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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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Schultern. »Einfach nur eine Verzierung.«
    Karim richtet sich auf und wischt sich etwas Schmutz von den Fingern.
    Die Katze springt von dem Stein herunter.
    »Jetzt hast du sie erschreckt!«, sagt Lenne ärgerlich.
    Die Katze läuft vor ihnen her. Dann bleibt sie stehen und schaut sie mit einem durchdringenden Blick aus ihren grünen Augen an.
    Lenne geht noch einmal auf die Katze zu, aber diesmal wartet sie nicht darauf, gestreichelt zu werden, sondern läuft erneut ein Stückchen weiter. Nach einigen Metern bleibt die Katze zum zweiten Mal stehen, und die Darbietung wiederholt sich: umschauen, warten.
    »Sie will, dass wir ihr folgen!«, sagt Lenne.
    »Also das lassen wir mal schön bleiben!«, protestiert Karim. »Lenne, ich geh jetzt wirklich nicht weiter. Ich geh zurück!«
    »Ich nicht«, sagt Lenne entschieden.
    »Erinnerst du dich noch an die Krähe?«, ruft ihr Karim nach, und seine Stimme überschlägt sich fast. »Die Krähe, die eigentlich ein kleiner Hund war! Vielleicht ist die Katze …«
    »Was?« Lenne guckt ihn über die Schulter herablassend an. »Ein Tiger?«
    »Eine Hexe«, flüstert Karim. Und dann trabt er wieder hinter Lenne her. Er fasst sie am Arm und zwingt sie, stehen zu bleiben. »Haben sie nicht früher von Hexen gesagt, dass sie sich in Katzen verwandeln können?« Kaum hat er das ausgesprochen, als ihn eine völlig unerwartete beruhigende Erkenntnis überkommt. Er blickt noch einmal tief in die grünen Augen. Die Katze schließt langsam beide Augen und macht sie wieder auf. »Erin?«, flüstert Karim verwundert. Das Medaillon auf seiner Brust erwärmt sich leicht.
    Die Katze dreht sich um und läuft nun zielstrebig vor ihnen her.
    Karim und Lenne sehen sich an.
    »In Ordnung.« Karim nickt. Er nimmt Lennes Hand fest in seine, und gemeinsam folgen sie der roten Katze, die nun einen Nebenweg einschlägt und entschieden schneller läuft.
    »Das Tier bringt uns irgendwo hin«, sagt Lenne wie zu sich selbst.
    »Sie«, verbessert Karim. »Sie bringt uns irgendwo hin.«
    Nach ein paar Schlenkern und Windungen endet der Pfad plötzlich bei einem steinernen Schuppen. Die Wände des alten, etwas schiefen und abgesackten Gemäuers sind von einem Weinstock überwuchert, der im feurigsten Rot und Orange leuchtet. Die Katze springt auf eine Fensterbank und scheint sofort mit den Farben des Weinstocks zu verschmelzen.
    »Was ist das für ein Schuppen?«, flüstert Karim Lenne ins Ohr. Fragend schaut er die Katze an, doch die rote Mieze scheint sich ganz darauf zu konzentrieren, ihre linke Hinterpfote zu lecken.
    Dann hören sie Geräusche aus dem Schuppen. Die Tür steht offen, und Lenne geht zögernd ein paar Schritte näher heran, um hineinspähen zu können.
    Auf dem Boden des kleinen Gebäudes liegt Stroh, und es scheint nicht zum Wohnen gedacht zu sein. Lenne sieht einen Tisch, der voller Tontöpfe steht. Und auf dem Boden neben dem Tisch steht ein Eimer mit roten Äpfeln.
    Plötzlich erscheint ein Mädchen auf der Bildfläche, ein Mädchen mit ungepflegten braunen Haaren, die ihr bis über die Schultern hängen. Sie bückt sich, hebt einen Apfel vom Boden auf und legt ihn wieder in den Eimer. Erstaunt betrachtet Lenne das graubraune Gewand, das das Mädchen trägt. Es erinnert Lenne an Mönchskutten, die sie von Bildern kennt. Über den Rücken des Gewands hängt eine spitze Haube wie die Kapuze an einer Regenjacke. Das Gewand selbst ist grob und einfach, doch um die Hüfte trägt das Mädchen einen feinen Gürtel, der mit Goldfäden bestickt zu sein scheint, die im warmen gelblichen Licht einer Lampe aufleuchten.
    »Gleich kommt sie noch und bietet uns einen Apfel an«, haucht Karim Lenne ins Ohr.
    »Warum glaubst du das?«
    »Früher nie Schneewittchen gelesen?«
    »Pffft«, stößt Lenne aus.
    Das Mädchen hat sie gehört, blickt auf und sieht ihnen direkt ins Gesicht.
    Und dann tritt Lenne erschrocken einen Schritt zurück. »Rinnie?« Sie schlägt sich eine Hand vor den Mund. Sie hatten recht, Rinnie ist hier! »Rinnie!«
    Das Mädchen kommt näher, widerwillig, wie es scheint. Sie guckt Lenne hochmütig an. »Suchst du jemanden?«
    »Rinnie!«, sagt Lenne zum dritten Mal. »Du bist es wirklich!«
    »Ich weiß nicht, wen du meinst. Ich heiße Rune.«
    »Aber Rinnie … ich bin es, Lenne, aus deiner Klasse.« Lenne tritt einen Schritt vor, sodass sie im Licht steht.
    Der überhebliche Ausdruck auf dem Gesicht des Mädchens ändert sich allerdings nicht. »Ich heiße Rune, hab ich doch

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