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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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ihn an. »Wir gehen doch heute wohl auf die Heide?« Ihre Augen glitzern.
    Karim blickt säuerlich zu seinem Vater, der eifrig nickt. Er hat den ganzen Weg bereits festgelegt, der an allen interessanten Dingen vorbeiführt, die er seinem Sohn genannt hat. Es war eine so bemerkenswert einmalige Gelegenheit, dass Karim um einen Spaziergang gebeten hat, dass es eigentlich in die Zeitung gehört!
    Die Erwähnung des Schafstalls und des Wildhüterhäuschens lässt Lenne offensichtlich kalt, doch als Karims Vater über das Haus im Tannenwäldchen spricht, setzt sie sich kerzengerade hin. »Also wenn da überhaupt ein Haus ist«, sagt er, »denn ich habe nur das Tor gesehen. Aber wir sollten zumindest mal hingehen. Ihr nehmt doch sicher einen Fotoapparat mit?«
    »Hä?«, gibt Karim von sich.
    »Um von den Gebäuden Fotos zu machen – für eure Hausarbeit.« Karims Vater nickt ihnen munter zu.
    Lenne und Karim wechseln einen heimlichen Blick.
    »Ups, ja«, murmelt Karim. »Das hätte ich beinahe vergessen.«
     
    Karim hat von dem Schafstall und dem Wildhüterhäuschen brav Fotos gemacht und mit einem geheuchelten Lächeln endlose Belehrungen seines Vaters über Schafe, Schäfer und die Pflege der Heide über sich ergehen lassen. »Und jetzt gehen wir zu dem anderen Haus, ja?«, hat er schon ein paarmal vorgeschlagen.
    Beim dritten Mal sagt sein Vater endlich: »Ja, machen wir das, es sieht schon ganz schön grau aus«, er deutet zum Himmel, »und es ist noch ein Stück zu laufen.«
    Der Weg führt an einem Moortümpel vorbei, der nach stehendem Gewässer riecht, vorbei an lichten weißgrauen Birkenwäldchen und dann endlich auf den dunklen Tannenbestand zu.
    »Also hier muss es irgendwo sein«, sagt Karims Vater. »Ich bin hier nur ein einziges Mal vorbeigekommen, da müssen wir ein bisschen suchen.«
    »Wie dunkel es hier ist«, brummt Karim, »fast, als wäre es schon Abend.«
    Karims Vater schaut auf seine Uhr. »Es ist erst kurz nach vier. Na ja, mit den dichten Bäumen und dem bewölkten Himmel … Hm, es wird wohl ein bisschen schwierig sein, hier gute Fotos zu machen.«
    Das macht Karim kein Kopfzerbrechen, doch er setzt ein entsprechend bedenkliches Gesicht auf.
    »Ich glaube, dass es an diesem schmalen Weg war. Ich erinnere mich deshalb, weil ich mir den Fuß leicht verstaucht habe. Ja, sieh mal …« Er beugt sich vor und legt einen Arm um Karims Schultern. »Siehst du das …?«
    »Komm, Karim!«, schreit Lenne sofort und rennt los. Karim kann nicht mehr machen, als schnell hinter ihr herzutraben.
    »He, Leute«, ruft Karims Vater. »Na ja, ist gut, ich komme nach.«
    Lenne steht vor einem schwarzen Tor. Es ist ein einfaches Tor, das in nichts an das Tor von Frau van Have-Evincks Anwesen erinnert, das voller zierlicher Schnörkel ist, auch wenn die Farbe altersbedingt abblättert. Das Tor hier hat senkrechte, weit auseinanderstehende Gitterstäbe, mehr ein Schmuck, als um jemanden abzuwehren. Ein Kind würde problemlos zwischen ihnen hindurchpassen. Die einzige Verzierung besteht aus drei symmetrischen, aus Eisen geschmiedeten Formen, eine Art Stern mit fünf Zacken. Das Tor ist an zwei pechschwarzen Säulen befestigt, die nach rechts und links in eine ebenso düstere, granitfarbene Mauer übergehen. Alles in allem sieht es hier nicht besonders freundlich aus. Das ist kein Tor, das »Willkommen« oder »Komm rein« ausstrahlt. Es ist schon seltsam genug, dass rechts von dem Tor eine glänzende Glocke aus Kupfer an der Mauer hängt. Karim macht Lenne darauf aufmerksam. »Als ob man hier ankündigen sollte, dass man kommt«, flüstert er.
    Lenne späht mit großen Augen zwischen den Stäben hindurch.
    »Ist dahinten was zu sehen?«, fragt Karim.
    Lenne schüttelt den Kopf. »Bäume. Nur noch mehr Tannen.«
    »Die haben sich gut versteckt«, murmelt Karim.
    »Sollen wir da zwischendurch?«
    Karim findet Lennes Vorschlag grauenvoll und macht ein entgeistertes Gesicht. »Du bist ja wohl nicht ganz bei Trost!«
    »Aber es geht«, meint Lenne. »Wir passen zwischen den Stäben durch.«
    »Ich geh da nicht rein!«, zischt Karim. »Ich bin doch nicht verrückt! Da wohnen die Hexen, wetten? Da ist bestimmt irgendwo ein Hexenhaus.« Es schaudert ihn, und er blickt sich um, um zu sehen, ob sein Vater sich etwas beeilt, aber der hat irgendetwas vom Waldboden aufgehoben, und nun steht er da und betrachtet es.
    Lenne macht einen Schritt vorwärts.
    »Nein, Lenne!«, sagt Karim warnend.
    Lenne streckt die Hände aus und greift

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