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Hexenkatze - Roman

Hexenkatze - Roman

Titel: Hexenkatze - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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prinzipientreuer Mann. Man könnte sogar sagen, er war streng, manchmal bis zur Ungerechtigkeit. Ich war sein erster und einziger Sohn. Meine Mutter war eine sanfte, in meiner Erinnerung sehr fügsame Frau. Er verlangte viel von mir, und ich kämpfte oft gegen ihn an. Aber das tut wenig zur Sache. Jedenfalls hatte meine fügsame, sanfte Mutter wohl irgendwann erkannt, dass es auch eine andere Form des Zusammenlebens mit einem Mann geben konnte, und als ich sosiebzehn war, verließ sie ihn. Was mir die Angelegenheit nicht leichter machte. Das war auch der Grund, warum ich möglichst schnell einen Job suchte, der mich so weit wie möglich von zu Hause fortbrachte. Ich entschloss mich, zur See zu fahren. Tja, und als ich dann immer seltener bei ihm auftauchte, verlor ich nach und nach den Kontakt zu ihm. Darum war ich erstaunt, als ich eines Tages, als ich wieder einmal für ein paar Tage in dem Haus verbrachte, dass es da eine neue Frau gab. Rosalba war eine junge Italienerin, alles andere als sanft und fügsam. Aber meinem alten Herren schien das zu gefallen. Er vergötterte sie. Sie heirateten, und als ich zweiundzwanzig war, hörte ich von einer Verwandten, dass ich eine Stiefschwester bekommen hatte. Damals war ich bereits ausgezogen und lebte mein eigenes Leben. Die wenigen Male, die ich die Familie besuchte, zeigte sich mein Vater Xenia und Rosalba gegenüber liebevoll und zärtlich, zu mir war er allerdings weiter distanziert und oft sehr kritisch. Ich habe ihn nie sonderlich geliebt, den Patriarchen. Aber letztendlich musste er mir leid tun, denn als Xenia drei Jahre alt war, wurde Rosalba noch einmal schwanger und starb bei der Geburt. Das Kind, ein Junge, überlebte auch nicht. Mein Vater wirkte wie gebrochen danach. Ich glaube, er hat seine Trauer nie überwunden. Jedenfalls wurde Xenia verschiedenen Kindermädchen übergeben und von ihm mit einer Mischung aus Gleichgültigkeit und materiellem Wohlstand behandelt. Sie bekam alles und jedes erlaubt, jeden Wunsch,der mit Geld bezahlt werden konnte, erfüllte er ihr. Reitunterricht, teure Kleidung, elektronische Spielereien. Er achtete auch nicht besonders auf ihre Freunde. Mit vierzehn rauchte sie, mit fünfzehn kamen Drogen dazu, mit sechzehn hatte sie eine Abtreibung. Ich war damals so gut wie nie mehr in meinem Elternhaus. Ich erfuhr das alles aus den klatschhaften Briefen meiner Tante, die es für ihre Pflicht hielt, den Sohn und Erben der Familie auf dem Laufenden zu halten. Zu Xenia selbst hatte ich überhaupt keine Beziehung. Ich hätte sie wahrscheinlich noch nicht einmal auf der Straße erkannt, wenn sie mir begegnet wäre.
    Es war vor sechs Jahren etwa, mein Vater war damals an die siebzig, als er einen schweren Herzinfarkt bekam. Ich hatte damals gerade zwei Jahre lang in meinen neuen Job bei der Baufirma gearbeitet und leitete eine Baustelle in Manila, als mich die Nachricht erreichte. Natürlich brach ich sofort auf, um ihn noch einmal zu sehen, wie er es wünschte. Es war kein schönes Zusammentreffen. Er konnte kaum noch sprechen und wusste, dass er nicht mehr viel Zeit hatte, die Dinge zu regeln. Er gab mir den Befehl, mich um Xenia zu kümmern, und starb dann, ohne mir ein freundliches Wort gegönnt zu haben.
    Ich gab ein paar Dinge auf, regelte meinen Job neu und kaufte dieses Haus hier. Xenia zog widerwillig zu mir, aber es gelang mir, ihr einigermaßen verständlich zu machen, dass ich mich um sie kümmern wollte. Wenigstens war sie mitdem Umzug nach hier von ihren zweifelhaften Freunden getrennt. Wir einigten uns darauf, dass sie wieder regelmäßig die Schule besuchte. Wisst ihr, Xenia ist nicht dumm. Sie ist sogar ausgesprochen intelligent. Wenn sie sich einer Aufgabe verschreibt, wird sie sehr schnell und gründlich damit fertig. Sie machte ihr Abitur und entschloss sich dann zu studieren. Sie hatte sogar einen Studienplatz in der Nähe bekommen, so dass sie weiterhin bei mir wohnen konnte. Aber nach zwei Semestern war plötzlich Schluss damit, und sie bestand darauf, unbedingt Kosmetikerin zu werden. Gott, haben wir Diskussionen geführt! Aber auch das ist gleichgültig jetzt. Sie setzte ihren Willen durch. Und nach einem halben Jahr war sie wieder entlassen worden. Es hatte massiven Ärger mit den Kolleginnen gegeben. Danach schmollte sie über die Ungerechtigkeit in der Welt und begann ihr Nachtleben. Das lag ihr offensichtlich so stark, dass sie einen Job in einer Diskothek bekam. Bedienung, Putzfrau, was auch immer. Ich habe mir

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