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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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von Weitem.
    »Was?«
    »Gestern. Weißt du, was es war, was ich gesehen hab?« Mit dem Erzählen wartet er, bis sie nebeneinander herlaufen. »Das Eichhörnchen, das war ein Fuchs.«
    »Ein Fuchs?« Lenne zieht die Augenbrauen zusammen.
    »Das Rotbraune, was ich gesehen hab.«
    »Du hast doch gesehen, wie es auf einen Baum verschwunden ist?«
    »Nicht auf einen Baum, hinter einem Baum.«
    »Du hast nach oben geguckt.«
    »Hm, ja … danach.« Karim überlegt kurz. »Der Schwanz von einem Fuchs, der kann doch gut bis … na, sagen wir mal … also ungefähr so hoch kommen?«
    »Natürlich nicht.« Lenne lacht laut auf. »Das wäre dann ja ein Riesenfuchs gewesen. Füchse sind doch nur so klein, Mann!« Mit den Händen zeigt sie, welche Größe sie meint.
    »Woher weißt du denn das schon wieder?«
    »Das weiß doch jeder«, sagt Lenne selbstbewusst.
    »Aber ich hab seine Augen gesehen«, erzählt Karim. »Gestern Abend, als ich aus dem Fenster geguckt hab.«
    Lenne blickt ihn argwöhnisch mit hochgezogenen Augenbrauen an.
    »Fuchsaugen, genau wie Hundeaugen.«
    Lenne schüttelt den Kopf. Sie versteht ihn nicht.
    »Hundeaugen im Dunkeln – hast du die schon mal gesehen? Dass die aufleuchten und grün werden, das weißt du doch.«
    »Oh … das, ja. Das hab ich schon mal gesehen.«
    »Also«, Karim macht ein triumphierendes Gesicht, »das hab ich gestern Abend von meinem Fenster aus gesehen. Genau beim Birkenwald, zwei knallgrüne Augen, und die haben mich angeguckt.«
    »Wie bitte?« Lenne bleibt stehen. »Die haben dich angesehen?«
    »Na ja«, Karim wird etwas unsicher. »Jedenfalls hat es so ausgesehen.« Er räuspert sich. »Genauso hat es ausgesehen.« Über seinen Augen bildet sich eine Falte. »Ist eigentlich ziemlich verrückt.«
    »Ein Fuchs, der sich auf die Heide setzt und dich ansieht. Mitten in der Nacht.«
    »Nein, abends, es war am Abend«, stammelt Karim.
    Lenne legt spöttisch die Hand auf seine Stirn. »Aber sonst geht’s dir gut?«
    »Aber das war wirklich so. Und meine Mutter sagt, dass es hier Füchse gibt. Also hab ich einen gesehen, denke ich. Und der Fuchs hat mich gesehen … das weiß ich genau.« Karim versucht es sich wieder vorzustellen. Die grünen Augen, die genau in seine eigenen zu blicken schienen. Aber wie war das bei der Entfernung möglich? Ein Schauer läuft ihm über den Rücken.
    Lenne wirft ihm einen besorgten Blick zu.
    Karim guckt an ihr vorbei zum etwas entfernten Birkenwald. »Heute Morgen, hm … wie üblich über die Straße?«
    »Mir egal.« Lenne lacht ihn aus.
     
    Im Unterricht kommen Karim und Lenne nacheinander dran, um das Ergebnis einer ihrer Matheaufgaben zu nennen. Die Ergebnisse von beiden sind glücklicherweise richtig, was aber kein Zufall ist, denn das waren genau die Aufgaben, die Karims Vater für sie ausgerechnet hatte, um es ihnen einmal vorzuführen. Hinter dem Rücken von ein paar Klassenkameraden lachen sich Karim und Lenne an.
    »Was ist so lustig, Karim?«, fragt der Lehrer.
    Das Lachen verschwindet aus Karims Gesicht.
    »Wie viele Aufgaben hast du denn richtig?«
    Karim stiert in sein Heft. »Hm …« Er tut so, als müsste er schnell nachzählen. Wer weiß, vielleicht würde es der Lehrer damit gut sein lassen. Aber nein, er fragt noch einmal. »Drei«, antwortet Karim wahrheitsgemäß.
    »Junge, solche Aufgaben hast du im letzten Jahr auch schon gehabt!« Der Lehrer seufzt. »Karim, sammel die Hefte mal ein, von allen. Ich möchte mit eigenen Augen sehen, wie ihr zu diesen Ergebnissen gekommen seid. Legt alle eure Hefte an die Tischkante.«
    Karim steht auf und geht durch das Klassenzimmer, um alle Hefte einzusammeln. Als er zu Lenne kommt, verzieht sie das Gesicht. Aber was hätte er denn tun sollen? Als ob es seine Schuld wäre, dass Herr Paul nun alle Hefte sehen will.
    Als er durch die hinterste Reihe geht, fällt sein Blick auf die Pinnwand. Da hängt das Foto von Rinnie. Er geht schnell vorbei, doch als er sich von der Pinnwand abwendet, hat er das Gefühl, dass sich der Blick des Mädchens in seinen Rücken bohrt. Das Bild von den grünen Augen auf der dunklen Heide erscheint wieder vor ihm. Schnell dreht er sich wieder um und starrt mit einem unbehaglichen Gefühl ein paar Augenblicke lang auf das Foto. Für den Bruchteil einer Sekunde hätte er fast geschworen, dass die Augen auf dem Foto genauso leuchtend grün waren.
    Das ist doch totaler Unsinn, ruft er sich selbst zur Ordnung. Wie komme ich denn auf die Idee?
    »Karim«, ertönt

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