Hexenkatze - Roman
den Schuppen mal angesehen. Es war grauenvoll. Aber, weiß der Teufel, die Arbeit wird ihr gut bezahlt. Aber dadurch hat sie sich meiner Kontrolle total entzogen. Wenn ich sie mal treffe, ist sie entweder müde oder völlig aufgedreht. Launisch war sie schon immer, aber diese Form von Lebenswandel und auch die Gesellschaft, in die sie geraten war, verschlimmern das weiter. Ich weiß einfach nicht mehr, wie ich das in den Griff kriegen soll. Anfangs hatte ich auf einer Psychotherapie bestanden. Die Psychiaterin war auch recht gutmit ihr ausgekommen und hatte mir Hoffnung gemacht, dass sich ihre Gefühlslage stabilisieren würde. Aber dann hatte Xenia die Behandlung abgebrochen, und freiwillig werde ich sie nicht mehr dazu kriegen, sich noch einmal mit der Sache auseinanderzusetzen.
So sieht es also aus.«
Wir hatten ihm, ohne zu unterbrechen, zugehört. Die Geschichte war übel verfahren. Und ich wusste im Augenblick wenig dazu zu sagen, nur: »Du bist sehr verantwortungsbewusst, Alex.«
»Was bleibt mir anderes übrig! Sie ist das Erbe meines Vaters. Andere Verwandte, denen man sie zumuten kann, gibt es nicht. Aber, Deba, verstehst du jetzt, warum ich mich manchmal so vehement in deine Erziehungsmethoden eingemischt habe? Mein Vater hatte Xenia ungeheuer viele Freiheiten gelassen – so wie du Micki offenbar auch.«
»Mit einem kleinen Unterschied.«
»Ja, den habe ich jetzt verstanden. Die Freiräume, die du deiner Tochter lässt, beruhen auf gegenseitigem Respekt.«
»Und ich hab Mam unheimlich gern.«
»Ja, Micki. Der wesentlichste aller Unterschiede. Xenia hat niemand gerne gehabt. Und das fehlt ihr, ob sie es nun zugeben mag oder nicht. Ich bin für sie so ziemlich der Einzige, der sich um sie kümmert. Daher ihre irrationale Angst, jemand könne ihr das bisschen Halt wegnehmen, das sie bei mir findet.«
»Würde es helfen, wenn ich nachher mal mit ihr spreche, Alex?«
»Ich glaube, Deba, das wäre im Moment nicht so gut. Als ich fortging, war sie von ihrem Weinkrampf so erschöpft, dass sie eingeschlafen ist. Nach einem solchen hysterischen Anfall ist sie meist ein paar Tage friedlich. Aber dein Anerbieten ist dankbar aufgenommen worden.«
»Nun, vielleicht ergibt sich mal etwas.«
»Ja, vielleicht. Aber du musst dich auf sehr eigenartige Umstände einstellen. Sie hat zum Beispiel ihr Zimmer nachtschwarz angestrichen. Und sie umgibt sich gerne mit irgendwelchen geheimnisumwitterten Dingen.«
Ich hielt die Luft an.
»Was für Dinge?«
»Oh, alles, was mich oder andere Spießer schockieren soll. Irre Poster, Kreuze, hässliche Masken.«
»Du tust nichts dagegen?«
»Warum? Das ist doch harmlos. Zumindest harmloser als Tabletten oder Alkohol.«
»Ist sie eigentlich wirklich weg von Drogen?«
»Ich denke schon, obwohl ich bei diesem Designerzeugs nicht ganz sicher bin. Mag sein, dass sie da hin und wieder was von nimmt. Das kursiert ja in diesem Etablissement, in dem sie arbeitet.«
Aber ich war mir nicht so sicher. Die verschiedenen Puzzlesteinchen entwarfen für mich ein weitaus wenigerharmloses Bild. Aber ich wollte Alex heute davon noch nichts berichten. Er war gebeutelt genug von diesem Auftritt im Garten.
»Magst du noch einen?« Ich deutete auf das leere Glas auf dem Tisch. »Du hast dir ganz schön den Mund fusselig geredet in der letzten Stunde.«
»Nein, danke. Ich möchte nachher noch Auto fahren.«
»Musst du noch weg?«
»Ja, ich muss noch weg.« Endlich war wieder ein Lächeln in seinem Gesicht. »Und ich hoffe, dass ihr zwei mich begleitet.«
»Wohin, Alex? In eine exklusive Lasterhöhle?«
»Na, Micki, wenn du gutes Essen als Laster bezeichnest, dann ja.«
»Oh, Mam, wir bekommen endlich mal wieder etwas zu essen. Ist das nicht toll!«
»Du nagst auch beständig am Hungertuch bei mir, Herzchen!«
»Ja, an einem ganz mageren. Bitte, bitte nimm doch die Einladung an, die dieser gute Mann eben gemacht hat.«
»Kann man da widerstehen, Alex?«
»Du hast jetzt noch genau eine Stunde Zeit, dich endlich mal richtig hübsch zu machen, Mausebärchen«, sagte Alex und setzte die tief schlafende Misty zu ihrer Schwester auf dem Sofa.
»Mam, hast du das gehört? Der hat Mausebärchen zu mir gesagt!«
»Na, dann nenn ihn doch Schorsch zur Strafe.«
»Nööö. Ganz was anderes!« Micki sprang auf und gab Alex einen herzhaften Schmatz auf die Wange. Dann hüpfte sie unter Gekicher aus dem Zimmer.
»Deine Tochter wird eine Gefahr für die Menschheit.«
»Bedauerst du die
Weitere Kostenlose Bücher