Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
suchen noch eine Unterkunft!«, sagte Niklas vorsorglich, als Bruder Heinrich einen Krug Wein bestellte.
»Wo wollt ihr denn hin?«
»Nach Bozen. Bruder Martin war einige Zeit im Basler Konvent und will dann für einige Zeit nach Venedig.«
»Ich komme gerade aus Bozen. Ich habe einige Zeit dort verbracht, sie haben eine gute Bibliothek. Aber auch das nützt nichts, wenn die Mönche dumm sind«, antwortete Institoris hochmütig und kramte in seiner Tasche.
»Da, lest selbst!«, sagte er und hielt Niklas eine Pergamentrolle hin, »Summis desiderantes affectibus, vom Papst höchstpersönlich unterzeichnet!«
Niklas drehte das Schriftstück gegen die Fackel an der Wand und begann zu lesen. Bei »Jacobus Sprenger« stutzte er, sagte aber nichts.
Wortlos reichte er es an Bruder Martin weiter, der an derselben Stelle für einen Moment innehielt und es dann schweigend an Institoris zurückgab.
»Und? Was sagt Ihr?«, fragte dieser mit stolz geschwellter Brust und sah die beiden mit funkelnden Augen an.
»Diese Urkunde ist schärfer als ein Schwert …«, antwortete Niklas zweideutig.
»Schon im Alten Testament steht es: Zauberinnen sollt ihr nicht leben lassen! Aber was sind schon die alttestamentarischen Zauberer gegen die Hexen, die sich mit Satan verbünden und sogar fleischlich vereinigen?«
In der Gaststube war es inzwischen still geworden und alle lauschten dem Dominikaner, dessen Stimme immer lauter geworden war und dessen »R« zunehmend drohender rollte.
»Das ist alles Blödsinn. Es gibt keine Hexen!«, wagte ein Fuhrmann einzuwerfen.
»Woher willst du das wissen?«, fuhr ihn Institoris an.
»Unsere Priester sagen, das sei nichts als Aberglaube. Schon der Bischof Cusanus, der zwar nicht sonderlich beliebt war, hat dasselbe verkündet und der Bischof Golser predigt auch so!«
»Du bist ein ungebildeter Mann aus dem Volk und du willst mich belehren?«, sagte Bruder Heinrich mit gefährlichem Unterton.
»Ich bestimmt nicht. Aber von Cusanus sagt man, er sei einer der klügsten Köpfe dieses Jahrhunderts gewesen und auch der Golser ist bestimmt kein Dummkopf!«, gab der Mann unbeeindruckt zurück.
»Sei vorsichtig, was du da sagst!«, fauchte der Mönch böse.
»Komm, wir müssen gehen«, forderte Niklas Bruder Martin auf, während er den Stuhl zurück schob, »wir brauchen noch ein Dach über dem Kopf!« Er wandte sich an Institoris. »Wir haben noch gar nicht gefragt, wo Ihr hinwollt.«
»Zuerst nach Konstanz und von dort weiter nach Schlettstadt!«
»Also denn: Gelobt sei Jesus Christus!«
»In Ewigkeit, Amen«, brummte Bruder Heinrich, »und gute Reise!«
Draußen vor der Türe pfiff immer noch der Wind durch die Gassen und trieb die Schneeflocken vor sich her. Die beiden Mönche blieben noch einen Moment im Hauseingang stehen und sahen sich an und beide dachten dasselbe.
»Sprenger weiß nichts davon, da bin ich mir sicher. Ich war zwei Jahre im Kölner Konvent, dem er als Prior vorsteht und er vertritt eigentlich das genaue Gegenteil dessen, was in der Bulle steht!«, fing Bruder Martin entrüstet an.
»Ich kann es mir auch nicht vorstellen«, antwortete Niklas, »ich habe die beiden auf dem Provinzialkapitel in Colmar erlebt. Da standen sich zwei Männer gegenüber, die kaum gegensätzlicher hätten sein können. Es ging dabei um die strikte Observanz und die Mehrheit der Konvente stimmte mit Sprenger überein, nur eine Minderheit wehrte sich gegen die Reformen, wollte alles beim Alten belassen und ihr Anführer war Institoris. Hier der fromme, demütige Mönch Jakob und dort der aufbrausende und herrschsüchtige Bruder Heinrich. Sprenger hat ihm vorgeworfen, er würde sich zum Wanderinquisitor entwickeln und Menschen vernichten, anstatt seinen seelsorgerischen Pflichten nachzukommen. Er hat ihm sogar gedroht, er solle es ja nicht wagen, sich in seiner Provinz Teutonia blicken zu lassen. Nein, das geht nicht zusammen!«
»Wieso macht er denn so etwas?«, fragte Bruder Martin ratlos.
»Überlege einmal, was Institoris für einen Ruf hat. Überall, wo er hinkommt, ist in kürzester Zeit der Teufel los. Du hast es ja gerade selbst gesehen, selbst in einer Wirtschaft kann er nicht ruhig sitzen und wenn es irgendwo friedlich zugeht, sorgt er schon dafür, dass das nicht lange so bleibt. Für den Orden hat er eigentlich nicht viel erreicht und wenn ja, sorgt er schon dafür, dass in erster Linie für ihn selbst ein Vorteil herausspringt. Zwar hat er überall hin Beziehungen und versteht es,
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