete der Anwalt, faltete sorgfältig seinen Umhang über die Armbeuge und legte ihn dann, ohne den Inquisitor weiter zu beachten, über die Lehne eines frei stehenden Stuhles.
»Verteidiger sind hier nicht vorgesehen«, schrie Institoris mit hochrotem Kopf, »verlasst sofort und auf der Stelle den Gerichtssaal!«
»Einen Moment!«, ging nun der
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