Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
als Bürgen rechnen. Ich will nicht unbescheiden sein, aber ein Kleriker gibt in diesem Fall ein besonderes Gewicht. Wir dürfen nur keine Zeit verlieren, weil ich gehört habe, dass Institoris plant, den Prozess so rasch wie möglich abzuschließen. Ich gehe gleich auf dem Rückweg beim Ammann vorbei und weihe ihn ein, dass wir morgen im Gerichtssaal auftauchen und eine Bürgschaft übernehmen. Zum Gäldrich sage ich lieber nichts, der rennt sofort aus Angst vor der Exkommunikation zum Inquisitor und erzählt ihm alles brühwarm. Das Ganze muss überraschend kommen, sowohl für Institoris als auch für den Bürgermeister.«
»Was hältst du von dem Inquisitor?«, wollte der Ofenloch von seinem Bruder wissen.
Der Stadtpfarrer verzog angewidert das Gesicht. »Er ist ein intellektueller Idiot, aber durch seine Tätigkeit verfügt er über weitreichende Verbindungen zu vielen einflussreichen Leuten und zu hohen und höchsten Stellen. Wir dürfen uns morgen auf keine langen Diskussionen mit ihm einlassen – seine Taktik ist die Verwirrung. Er wird versuchen, uns jedes Wort im Mund umzudrehen und in seinem Sinne auszulegen!«
Els lag tränenlos in ihrem Verlies und konnte keinen Schlaf finden. Irgendwo schrie ein Käuzchen, das Getrappel von Pferdehufen drang durch das Fenster, verhallte dann leiser werdend in der Ferne und vor der Tür fiepste eine Maus. Fröstelnd zog sie den Umhang über ihre Schultern, während sie unentwegt still ihre Lippen bewegte. Sie zählte nicht mehr, der wievielte Rosenkranz es nun schon war, aber Beten war das einzige, was ihr noch Halt und Trost zu geben vermochte. Els wusste nichts von Anna Mindelheimer und Agnes Bader, die ein paar Zellen entfernt ebenfalls ihre stummen Gebete verzweifelt in die Dunkelheit schickten.
Eine fahle Herbstsonne kämpfte sich durch die Wolken und alle waren sie nun pünktlich an dem vereinbarten Treffpunkt beim Frauentor erschienen. »Der Ammann geht als Letzter in das Rathaus und gibt uns damit ein Zeichen, dass alle da sind und wir kommen können. Der Conrad soll vorgehen und uns dann Bescheid geben. Es muss niemand die halbe Verwandtschaft auf einem Haufen sehen. Wir warten besser hier!«, sagte der Geistliche.
Ein schriller Pfiff gellte kurz darauf zwischen den Häuserwänden.
»Packen wir’s!«, knurrte Sebastian grimmig. »Die werden schauen, wenn wir mit zehn Mann herein schneien!«
»Melde uns an!«, fuhr Heinrich einen der beiden Büttel vor dem Saaleingang an.
Dieser nickte eingeschüchtert und huschte durch die Tür.
»Da ist ein Haufen Männer draußen. Ich soll sie anmelden!«
»Wer sind sie denn?«, fragte der Inquisitor misstrauisch.
»Der Pfarrer Sunthain ist dabei, auch der Ofenloch und der junge und alte Licht …«
»Wir bereiten gerade eine Verhandlung vor, sie sollen später kommen und sich rechtzeitig und ordnungsgemäß anmelden!«, rief Institoris befehlend.
Das konnte nur mit einer der drei Frauen zusammenhängen und mit welcher war ihm eigentlich auch klar. Er war nicht gewillt, sich wegen eines Weibsbildes seinen Prozess kaputtmachen zu lassen und protestierte heftig. Erst als der Ammann ihn nicht weiter beachtete und dem Büttel befahl, die Männer hereinzulassen, setzte er sich wieder und warf dem Gäldrich und dem Notar verschwörerische Blicke zu.
»Wo ist meine Frau?«, wollte Hans Frauendienst von Klaus Sunthain wissen.
»Sie wird gerade vom Turm herübergebracht. Wir haben ihren Fall vorgezogen«, antwortete der Ammann. »Was wollt ihr denn alle eigentlich hier?«
»Wir beantragen eine Bürgschaft für Elisabeth Frauendienst und sind auch bereit, diese zu übernehmen!«
Der Richter tat überrascht.
Der Pfarrer war aus der Gruppe heraus getreten und stand nun im Halbrund zwischen den Tischen.
So ein Mist!, dachte Institoris wütend und überlegte fieberhaft, wie er weiter vorgehen sollte. Den Pfarrer direkt angreifen? Nein, der war hier vom Ort, jeder kannte ihn und er war als Seelsorger beliebt. Damit würde er nur Sympathien bei den Schöffen einbüßen und auch der Bürgermeister, der ja auch gleichzeitig Kirchenpfleger war, müsste sich zwischen zwei Stühle setzen. Auf die sanfte Art? Er kannte die Beisitzer noch zu wenig, um jeden einzelnen einschätzen zu können.
Langsam erhob er sich und sah alle der Reihe nach scharf an. »Hier handelt es sich nicht um einen Eierdiebstahl oder eine andere Bagatelle. Es liegen mehrere Denunziationen vor, die auf Wetterzauber und sogar Teufelsbuhlschaft hindeuten.
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