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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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leicht zu regnen, und Karim und Lenne gehen schweigend dicht nebeneinander unter einem Regenschirm, während Karims Vater den Regentropfen trotzt und sie ständig ermahnt, etwas zügiger zu gehen.
    Erst in der Sicherheit von Karims Zimmer bricht es aus den Kindern heraus. »Sie war verändert«, sagt Lenne. »Sie war unheimlich verändert.« Sie sprechen über Rinnie. »Ich war nie besonders mit ihr befreundet, aber wir sind immer ganz gut miteinander ausgekommen. Hast du mitgekriegt, wie sie mich angeguckt hat, als ich ihr meine Glaskugel gezeigt habe? Sie hat ja beinahe Feuer gespuckt.«
    »Mit ihren Augen.« Karim nickt. »Unheimlich.« Er denkt kurz nach. »Sie ist bestimmt von der unheimlichen Kahlköpfigen bearbeitet worden.«
    »V ita«, flüstert Lenne, die sich immer noch nicht traut, den Namen laut auszusprechen. »Was will sie wohl von Rinnie? Will sie nur eine Hexe aus ihr machen, oder hat sie … noch etwas anderes mit ihr vor?«
    »Rinnie scheint das Erste zu denken. Sie hat sich auch nicht so benommen, als ob sie so furchtbar gern gerettet werden wollte. Und sie hat immerhin einen Hexennamen bekommen.«
    »Aber vielleicht hat Alba ihr den gegeben. Oder Vita tut gegenüber den anderen nur so. Ich trau der Sache nicht, Karim. Du etwa?«
    Karim schüttelt mutlos den Kopf. »Mich graust es bei der Kahlköpfigen. Du hast ihr Gesicht gesehen – im Wasser. Du hast ganz schreckliche Angst vor ihr bekommen.«
    »So, wie die geguckt hat … so gemein, so falsch. Sie hat mich bestimmt als so ein Opfer angesehen, von denen Herr Paul gesprochen hat.«
    »Wir müssen Rinnie befreien«, sagt Karim zögernd. »Ja?«
    »Wie denn?«
    »Müssen wir das ihren Eltern nicht erzählen?«
    »Ja, eigentlich schon. Aber …«, Lenne verzieht schmerzlich das Gesicht, »noch nicht. Lass uns damit noch mal kurz warten. Ich meine, wie macht man so was? Ihre Tochter wird von einer Hexe gefangen gehalten ? Dann glauben sie es natürlich nicht. Und wenn sie dann wissen, wo sie ist, gehen sie mit Polizeiwagen und heulenden Sirenen drauflos. Einfach weil sie meinen, dass es so ein Bösewicht ist, der sie da festhält. Sie werden uns nicht glauben, dass es sich um echte Hexen handelt. Und wer weiß schon, was Vita mit Rinnie anstellt, wenn sie die alle kommen sieht!«
    »Ich fürchte, das Schlimmste«, sagt Karim düster.
    »Du musst Erin fragen«, meint Lenne. »Die wird uns doch wohl helfen können?«
    »Jetzt?«, fragt Karim und tastet unter dem Pullover nach dem Medaillon.
    In diesem Augenblick ruft jemand unten an der Treppe.
    »Lenne, du sollst kommen«, sagt Karim. »Ich glaub, das sind deine Eltern.«
    Lenne steht von der Luftmatratze auf. »Mist«, murmelt sie. »Was sollen wir machen?«
    »Muss ich warten, bis du zurück bist?«
    »Ja, natürlich, bevor du irgendwas unternimmst. Stell dir vor, wie gefährlich das wird! Aber Erin kannst du doch sicher schon um Rat fragen?«
    Karim nickt. »Das mache ich. Ich weiß nur noch nicht wann. Vielleicht heute Abend, vielleicht morgen.«
    »Na gut.« Lenne seufzt. »Bis dann in ein paar Tagen.«

19
     
     

     
     
     
     
     
    Karim liegt auf dem Sofa im Wohnzimmer. Er hat ein Comicheft auf dem Bauch, aber er kann sich nicht richtig konzentrieren. Er schaut zu seiner Mutter in dem bequemen Ohrensessel, in dem man sich so richtig verkriechen kann. Mit angezogenen Beinen sitzt sie da und hat ein dickes Buch in den Händen. Im Zimmer ist es ein bisschen dunkel, und sie hat eine Stehlampe, die neben dem Sessel steht, angeknipst. Draußen ist es grau und windig, aber trocken. Karim sieht die Äste der Bäume im Garten mit ihren blassgelben und orangeroten Blättern schwanken.
    Solche Tage fand er immer schon behaglich. Er erinnert sich daran, wie er die Herbstferien in früheren Jahren geliebt hat, es war wunderbar, nicht durch den Regen zur Schule laufen zu müssen, sondern sich im Haus mit etwas Warmem zu trinken und Spekulatius vergraben zu können.
    Aber jetzt ist Lenne nicht da, und sie können nichts Schönes zusammen machen. Außerdem laufen draußen Hexen herum.
    Seine Mutter blättert eine Seite um und trinkt einen Schluck von der warmen Schokolade, die sie gemacht hat. Das Licht der Stehlampe fällt auf ihre hellblonden Haare. Sie verkriecht sich etwas tiefer in ihren Sessel. Das ist ein so vertrautes Bild, so alltäglich. Die Ereignisse der vergangenen Tage werden dadurch ganz unwirklich. Ist er tatsächlich einer Hexe begegnet? Hat er tatsächlich erst vor wenigen Tagen

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