Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
– und die waren mehr als dürftig. Anfangs hatte durchaus Interesse an dem Werk bestanden und einige Exemplare wurden nach Süddeutschland und ins Rheinische ausgeliefert, aber jetzt lag es wie Blei am Lager. Was ihm seine Agenten meldeten, war auch nicht dazu angetan, seine Stimmung zu heben. Soeben war gerade sein bester Verkäufer Mathis bei ihm gewesen und hatte ihm gesagt, dass der »Hexenhammer« fast überall auf Widerstand stoßen würde.
»Ich habe mich an den Rat des Inquisitors gehalten und habe mich damit nur an gelehrte und gebildete Menschen gewandt. Sicher, ich habe jetzt wieder sechs Stück verkauft, aber es läuft einfach zäh und mühsam. Was vor allem Anstoß erregt, sind die sexuellen Obsessionen und schon ein paar Mal musste ich mir anhören, das Buch sei einfach schweinisch. Auch der Hinweis auf die päpstliche Bulle hilft nicht viel!«
25. KAPITEL
D urch das morgendliche Köln schlich ein Dominikaner mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze, der sofort in eine Seitengasse abbog, sobald er auch nur von weitem eines Mitgliedes des geistlichen Standes ansichtig wurde. Zielstrebig hielt er dann auf die Sankt-Andreas-Kirche zu, in deren unmittelbarer Nachbarschaft er eine Türglocke anschlug und danach in das Innere des Hauses schlüpfte, wobei er sich aber kurz versicherte, dass ihm niemand gefolgt war. Den Gruß der Haushälterin erwiderte er nur knapp und stieg dann unverzüglich über die knarrende Holztreppe hinauf in den ersten Stock, wo er schon von Lambertus de Monte sowie Christian Wintzen und Arnold Kolich aus Euskirchen erwartet wurde.
In Speyer war es anfangs letzter Woche wieder zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Institoris und Drach gekommen, der geschrien hatte, er fühle sich betrogen und hintergangen, da ihm der Inquisitor immer wieder von einem riesigen Markt vorgefaselt habe und Bruder Heinrich hatte zurück gebrüllt, er lasse sich nicht von einem unfähigen Drucker und Verleger sein Lebenswerk kaputtmachen. Wenn Drachs Gehilfen nicht eingegriffen hätten, wären sie sich an die Gurgel gegangen. Erst als Institoris versprach, ihm würde schon etwas einfallen und er könne sich darauf verlassen, hatte sich auch der Drucker wieder beruhigt.
Da hatte er nun eine Bulle vom Papst, einen Schutzbrief vom König und ein Buch mit einer Anleitung, mit der bis ins kleinste Detail beschrieben war, wie diese Hexen aufgespürt, überführt und verurteilt werden konnten. Trotzdem kam er nicht weiter. Der Bischof in Brixen würde sich in seiner Meinung über ihn erneut bestätigt fühlen. Allein der Gedanke an den Hohn und den Spott schmerzte beinahe körperlich. Er überlegte hin und her– er konnte nach Wien oder nach Bologna oder sonst wohin, aber dazu fehlte ihm einfach die Zeit. Die nächste angesehene Universität war in Köln und damit ausgerechnet dort, wo sein Ordensbruder und Intimfeind Jakob Sprenger saß, der zu allem Überfluss auch noch gerade zum Ordensprovinzial in Teutonia gewählt worden war und dem er besser nicht in die Quere kam. Dieser hatte die Wahl ausdrücklich nur unter der Bedingung angenommen, dass er gegen ihn, Bruder Heinrich Institoris, Doktor der Theologie und päpstlich bestellten Inquisitor, in seinen Handlungen freie Hand habe. Aber was seinem »Hexenhammer« noch fehlte, war eine Anerkennung durch wissenschaftliche Autoritäten und die gab es hier zur Genüge. Ein bereits von vier seiner Ansicht nach sowieso nur zweitklassigen Gelehrten unterzeichnetes Gutachten war vernichtend ausgefallen und wütend hatte er es in kleine Schnipsel zerrissen. Er brauchte eine Bestätigung mit einem unanzweifelbaren Siegel, dass die im »Malleus Maleficarum« vertretenen Ansichten und Thesen der Lehrmeinung der Kirche entsprachen oder ihr zumindest nicht entgegen standen und auch im Teil über die rechtliche Handhabung nichts zu beanstanden war.
Allerdings–wenn er jeden Einzelnen aufsuchen und ihm den »Hexenhammer« vorlegen würde, konnte er das gleich vergessen. Jeder würde das Buch genau prüfen wollen, der eine hätte hier Bedenken und der andere da etwas einzuwenden, der nächste würde den Kopf wiegen und mit scholastischer Nachdenklichkeit sagen, er müsse noch jemand anderen zu Rate ziehen und nach einem halben Jahr würde er von jedem zweiten die Antwort bekommen, »…bedauerlicherweise sei er noch nicht dazu gekommen … Arbeitsüberlastung, das kenne er sicher. Aber in den nächsten Monaten … sicher …«
Nein, das konnte er getrost
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