Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
Els in ihm den Mönch wieder, der ihren Gruß vor ein paar Tagen so mürrisch erwidert hatte und der sich nun als Heinrich Institoris, Doktor der Theologie und beauftragter Inquisitor für die Provinz Alemania vorstellte.
Seine Predigerkunst hatte er in den Jahren seiner Tätigkeit verfeinert und vervollkommnet. Seine Stimme war anfangs immer nur so laut, dass er gerade noch verstanden wurde, wobei er aber immer die Mienen der Gläubigen im Auge behielt und auf einen bestimmten Druck seiner Worte achtete. Beinahe wehmütig und mitfühlend trug er die Geschichte eines Jünglings hier aus Ravensburg vor, der noch am ersten Tag seiner Ankunft bei ihm gewesen sei und den eine Hexe verführt habe.
»Er war verzweifelt und sagte mir, er sei vom Teufel in Gestalt einer Frau zum fleischlichen Akt gereizt worden. Der junge Mann war sehr verängstigt, da der Teufel nicht von ihm ablassen wollte. Ich riet ihm, die Frau wieder aufzusuchen, aber vor Eintritt in die Stube geweihtes Salz zu sich zu nehmen. Als er dann eintrat, sah ihn die Frau mit finsterem Gesicht an und verschwand schimpfend, weil ihr einer der Teufel noch eilig davon berichtet hatte. Wir sehen also, der Satan war hier in Gestalt einer Hexe oder sogar selber leiblich anwesend, weil er beides bewerkstelligen kann.« Er hielt einen Moment inne und ließ seine Worte wirken.
»In der Gemeinde Wiesental, das ist in der Nähe von Bruchsal, wurde der Schultheiß mit schweren Schmerzen und Qualen behext. Dass dies geschehen konnte, hatte er sich nach seinem eigenen Eingeständnis selbst zuzuschreiben. An den Sonntagen pflegte er sich immer mit Weihwasser und geweihtem Salz zu schützen, aber wegen einer Hochzeit, zu der er es eilig hatte, vergaß er es und wurde noch am gleichen Tag behext.«
Er hob seine Stimme und sah scharf nach unten. »Weihwasser und geweihtes Salz sind die einfachsten und wirkungsvollsten Gegenmittel gegen die Verführungen und Blendungen des Höllenfürsten.«
Institoris führte weiter auf, welche Mittel nicht nur als Vorsorge gegen Behexungen, sondern auch zum Heilen von bereits Behexten wirksam seien: »Hier in der Diözese Konstanz hat das Hexenwesen ein solches Ausmaß angenommen, dass einem einfachen Christenmenschen davon speiübel werden kann. Woanders ist es zwar auch nicht besser, aber hier wird durchgegriffen. Meistens sind es Frauen, da das weibliche Geschlecht anfälliger für die Verlockungen des Teufels ist, da die Weiber auch einen schwächeren Glauben haben. Das geht schon aus dem lateinischen Namen ›femina‹ hervor. ›Femina‹ heißt auf Deutsch Frau, setzt sich aber eigentlich aus den zwei Worten fe und minus zusammen.«
Er spürte förmlich, wie sie an seinen Lippen hingen. »Fe«, fuhr er fort, »bedeutet Glaube, Treue und mina ist die weibliche Form von minus, also weniger. – Was heißt also ›Frau‹ auf lateinisch?«, fragte er in das voll besetzte Kirchenschiff mit lauerndem Unterton.
Unten war es mucksmäuschenstill. Selbst ein zu Boden fallender Strohhalm wäre zu hören gewesen.
»Jawohl«, seine Stimme schwoll an und er reckte den linken Arm mit ausgestrecktem Zeigefinger in die Höhe, »Frau bedeutet nichts anderes als Weniger-Glauben! Außerdem darf man nicht vergessen: Das Weib wurde aus einer Rippe des Mannes geschaffen, schon deshalb ist es also ein unvollkommenes Geschöpf. Nicht nur der geistige, sondern auch der körperliche Makel der Frauen beweist, dass sie niemals dem Manne gleichgestellt sein kann. Gewiss, es gibt auch verkommene und verderbte teufelsbuhlerische Mannsbilder. Aber allein aus der Minderwertigkeit des Weibes entstammt die Verführung zum Unglauben und zur Hexerei!«
Auch Agnes Bader, die in der vorletzten Reihe saß, zuckte zusammen. Alles hatte sie zwar so nicht ganz verstanden, aber so viel bekam sie mit, dass auch sie zu dem Geschlecht gehörte, das eher zum Glaubensabfall und zu Verdorbenheit neigte. Bisher hatte sie immer gedacht, die Männer wären in dieser Hinsicht anfälliger, wenn sie so an das Fluchen und den liederlichen Lebenswandel dachte, den viele führten. Sie selbst fürchtete keinen Mann, auch wenn er einen Kopf größer war als sie und sie hatte kein Problem damit, ihn eigenhändig aus der Badestube zu werfen, wenn ihr einer dumm daherkam oder einen über den Durst getrunken hatte. Aber trotzdem, selbst sie hätte sich nie so benehmen dürfen, wie es für viele Männer selbstverständlich war.
»Wohin diese leichte Verführbarkeit bei den Frauen führen
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