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Hexenkatze - Roman

Hexenkatze - Roman

Titel: Hexenkatze - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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erkannt.
    »Frau McMillen, ich habe Ihrem Vater versprochen, ein wenig auf Sie zu achten. Was Sie da tun ist brandgefährlich!«
    Da hatten wir den Salat. Mein Vater und er. Der Zorn kochte wie rote Lava in mir hoch. Ich riss mich zusammen, starrte auf die Schmutzbarriere vor mir, und mit einem unangenehmen Schmatzen löste sich der Haufen plötzlich auf.Mit dem Erfolg, dass sich der ganze Schmuddel mit einem Schwapp über den Rand der Rinne ergoss.
    Auf Harburg.
    Und der zeigte nach einer Schweigesekunde, was sonst noch in ihm steckte. Vermutlich hatte er ohne Megaphon ein zweihundert Meter langes Frachtschiff befehligt. Aus dem Wortschatz sollte ich mir das eine oder andere merken, der war richtig kernig. Ich hielt mich einfach weiter an der Dachrinne und der Leiter fest und wartete, bis er irgendwann einmal Luft holen musste. Er hatte allerdings eine gute Kondition. Schließlich gingen ihm aber doch die Worte aus, und ich flötete von oben herab: »Und wenn Sie sich ausgeweint haben, könnten Sie mir dann bitte die Leiter festhalten, damit ich nach unten kommen kann?«
    Er hatte sein durchweichtes, verdrecktes Jackett ausgezogen und auf den Rasen geworfen, sein weißes Hemd klebte ihm nass an der Haut und ließ eine ausgiebige Brustbehaarung erraten. Nachdem mein Zorn sich entladen hatte, wunderte ich mich, dass ich solchen Details Aufmerksamkeit schenken konnte. Immerhin war er jetzt ruhig und hielt wie gewünscht die Leiter. Es war schwierig, die rutschigen Sprossen mit glatten Turnschuhen und vor Kälte starren Händen hinunterzuklettern. Und ich war sogar dankbar, dass Harburg die letzten Stufen hinter mir stand, um mich mit seinem Körper vor dem Abrutschen zu bewahren. Einen winzigen Moment lang glaubte ich sogar, dass er michleicht an sich gedrückt hielt. Aber ich konnte mich auch täuschen.
    »Sie sind eine eigensinnige, verrückte Nudel. Jetzt gehen Sie sofort rein und ziehen sich etwas Trockenes an«, grummelte er.
    »Ich warte noch auf den Vorschlag, mir einen steifen Grog zu machen«, antwortete ich schnippisch.
    »Keine ganz schlechte Idee. Und jetzt rein mit Ihnen. Die Leiter bringe ich in Ihre Garage.«
    »Hören Sie doch endlich auf, mich zu bemuttern!«
    Ich griff nach der Leiter, sie kippte zur Seite und schlug mir schmerzhaft auf die Schulter.
    »Tun Sie, was man Ihnen befiehlt«, donnerte Harburg mich an und schob mich grob in das Wohnzimmer. Ich wollte mich umdrehen und eine furchtbare Antwort geben, als Micki ins Zimmer kam.
    »Mam, es hat aufgehört. Oh, siehst du aus!«
    Mit einiger Mühe schluckte ich meine Wut runter, schleuderte die Schuhe von den Füßen und stapfte ins Badezimmer. Nicht nur klatschnass war ich geworden, nein, auch herrliche Schmierspuren waren auf Stirn und Wangen. Ich sah aus wie der letzte Mohikaner mit verrutschtem Kriegs-Make-up. Eine heiße Dusche war bitter nötig.
    Später, mit einem dampfenden Tee und in den wärmsten meiner Trainingsanzüge gehüllt, saß ich noch immer grollend am Esstisch. Männer! Warum wollten eigentlich alle immerdie Beschützer spielen. Da war ja sogar Jerry noch besser. Der hatte mich wenigstens durch seine häufige Abwesenheit und absolute Verantwortungslosigkeit dazu gebracht, auf mich selbst aufzupassen. Ich war kein empfindliches Kristallglas, das man in Watte packen musste. Die Wut auf die Männer, die mich immer nur in den unsinnigsten Situationen beschützen wollten und mich immer dann im Stich ließen, wenn ich wirklich einmal Hilfe brauchte, brodelte wieder hoch. Ich hätte Lust gehabt, irgendetwas gegen die Wand zu werfen, nur um es klirren und scheppern zu hören.
    Das Klirren und Scheppern erklang. Denn von dem Regalbrett rutschte ein Weinglas nach dem anderen zu Boden und zerbarst auf den Fliesen.
    O nein. Es war heute meine Kristallnacht!
    Irgendwie gab mir das den Rest. Ich legte meine Arme auf den Tisch, ließ meinen Kopf in die Beuge fallen und weinte bitterlich.
    Es dauerte eine Weile, bis der Krampf aufgehört hatte, und dann registrierte ich ein leises Klingeln. Ich hob den Kopf und sah aus verquollenen Augen, dass Micki die Glasscherben zusammenkehrte. Sie sagte nichts, sie fragte nichts, dieses gute Kind. Sie stellte mir nur noch eine weitere Tasse Tee hin und hatte einen Zettel dazugelegt. »Bin bei Janine«. Woher hatte sie nur die Weisheit zu erkennen, dass man manchmal mit seinem Schmerz alleine sein musste?
    Zwei Weißweingläser waren heil geblieben. Ich nahm sievorsichtig in die Hand und stellte sie dann in

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