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Hexenkatze - Roman

Hexenkatze - Roman

Titel: Hexenkatze - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Menschheit deswegen?«
    »Nie und nimmer. Ich komme euch pünktlich um acht abholen, ja?«
    »In Ordnung, wir werden auch pünktlich sein!«
    Was uns knapp gelang. Denn es galt die Kleiderauswahl zu treffen. Da ich vermutete, dass Alex uns nicht zur Pizza einladen wollte, suchte ich mein elegantestes Outfit zusammen. Es gab da ein dunkelrotes Kostüm mit kniekurzem Rock und Bolero-Jacke, die die Pflaster auf meinen Armen verdeckte. Darunter einen schwarzen Body aus Samt und Spitzen und sündhaften Strümpfen. Ich schminkte mich sorgfältig und war nach einer halben Stunde fertig. Micki hingegen fand ich in hilfloser Auflösung inmitten aller ihrer Kleidungsstücke.
    »Ich hab nichts anzuziehen, Mam!«, stöhnte sie.
    »Dann geh ohne was.«
    »Das ist zu kalt!«
    »Was ist denn mit dem roten Kleid hier?«
    »Das ist kindisch.«
    »Die schwarzen Hosen und deine Glitzerweste?«
    »Mam! Das ist für Partys!«
    »Die weißen Hosen, das lila Top und den Blazer?«
    »Keine Hosen. Du hast doch auch einen Rock an.«
    »Und dieser schwarze Samtrock?«
    »Hab ich kein passendes Oberteil zu.«
    »Was für ein Jammer, du armes Kind. Nimm das Hungertuch, an dem wir hier ständig nagen.«
    »Das hat doch schon Löcher.«
    Ich dachte kurz nach, dann gab ich mir einen Ruck.
    »Micki, ich hätte vielleicht etwas für dich.«
    »Oh, Mam! Ja?«
    Vor ein paar Monaten hatte ich mir mal in einem Anfall von Prasserei eine weiße Bluse gekauft. Hochgeschlossener Spitzenstehkragen, transparentes Dekolleté, weite Keulenärmel mit Spitzenmanschetten. Ich hatte sie einmal angezogen und befunden, dass ich aus dem Alter romantischer Firlefanzen herausgewachsen war. Jetzt holte ich sie aus dem Schrank. Mal sehen, Micki war so groß wie ich, wenn auch etwas schmaler in den Schultern. Aber die weiten Ärmel würden das überspielen. Ich reichte ihr das Prachtstück.
    »Echt, die darf ich?«
    »Wenn du sie mir anschließend nicht rosa färbst …«
    »Niiiie, Mam. Hilf mir mal, die muss man ja hinten knöpfen.«
    Ich half ihr in die Wolke aus Tüll und Spitzen, sie streifteden Rock über und wühlte dann nach ihren schwarzen Lackballerinas.
    »Darf ich mal in deinen großen Spiegel gucken?«, rief sie aus ihrem Zimmer dann zu mir.
    »Komm nur.«
    Ja, und dann stand meine Tochter da vor dem raumhohen Spiegel meines Kleiderschrankes in dem gedämpften Licht der indirekten Beleuchtung. Und wieder wurde mir bewusst, was für eine Schönheit sie einmal werden würde. Oder, ganz falsch. Was für eine Schönheit sie schon jetzt war. Die goldblonden Löckchen reichten ihr bis zum Kinn und bildeten einen schimmernden Wust um ihren Kopf. Lange Wimpern beschatteten ihre großen braunen Augen, die so schelmisch und so sehnsuchtsvoll blicken konnten. Ihre Nase war klein, aber gerade und zierlich, ihre Lippen waren voll und sanft geschwungen. Arme und Beine mochten vielleicht noch nicht im richtigen Verhältnis zueinander stehen, aber das machte sie wett mit der ihr von Jerry vererbten Geschmeidigkeit, die auf eine andere Anordnung von Sehnen und Gelenken zu beruhen schien, als sie uns steifen Europäern eigen ist.
    »Du bist wirklich ein wunderschönes Mädchen, Micki.«
    »Bin ich das?«
    »Ja, das bist du. Aber denk daran, dass du für diese Schönheit nichts kannst. Sie ist dir gegeben.«
    »Ich weiß, wahre Schönheit kommt von innen.«
    »Spotte nicht.«
    »Ich spotte nicht, Mam. Sieh dich doch selbst an.«
    »Micki, ich bin allenfalls gepflegt und gut zurechtgemacht.«
    Sie sah mich lange und zärtlich an. Dann sagte sie leise: »Nein, Mam. Für mich bist du schön.«
    Ich musste doch tatsächlich die Wimpern neu tuschen. Dann klingelte es, und Alex stand an der Tür. In klassischer Aufmachung, sehr elegant in grauer Hose, dunkelblauem, doppelreihigem Blazer.
    »Seemann auf Landgang.«
    Micki hatte sich von ihrer Besinnlichkeit drastisch erholt.
    »Bin ich hier richtig? Ich wollte zwei sterbliche Damen abholen, nicht zwei göttliche!«
    Er gab mir einen vorsichtigen Kuss auf die Wange, und Micki, das durchtriebene Geschöpf, reichte ihm mit Grandezza die Hand. Alex bewies Lebensart und beugte sich zu einem höflichen Handkuss darüber, und Micki strahlte.
    »Zähl deine Finger nach, Prinzessin, dann können wir gehen.«
    »Doch sterbliche!«, schmunzelte Alex, dann reichte er uns seine Arme, und wir schritten zu seinem Wagen.
    »Die sechsspännige Kutsche ist leider heute in der Werkstatt, meine Damen.«
    »Ach, wie nehmen auch die mit den zweihundert

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