Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
erklärt, aber das schien auf sie keinen Eindruck gemacht zu haben. Er hatte die Anklage vorerst lediglich auf Schadenszauber beschränkt, aber das wuchtige Weib hatte nur da gestanden und ihre Haltung hatte Ähnlichkeit mit der eines angriffslustigen Büffels gehabt. Die Bademagd schien sich überhaupt nicht zu fürchten und wenn sie eine Frage nicht beantworten wollte, war trotz allen Zuredens nichts aus ihr herauszubekommen. Institoris erklärte, der Dämon würde sie nicht nur am Reden hindern, sondern ihr auch noch Stolz und Hochmut eingeben. Er hatte dann vorgeschlagen, sie am Nachmittag der peinlichen Befragung auszusetzen und anscheinend besorgt hinzugefügt, die Folter nicht strenger anzuwenden, als unbedingt notwendig sei. In Wahrheit aber hatte er gedacht, der Scharfrichter würde schon wissen, was er zu tun habe. Auch die anschließend verhörte Mindelheimerin blieb verstockt. Zwar jammerte sie und rief alle Heiligen als Zeugen an und war in keinem Punkt bereit, auch nur das Kleinste einzugestehen. Alles Schreien, Brüllen und Zureden war umsonst. Er empfahl daher, auch die Mindelheimerin peinlich befragen zu lassen.
»Bedenkt aber dabei: Es gibt nicht für alle Krankheiten dieselbe Medizin, sondern für unterschiedliche und einzigartige ebenso unterschiedliche und einzigartige Mittel. Es genügt also nicht, sie alle nach der gleichen Vorgehensweise zu befragen, sondern gemäß der Sekten und der Person vorzugehen. Ein kluger Richter ist wie ein guter Arzt«, wandte er sich an den Ammann und den Bürgermeister und fuhr dann fort: »Ein schweres Hindernis kann der Schutz der Hexen durch den Schweigezauber sein. Nach glaubwürdiger Überlieferung und aus meiner eigenen Erfahrung ist das sicherste Zeichen dafür, wenn sie auch unter Beschwörungen keine Träne vergießen kann. Sie kann nur weinerliche Laute von sich geben und versuchen, Wangen und Augen mit Speichel zu benetzen. Die Anwesenden müssen also genau aufpassen. Um herauszufinden, ob es wahre Tränen sind oder ob sie falsche Tränen weint, kann ihr von einem Priester oder dem Richter die Hand aufgelegt werden, wozu ein Spruch aufgesagt wird. Der Notar kennt ihn auch.«
Gremper nickte.
»Aber die Erfahrung hat uns gelehrt, je mehr und heftiger sie besprochen werden, desto weniger können sie oftmals weinen, so sehr sie sich auch bemühen. Trotzdem ist es aber möglich, dass sie außerhalb des Ortes und der Zeit der Tortur zu weinen imstande sind. Wieso das so ist, hat schon Bernhard von Clairvaux beantwortet, indem er sagt, eine demütige Träne würde zum Himmel steigen, was aber dem Teufel wiederum sicherlich missfiele!«
Institoris hielt einen Augenblick inne und wandte sich dann wieder an die Geschworenen. »Ich sage das, da außer dem Notar hier niemand anwesend ist, der sich mit solchen Dingen auskennt. Eine wichtige Vorsichtsmaßnahme ist auch, darauf zu achten, die Hexe nicht körperlich zu berühren, besonders nicht an den nackten Hautstellen wie Händen oder Armen!«
»Aber Ihr habt doch selbst gesagt, eine Hexe habe in den Händen der Obrigkeit keine Macht mehr!«, wandte einer der Schöffen ängstlich ein.
Bruder Heinrich sah ihn herablassend an. »Das stimmt auch. Das ist eine reine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme. Bewährt haben sich geweihtes Salz und geweihte Kräuter, die in geweihtem Wachs um den Hals getragen werden. Es geht auch darum, das Herz zu beschützen. Wir kennen Fälle, in denen die Hexen baten, bei der Ankunft der Gerichtsherren den ersten Blick auf den Richter werfen zu dürfen. Infolgedessen wurden die Richter, aber auch Gerichtsherren in ihren Herzen so entfremdet, dass sie allen Unwillen gegen sie verloren und sie gar nicht mehr erst einer peinlichen Befragung aussetzten, sondern sie frei ziehen ließen!«
Er machte wieder eine Pause und genoss den Eindruck seiner Worte. »Als weitere Vorsichtsmaßregel ist das Ausziehen der Kleider zu benennen und dass die Haare von jedem Körperteil entfernt werden. Ich wiederhole nochmals: von jedem Körperteil! Warum? Die Antwort ist einfach: Hexen haben oftmals für den Schweigezauber irgendwelche Amulette bei sich, die sie in den Kleidern, in den Haaren und bisweilen an nicht zu benennenden geheimen Orten ihres Körpers verstecken!«
Einige der Schöffen blickten erschrocken und tuschelten miteinander.
»Das kann auch im Notfall von sittsamen Frauen mit einem guten Ruf gemacht werden«, meinte Institoris dann beschwichtigend, als er die ablehnenden Gesichter sah.
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