Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
gemacht?! Auch ihn habt Ihr für Euer Schandwerk missbraucht! Sicher, mein Mentor war auch über die Ansichten vom Pakt mit den Dämonen zerrissen und er war es ja auch, der diese Gedanken beim Basler Konzil zur Diskussion gestellt hat. Sein Formicarius ist ein moralisches Werk und kein Aufruf zur Hexenjagd! Er hat niemals den Tod der Verirrten gefordert, er verurteilte die Sünde, nicht aber die Sünder! Auch hat er die Frauen nicht in Grund und Boden verdammt, so wie Ihr es tut. Er war zwar der Ansicht, dass Frauen von Natur aus schwächer sind und daher eher zu Ekstasen und phantastischen Visionen neigen als Männer, aber …«
»Was anderes ist die Frau als die Feindin der Freundschaft, eine unentrinnbare Strafe, ein notwendiges Übel, eine natürliche Heimsuchung, ein wünschenswerter Verlust, eine häusliche Gefahr, ein ergötzlicher Schaden, ein Fehler der Natur, mit schöner Farbe bemalt. Sagt schon Chrystostomos!«, schrie Institoris zurück.
»Eben! Das meine ich!«, antwortete Niklas nun etwas ruhiger. »Ihr habt nur zusammengeklaubt, was in Eure vorgefertigte Meinung passt. Nider war Beichtvater und Seelsorger vieler Frauen und hatte durchaus Hochachtung vor ihnen. Er sagt auch, dass Gott das weibliche Geschlecht als etwas Gutes erschaffen habe, aber weil sie der Natur näher stünden als der Mann, unterlägen sie auch leichter Täuschungen. Da aber der Mann sich mehr vom Verstand leiten lasse und daher Gott als geistigem Wesen näher sei, würde dieser auch über der Frau stehen und so würden sie sich ergänzen. Wie im Ameisenstaat sieht er hier eine Form des geschwisterlichen Zusammenlebens und der Nächstenliebe unter den Geschlechtern. Was aber macht Ihr? Ihr predigt den blanken Hass auf alles Weibliche, Hass aber macht blind und blinder Hass ist Fanatismus, der bekanntlich unbelehrbar ist!«
Institoris sah ihn kalt an. »Ihr habt ohne es zu wollen den Kern getroffen. Ein großes Ziel erreicht man mit Beharrlichkeit – vielleicht. Aber viel sicherer erreicht man etwas, was man einmal als für richtig erkannt hat, mit eisernem Fanatismus, nicht mit endlosem, sich nur noch im Kreise drehendem Nachdenken und zögerndem Abwägen. Der Erfolg gibt uns Recht – über zweihundert dieser verkommenen Weiber wurden inzwischen hingerichtet!«
Niklas sah ihn entsetzt an. Aber ein Mann wie Bruder Heinrich machte keine Scherze.
Als Niklas über den schmalen Pfad heran humpelte, versuchten sie in seinem schmerzhaft verzerrten Gesicht zu lesen. »Der Teufel soll sie holen, diese verflixte Reiterei!«, schimpfte Niklas, worauf ihm Leonhard heftig beipflichtete.
»Und?«
Niklas schüttelte den Kopf. »Wie es zu erwarten war. Zum Schluss hat er noch gemeint, wenn Afra keine Hexe sei, würde das Gericht das schon herausfinden und im übrigen deute auch einiges darauf hin, dass er, Cornelius, mit irgendeinem Liebeszauber dazu gebracht worden sei, den Orden zu verlassen.«
Betreten standen nun die drei Männer auf der Waldlichtung, auf der sie sich verabredet hatten, da der Medicus gemeint hatte, die neugierige Nachbarin würde ihm etwas zu auffällig um das Haus herum streifen und es sei sicher besser, wenn man sie nicht zusammen sehe.
»Dann bleibt also nur noch der Henker!«, sagte Cornelius niedergeschlagen.
Die beiden Mönche nickten stumm.
»Vielleicht ist es nicht gerade klug, nachdem Bruder Heinrich nun weiß, dass ich hier bin. Aber ich komme mit. Wir treffen uns vor seinem Haus!«, sagte Niklas dann bestimmt.
Der Scharfrichter Diebold Hartmann war ein riesiger, vierschrötiger Mann mit einem kugelrunden Schädel und gewaltigen Pranken, die eher an Schaufeln denn an Hände erinnerten. Der Blick aus den engstehenden Augen war stechend und schon beim Öffnen der Türe war beiden klar, dass sie es mit jemandem zu tun hatten, der es nicht gewohnt war, lange Fragen zu stellen. Im ganzen Haus hing ein widerwärtiger Geruch, da er nicht nur als Scharfrichter waltete, sondern auch einen Teil seines Lebensunterhaltes damit bestritt, mit seinem Schinderkarren die Kadaver verendeter Tiere einzusammeln und denen er, wenn sie noch irgendwie verwertbar waren, das Fell abzog.
Diebold Hartmann war es gewohnt, dass sich am Tage selbst das Gesindel, Quacksalber und Bettler von seiner Behausung fern hielt, dafür aber kaum eine Nacht verging, an der nicht jemand verstohlen an seinem Fenster klopfte, um mit ihm Geschäfte zu machen. Besonders begehrt waren bei den Bettlern die Beine von Hingerichteten, die sie dann am
Weitere Kostenlose Bücher