Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
»Bei einem solchen Amulett handelt es sich oft um das Glied eines ungetauften Knaben, den sie so der ewigen Seligkeit berauben wollen!«, versuchte er sie dann nochmals umzustimmen.
Nach dem Mittagessen, das er zusammen mit dem Notar in einer Wirtschaft einnahm, begaben sie sich hinüber zum Grünen Turm, wo die Gerichtsherren schon auf sie warteten. Der Scharfrichter mit seinen zwei Gehilfen war damit beschäftigt, die Gerätschaften zu überprüfen und zu ordnen.
Als Agnes Bader hereingeführt wurde, trat der Ammann vor und sagte, sie würden die Delinquentin nicht ausziehen und rasieren, sondern sie wollten es erst auf andere Weise versuchen.
Ärgerlich protestierte er zuerst dagegen, gab aber schlussendlich nach.
Die erneute Befragung brachte kein anderes Ergebnis als gestern und heute Vormittag, auch die fromme und eindringliche Zusprache des Bürgermeisters Gäldrich konnte sie nicht erweichen, worauf der Richter befahl, sie auszupeitschen. Mit zusammengebissenen Zähnen wurde sie an den Handgelenken aufgehängt, aber kein Laut kam über ihre Lippen und auch in ihren Augen zeigte sich keine Träne. Das Verhör hatte der Notar übernommen und während ihre Finger noch in den Daumenschrauben steckten, fiel ihr Blick auf den Henkergehilfen, der bereits die Spanischen Stiefel vorbereitet hatte. Mit einem Mal und selbst für Gremper unerwartet, brach sie zusammen und gestand, nachdem sie aus den Zwingen befreit worden war. Noch einfacher war es mit der Anna Mindelheim gewesen. Der Scharfrichter hatte vorgeschlagen, das dürre Weiblein mit dem Elevator hoch zu ziehen und kaum war sie eine Handbreit über dem Boden geschwebt, hatte sie zu quieken begonnen und mit spitzer Stimme geschrien, sie würde alles zugeben.
Bruder Heinrich trank seinen letzten Schluck Wein aus und begab sich dann zur Ruhe.
Als er am nächsten Morgen aufstand, war er noch etwas benommen, aber trotzdem guter Dinge. Gestern Nacht hatte er noch die einzelnen Anklagepunkte niedergeschrieben, wobei ihm seine Akte über Els Frauendienst in die Hände gekommen war, die er dann in Fetzen gerissen und wütend zerknüllt hatte.
»Du musst jetzt zusehen, dass es schnell zu einem Urteil kommt, bevor wieder irgendjemand mit einer Finte kommt. Auch kommt hinzu, dass die beiden Weiber fast mittellos sind und die Kosten des Verfahrens weitgehend an der Stadt hängen bleiben werden, und das sorgt für Unmut«, redete er halblaut mit sich selbst, während er die Stufen zum Saal hinaufschritt.
Bevor er diesen betrat, blieb er noch einen Augenblick stehen, feuchtete mit Speichel seine Finger an und strich seine schwarzen Augenbrauen nach oben, da er wusste, dass er so einen noch finstereren Eindruck machte.
Mit geschwellter Brust trat er ein. »Gelobet sei der Herr!«
»In Ewigkeit, Amen!«, kam es zurück.
Er trat zum Tisch und breitete sorgfältig umständlich seine Papiere aus, sah in die Runde und hüstelte dann leicht. »Wir haben jetzt von beiden Frauen ein Geständnis unter Folter, jetzt brauchen wir aber noch freiwillige Aussagen. Daher ist es wichtig, Euch über die weitere und übliche Vorgehensweise in einem solchen außergewöhnlichen Falle zu instruieren. Ich habe beide Frauen gestern noch im Gefängnis aufgesucht und versprochen, dass Gnade möglich ist. Wohlgemerkt, ich habe nicht gesagt, welche Gnade und dass sie auch vom Gericht gewährt wird. Manch einer wird sagen: Darf man das, ist das recht? Halten wir fest: Die beiden haben abscheuliche und heimtückische Verbrechen gestanden, die wir nun in den Einzelheiten aufklären müssen. Dazu stellt sich die Frage: Ist das Gericht gezwungen, sich an seine Zusagen zu halten? Es gibt hier verschiedene Ansichten. Eine sagt, wenn die Beschuldigte übel beleumundet ist und die Indizien gegen sie sprechen, kann man ihr das restliche Leben im Kerker bei Wasser und Brot versprechen, wenn sie bereit ist, ihre Komplizen und Lehrmeisterinnen zu benennen. Das, obwohl das Verbrechen todeswürdig ist. Andere sagen, man brauche nicht ausdrücklich lebenslänglich zusichern, so könne man sie zuerst einsperren und dann zu einem späteren Zeitpunkt einäschern. Die Erfahrung hat gezeigt, dass viele die Wahrheit gestehen, wenn sie nicht aus Angst vor dem Tod davon abgehalten werden. Es ist also nicht verwerflich, ihnen das Leben zuzusichern, wenn es Erfolg versprechend ist!«
Die Baderin wurde hereingeführt und war kaum wieder zu erkennen. Jeder Stolz war aus ihr gewichen. Unterwürfig suchte sie den Blick
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