Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexenhatz im Monsterland

Hexenhatz im Monsterland

Titel: Hexenhatz im Monsterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
Vom Netzwerk:
unisono. Sogar der Drache taumelte unfreiwillig ein paar Schritte rückwärts.
    »Der Riese?« wiederholte der Bursche lahm. »Da muß ich mich wohl fürchten?«
    »Der Riese kann dich finden, wo immer du dich auch versteckt hast«, winselte das Schwert.
    »Der Riese kennt keine Gnade«, flüsterte Alea entsetzensbleich.
    »Verdammnis!« beschloß der Krieger der Warnung das mutmachende Gespräch.
    »Ich muß mich mich also fürchten«, stellte Wuntvor fest. »Was soll ich sonst noch tun?«
    »Versteck dich!« gellte das Schwert. »Alles verloren! Keine Hoffnung!«
    »Ich hoffe, deine Waffe irrt sich«, hielt Alea tapfer dagegen. »Solange es das Theater gibt, besteht noch Hoffnung. Doch wie können wir deine neu erworbenen Fähigkeiten am wirkungsvollsten zum Einsatz bringen?«
    Über ihnen rumorte der Drache. Als Wuntvor und die Maid zu ihm hochblickten, sahen sie, wie das riesige Reptil beide Vorderpranken langsam und rhythmisch bewegte. Wenn seine Pranken am weitesten auseinander standen, bewegte Hubert den Kopf gemächlich vor und zurück, als studiere er etwas.
    »Aber natürlich!« applaudierte Alea ihrem Partner. »Was für ein Genie! Es ist mir eine große Ehre, mit dir zusammenzuarbeiten, Hubert.«
    »In der Tat«, warf Wuntvor ein, als Alea zu keinen weiteren Erklärungen mehr ansetzte. »Ich bin sicher, daß wir gerade Zeugen einer genialen Vorführung sein durften. Wäre es zu vermessen, dich um einen kleinen interpretatorischen Hinweis zu bitten?«
    »Aber kannst du das denn nicht sehen?« fragte Alea fröhlich. »Es ist ein Drachen-Pantomime, der eine Zeitung liest.«
    Eine Zeitung? Wuntvor legte seine Denkerstirn in Falten. Dieser Begriff kam ihm irgendwie bekannt vor. Bestand da etwa eine Verbindung mit einem Hähnchen, das die Straße überquerte?
    »In der Tat«, bemerkte er schließlich. »Was ist eine ›Zeitung‹?«
    Die Maid zog ein Stück Pergament aus ihrem Mieder. Als sie das Blatt auseinanderfaltete, konnte Wuntvor sehen, daß es über und über mit dicht gedrängter Schrift bedeckt war.
    »Das ist eine Zeitung!« erklärte die Kluge. »Eine Wirtschaftszeitung, um genauer zu sein.«
    Wuntvor fand ihre Zusatzbemerkung nicht aufschlußreicher als die vorangegangenen Erläuterungen. Trotzdem war er insgeheim davon überzeugt, daß ihm alles nach gebührender Frist erklärt werden würde, sofern er ruhig und höflich blieb.
    »Ich sage dir eins: Wenn du dich in diesem Geschäft betätigst, mußt du über die neuesten Handelsentwicklungen auf dem laufenden sein.« Die Maid überflog die Seite in Windeseile. »Wir müssen dir eben eine neue Identität verpassen. Der Riese wird dich nicht finden können, wenn es dich gar nicht mehr gibt!«
    »In der Tat?« Wie genau sah ihr Plan aus? Wuntvor war immer noch nicht ganz überzeugt.
    »Aha!« rief die Jungfrau triumphierend aus. »Da gibt es eine Stadt namens Bremen, und die sucht ein paar Musikanten. Siehst du? Es gibt überall lukrative Jobs für dynamische junge Männer!« Sie wedelte kurz mit der Zeitung in Wuntvors Richtung. »Und weiter geht’s! Hier ist noch ein Angebot. Aus Hameln. ›Flötist gesucht‹. Du brauchst nichts weiter zu tun, als ein paar Töne auf so einer Flöte zu trällern…«
    Als sie weiterlas, legte sich ihre Stirn jedoch zusehends in Falten. »Na ja, vielleicht bist du doch besser in Bremen aufgehoben. Als musikalischer Kopf einer Bande von Ratten herumzulaufen, dürfte nicht jedermanns Geschmack sein. Es lohnt sich, bei den Anzeigen auch das Kleingedruckte mitzulesen.«
    »Verdammnis«, grollte der Krieger. »Du hast keine Zeit mehr zum Lesen. Der Riese ist im Anmarsch.«
    Die Maid ignorierte das hysterische Gekreische des Schwertes und unterzog Wuntvor einer kritischen Prüfung. »Vielleicht haben wir nicht die Zeit, dir eine komplette neue Identität zu verpassen, aber das Theater wird dich nichtsdestotrotz retten. Zeit für eine schnelle Verkleidung!«
    »In der Tat?« fragte unser Bursche. Was beschwerte er sich – um Abenteuer hatte er gebeten, und Abenteuer bekam er nun. Er stopfte seine Waffe zurück in ihre Scheide, so daß nur noch ab und zu ein ersticktes Winseln herausdrang. Vielleicht war es wirklich nicht so dumm, sich einer Verkleidung zu bedienen, mit deren Hilfe er ungehindert durch die Wälder würde fliehen können – ein tapferer Krieger auf unbekannter Mission etwa, die ihm keine Verschnaufpause erlaubte, oder ein einfacher Waldläufer, der nach des Tages Mühen seinem trauten Heim zustrebte.

Weitere Kostenlose Bücher