Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
Gemahlin Katharina von Sachsen hat er letztes Jahr geheiratet, sie ist gerade mal erst siebzehn Jahre alt und er ist achtundfünfzig. Das wird wahrscheinlich auch nichts mehr.«
»Um den brauchst du dir in dieser Hinsicht keine Gedanken zu machen«, kam ein dreckiges Lachen von hinten, »dafür hat er mindestens fünfzig ledige Bälger!«
»Eher sechzig, wenn es reicht«, verbesserte ein anderer, »allein an die fünfzig hat er selbst anerkannt!«
Der Vorhang der Kutsche war zur Seite geschoben. Im Inneren saß ein Mann mit schulterlangen, gelockten Haaren, die schon ergraut waren. Er schien von eher kleiner Gestalt zu sein, sein Blick war kühl, aber trotzdem nicht unfreundlich. Ihm gegenüber kuschelte sich ein junges Mädchen in die Kissen, das einen gelangweilten Eindruck machte und die Umgebung gar nicht zu beachten schien.
Sechzig ledige Kinder …, dachte Institoris und wandte sich angewidert ab.
In Brixen machte er noch einen Abstecher zum Amtssitz des Bischofs, wo er aber erfuhr, dass dieser selbst nicht anwesend sei, und übergab dann ein wenig enttäuscht eine Abschrift der Bulle einem Kaplan, nicht ohne diesen darauf hinzuweisen, das Schriftstück sei von eminenter Wichtigkeit und er bestehe darauf, dass der Inhalt in der Diözese bekannt gemacht würde.
Zunehmend steiler werdend zog sich am kommenden Tag die Straße in die Höhe, die Schneewände links und rechts bildeten eine Gasse, die immer wieder von den nachrutschenden Massen freigeschaufelt werden musste. Gasthäuser und Fuhrmannsherbergen säumten den Weg, Schmiede, Wagner und Rädermacher hatten alle Hände voll zu tun, aus den Weinstuben drang das Geschrei und Gezänk der Vorsetzknechte, die für ihre Zusatzpferde auf eine neue Fuhre in die Gegenrichtung warteten und derweil ihren Lohn versoffen. Aus den Seitentälern schleppten dürre, verschundene Bauern auf kleinen Schlitten mageres Heu von den sauren Wiesen herbei, das unten in den Tälern höchstens als Einstreue Verwendung gefunden hätte, hier aber gutes Geld brachte. Von Norden her schob sich eine dunkle Wolkenwand heran, die aber nicht über den Bergkamm näher kam, während über ihnen auf der Südseite eine stechende Sonne herab brannte. Immer wieder blickten die Fuhrleute besorgt nach oben und auch Bruder Heinrich sah immer wieder nach den Düsteres verheißenden und vorwärts drängenden Gebilden, die wie von einer mächtigen unsichtbaren Hand zurückgehalten wurden.
Kurz vor der Passhöhe fing es zuerst leise an zu graupeln, dann aber kam ein immer stärkerer Wind auf, der zu einem Sturm anwuchs, während er sich dem Ort Gries näherte. Mit einem Mal war es auch empfindlich kalt geworden, der anfänglich noch feuchte Schnee wurde nun unangenehm hart und bohrte sich wie mit Nadeln in die Haut. Institoris hielt mit beiden Händen die Kapuze über dem Kopf fest, während er sich dem Dorf zu stemmte, und fragte in der erstbesten Wirtschaft nach einem Quartier.
»Nein, wir sind schon voll«, hieß es auch in der nächsten Herberge und erst in der Ortsmitte bekam er einen Platz.
Er saß noch nicht lange in der überfüllten Gaststube zwischen Kaufleuten, Knechten, Reisenden und Pilgern, als sich die Türe öffnete und zwei schneeverkrustete Dominikaner eintraten.
Niklas wäre am liebsten auf der Stelle nach draußen verschwunden – aber da war es schon zu spät.
»Bruder Niklas! Welche Freude, Euch zu sehen!«, dröhnte es durch den Lärm.
Niklas stieß seinen Gefährten in die Seite und zischte diesem mit scheinbar unbewegtem Mund zu: »Sei still und lass mich reden!«
»Kommt her und setzt euch!«, rief Bruder Heinrich, während er die Leute an seinem Tisch aufforderte, etwas enger zusammen zu rücken.
»Wenn wir Pfaffen brauchen, gehen wir in die Kirche!«, maulte einer unwillig, wobei ihn aber Institoris so scharf ansah, dass dieser sogleich schweigend den Kopf zwischen die Schultern einzog.
»Das ist Bruder Martin aus dem Mainzer Konvent«, stellte Niklas seinen Begleiter vor, »und das ist Bruder Heinrich Institoris, Doktor der Theologie und Inquisitor für die Provinz Süddeutschland.«
»Und seit neuestem päpstlicher Beauftragter für das Hexenwesen!«, konnte dieser nicht an sich halten.
»Ich habe davon gehört«, antwortete Niklas nicht besonders freundlich.
»Soso, es spricht sich also herum«, lächelte Institoris selbstzufrieden. »Ja, wir werden jetzt mit diesem durch und durch verdorbenem Gesindel aufräumen!«
»Wir können nicht lange bleiben, wir
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