Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
stimmen kann. Wer geht schließlich freiwillig aus Nächstenliebe in ein Siechenhaus, putzt den Lahmen den Hintern, verbindet die Ekel erregendsten Geschwüre und wünscht dann den Elendesten der Elenden ein noch größeres Elend an den Hals, um das man sich dann auch noch letztendlich selbst zu kümmern hat? Seht Ihr eine Möglichkeit, dies Bruder Heinrich und dem Gericht zu verdeutlichen?«
»Ich hoffe es. Aber wenn auch ich wenig Aussicht auf Erfolg sehe, so müssen wir es doch versuchen!«, gab Niklas zur Antwort.
»Also gut«, nickte der Prior.
»Kann Bruder Leonhard mit uns kommen?«
»Ich denke, da spricht nichts dagegen.«
Cornelius räusperte sich. »Da wäre noch etwas!«, sagte er dann.
»Was denn?«
»Ich weiß, es ist nur bei strengen Ausnahmen erlaubt … aber … könnten wir … reiten? Wir haben nicht viel Zeit! Die Miete für die Pferde bezahle selbstverständlich ich!«
»Ich bin noch nie auf einem Pferd gesessen!«, fuhr Niklas erschrocken auf. »Und Bruder Leonhard auch nicht!«, ergänzte er gleich zur Bekräftigung.
»Das ist nicht so schwer. Selbst ich habe es nach zwei Stunden gekonnt, als mir keine andere Wahl blieb!«, lachte Vanckel.
Auch Cornelius wäre unter anderen Umständen in schallendes Gelächter ausgebrochen, wie wenig später zwei Mönche versuchten, auf die Rücken ihrer Pferde zu gelangen. Aber er war in Gedanken bei seiner Frau in einer modrigen Gefängniszelle in Boppard.
29. KAPITEL
B ruder Heinrich war über das Ansinnen seines Gegenübers erst fassungslos gewesen und seine anfängliche, wenn auch nur mühsam beherrschte Freundlichkeit war dann in blanke Wut umgeschlagen. So richtig hatte er diesem Niklas noch nie über den Weg getraut, der es zwar nicht offen aussprach, aber ihn doch spüren ließ, auf welcher Seite er stand. Ausgerechnet ein Mitglied aus dem Heimatkonvent seines Erzfeindes Sprenger bat ihn nun um seine Vermittlung, dazu noch im Falle der Frau eines aus dem Orden ausgetretenen Mönches, der mit ihm selbst vor Jahren einige Zeit unterwegs gewesen war.
»Sprenger!«
Auch dieser Niklas hatte es bestimmt mit heimlicher Schadensfreude beobachtet, wie ihn dieser über Jahre hinweg behindert und regelrecht verfolgt hatte. Als ihm hier im Kurtrierischen damals der Boden zu heiß geworden war, hatte er sich nach Salzburg zurückgezogen, wo er es dann zwar bis zum Domprediger gebracht hatte, aber Sprenger hatte keine Ruhe gelassen, bis er unter Androhung der Exkommunikation auch diese Stelle aufgeben musste und auch der ihm wohl gesonnene Prior nahe legte zu verschwinden, da er ihn ansonsten einsperren müsste. Bis ins Italienische musste er ziehen, um vor seinen Nachstellungen sicher zu sein.
Selbst im Halbdunkel des kleinen Gasthauses sah Niklas deutlich das hasserfüllte Glimmen in seinen Augen. »Liebe? Bekehrung? Verzeihung? Das mag vielleicht Sprenger predigen! Aber hält sich auch Satan daran?« Institoris begann nun zu brüllen. »Warum glaubt Ihr, habe ich das Buch Malleus Maleficarum, Hexenhammer genannt? Genau!«, gab er gleich selbst die Antwort. »Zerschmettert sollen sie werden, diese gottlosen Weiber! Und zwar gnadenlos, ohne Mitleid und ohne Rücksicht auf Stand und Ansehen!«
»Dazu habt Ihr Sprenger benutzt, die Approbatio ist gefälscht, vieles ist erstunken und erlogen, wie zum Beispiel der Bericht vom Prozess in Innsbruck, wo alle Angeklagten ausnahmslos gestanden hätten, mit dem Teufel im Bunde zu sein. Dem Fass schlägt es aber noch den Boden aus, wenn Ihr schreibt, Bischof Golser und Fürst Sigmund hätten Euch rückhaltlos unterstützt!«
Bruder Heinrichs Mund verzog sich zu einem hämischen Grinsen. »Golser ist tot und der Fürst ist ein bis über beide Ohren verschuldeter alter tatteriger Greis, der seine Gebiete an Maximilian abgetreten hat. Was die anderen angeht – sie sollen mir das erst beweisen! Aber wen interessiert das wirklich? Das Buch hat nun über zehn Auflagen und bis jetzt hat sich noch kaum jemand beschwert! Was allein zählt, sind die zehn Auflagen – niemand verkauft zehn Auflagen, wenn kein Bedarf dafür da ist!«
Niklas konnte nicht mehr an sich halten und begann nun ebenfalls zu schreien. »Weil Ihr mit Euren Fälschungen und erschlichenen Empfehlungsschreiben den Anschein erweckt, dass sowohl die Kirche als auch die Regierung des Reiches dahinter stehen!«
»Der Zweck heiligt die …«
Niklas ließ ihn nicht ausreden, sondern schrie weiter. »Was habt Ihr mit dem Formicarius meines Lehrers Nider
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