Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
Sollte dies so sein, wäre das ein Kapitalverbrechen. Wir können Euch versichern, wir haben die Anzeigen sorgfältig auf ihre Wahrscheinlichkeit hin überprüft. Die Angelegenheit ist sehr ernst, sodass sich leichtsinniges Vorgehen von selbst verbietet.«
»Wer hat sie denn denunziert?«, schrie Hans Frauendienst.
Der Inquisitor blickte ihn mit gespieltem Mitleid an und schlug dann einen Ton an, als ob er ein kleines Kind belehren wollte. »Guter Mann, wart Ihr bei einer meiner Predigten in der Kirche?«
Hans nickte überrascht, weil er nicht wusste, worauf er hinauswollte.
»Es ist schon ein Jammer mit dem Volk. Da predigt man sich die Seele aus dem Leib, sie aber sitzen da unten und hören gar nicht zu, sondern sinnieren ihrem Geld oder ihrer nächsten Spitzbüberei nach. Sonst wüsstet Ihr, was ich gesagt habe, nämlich, dass jeder, der zu mir kommt, nicht befürchten muss, namentlich vor Gericht genannt zu werden!«
»Das ist doch eine Schweinerei!«, brüllte Matthias, worauf ihn der Ammann ermahnte, er solle sich der Würde des Ortes entsprechend benehmen und wenn das noch einmal vorkomme, lasse er ihn des Saales verweisen und mit einer Strafe belegen.
Institoris wandte sich an das Gericht: »Im Übrigen gilt es auch, die Macht der Angeklagten zu berücksichtigen. Es gibt die Macht der Abstammung, des Geldes und die Macht der Bosheit. Es ist daher gefährlich, die Namen der Zeugen bekannt zu geben. Womöglich hat der nicht sonderlich begüterte oder gar völlig mittellose Angeklagte Komplizen im Bösen, Gesindel und Mörder, die außer dem Leben nichts zu verlieren haben. Ein Vornehmer und Reicher hat aber auch noch sein Vermögen zu verlieren! Auch den Beisitzern ist es bei Androhung der Exkommunikation verboten, die Namen von Zeugen weiterzugeben!«
Hinter ihnen ging die Türe auf und Elisabeth wurde mit gefesselten Händen hereingeführt.
Institoris war nicht entgangen, dass einige der Schöffen bei ihrem Eintreten offensichtlich mit einem schlechten Gewissen zu kämpfen hatten.
Als Hans seiner Frau ansichtig wurde, hielt ihn nichts mehr. Mit großen Schritten rannte er ihr entgegen und blickte in ihre verweinten Augen. »Haben sie dir etwas angetan?«
»Nein, noch nicht!«, schüttelte sie müde den Kopf und blickte ihn zaghaft an.
Kochende Wut kroch langsam in ihm hoch, als er den Menschen, mit dem er nun schon weit über die Hälfte seines Lebens gemeinsam verbracht hatte und der ein Teil von ihm selbst geworden war, wie einen Schwerverbrecher gefesselt, entwürdigt und gedemütigt vor sich stehen sah. Hans schluckte ein paar Mal und wandte sich dann beherrscht an den Ammann: »Könnt Ihr meiner Frau wenigstens die Stricke abnehmen?«
Der Richter nickte. »Was habt Ihr zur Entlastung von Frau Elisabeth Frauendienst vorzutragen?«
Hochwürden Sunthain ergriff wieder das Wort. »Els Frauendienst ist einigen hier im Raum keine Unbekannte. Ihr Mann Hans ist ein wohl angesehenes Mitglied der hiesigen Schlosser- und Schmiedezunft. Elisabeth hat sechs Kinder in Gottesfurcht groß gezogen, drei Söhne und drei Töchter, die wiederum drei prächtige Schwiegersöhne als Männer haben. Ihr werdet hier in Ravensburg kaum einen Menschen finden, der es verstehen wird, wie eine sechsfache Mutter und fürsorgliche Ehegattin der Wetterzauberei und der Teufelsbuhlschaft angeklagt werden soll. Vor allem jene, die Els Frauendienst mit ihrer gelegentlich derben, aber trotzdem warmen Art kennen, können darüber nur den Kopf schütteln. Wir alle, die wir hier stehen und ihre Liebe und Zuneigung erfahren durften, verwahren uns auf das Schärfste gegen diese unsinnige Anschuldigung …«
»Drei. Drei! Es liegen drei verschiedene Aussagen vor!«, fuhr Institoris zornig auf.
»Lasst ihn gefälligst ausreden!«, bellte ihn der Richter an.
Der Pfarrer warf ihm einen dankbaren Blick zu und fuhr dann fort: »Wer sich hier im Saal hinter diese Anklage stellt, sollte sich bewusst sein, dass er sich in der ganzen Stadt der Lächerlichkeit preisgibt und …«
»Das ist eine Einschüchterung des Gerichtes!«, rief der Notar Gremper dazwischen.
Hochwürden Sunthain sah ihn gelassen an. »Das ist keine Einschüchterung, mein lieber Mitbruder, sondern eine Klarstellung der Tatsachen. Ihr seid noch nicht solange hier, sonst wüsstet Ihr es besser. An jedem – ich sage es noch einmal –, der für eine Weiterführung des Prozesses gegen diese arme Frau stimmt, wird etwas hängen bleiben. Es wird sein wie ein Pechfleck auf
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