Hexenkessel
verdächtige jeden. Morgen früh werde ich jeden der anderen einzeln warnen. Ein bemerkenswerter Mann, dieser Vincent Bernard Moloch. Hat sich ein Spionagenetz hier aufgebaut und dazu noch eines in Cornwall.«
»Was unternehmen wir gegen den Buchhalter?« fragte Paula.
»Auch diesen Killer müssen wir zur Strecke bringen. Das heißt, erst müssen wir ihn - oder sie - aufspüren und dann eliminieren.«
Paula starrte ihn ungläubig an. Nie zuvor hatte sie Tweed so kalt und entschlossen sprechen hören. Aber nachdem sie dem Tod gerade erst um Haaresbreite entgangen war und dieses Erlebnis noch nicht verarbeitet hatte, neigte sie dazu, sich Tweeds unerbittlicher Haltung anzuschließen. Der Mörder hatte bereits zu viele Menschen - und darunter eine ganze Anzahl Frauen - auf dem Gewissen und wandte eine zu grausame Methode an, um seine Opfer zu töten.
»Ein weiterer Anlaß zur Sorge ist Ethan Benyon«, erklärte Tweed. »Sie haben ja mit eigenen Augen gesehen, wie er sich in Palo Eldorado aufgeführt hat.«
»Vielleicht stand er unter Drogen«, gab sie zu bedenken.
»Das glaube ich nicht. Man sagt ja, Genie und Wahnsinn lägen nahe beieinander. In diesem klugen Köpfchen stimmt irgend etwas nicht. Das Schlimme daran ist, daß er sozusagen den Finger am Abzug hat.«
»Wie bitte?«
Tweed erzählte ihr von seinem Besuch bei Moloch und beschrieb ihr, wie er die Kammer unterhalb von Black Ridge besichtigt und wie Ethan ihm mit an Besessenheit grenzender Begeisterung und fanatisch glühenden Augen von seiner Arbeit berichtet hatte, bis er von Moloch von diesem heiklen Thema abgelenkt wurde.
»Moloch behauptete, die in die Wand der Kammer eingelassene Tür sei ein Safe«, fuhr Tweed fort. »Ich bin sicher, daß dies nicht der Wahrheit entspricht. Im Tresorraum einer Bank sind solch große Safetüren an Angeln befestigt - diese lief auf Bodenschienen. Solche Türen findet man für gewöhnlich bei Fahrstühlen - und ich glaube, daß dieser Fahrstuhl in Black Ridge zu einem unter der Erdoberfläche verborgenen Raum oder Tunnel führt. Wenn Dillon einen Sturmangriff auf Black Ridge gebilligt oder die Sache selbst übernommen hätte, dann wüßten wir inzwischen welches Geheimnis das Gebäude birgt. Denn daß es ein Geheimnis dort gibt, davon bin ich felsenfest überzeugt - ein teuflisches Geheimnis noch dazu.«
»Nun, dieser Weg ist uns versperrt. Mir scheint, daß uns fast alle Wege versperrt sind, seit uns Washington so schmählich im Stich gelassen hat. Ich denke …«
Sie kam nicht mehr dazu, das auszusprechen, was sie dachte, weil in diesem Moment das Telefon klingelte. Sie nahm ab, meldete sich und reichte dann Tweed den Hörer, eine Hand vor die Sprechmuschel haltend.
»Schon wieder unser Freund Reibeisenstimme«, flüsterte sie.
»Hier Tweed.«
Er hörte zu, ohne ein Wort zu sagen, bedankte sich bei dem Anrufer und legte auf. Dann lehnte er sich in seinem Sessel zurück, griff nach seinem Glas und trank noch einen Schluck Wein. Seine Augen funkelten.
»Vergessen Sie nicht, morgen bei der BA unsere Heimflüge zu buchen. Undatiert. Und erledigen Sie das, wenn die Halle möglichst gut besucht ist.«
»Das haben Sie mir schon einmal gesagt - mein Gedächtnis funktioniert noch ganz gut.« Als er nicht reagierte, fragte sie weiter: »Wer ist Reibeisenstimme eigentlich? Oder sollte ich besser nicht fragen?«
»Sie sollten besser nicht fragen. Der Anrufer hat mir eine Warnung zukommen lassen. ›Gehen Sie auf keinen Fall nach McGee’s Landing in der Gegend von Ventana.‹ Weiter nichts.«
»Von einem Ort dieses Namens habe ich noch nie gehört.«
»Ich auch nicht. Das heißt, ich kenne die erwähnte Stelle nicht. Aber als ich das letzte Mal hier war, erzählte mir ein Amerikaner von diesem Gebiet. Es ist eine wahre Wildnis und gilt als ziemlich gefährlich, wenn ich ihn recht verstanden habe.«
»Und wenn wir aufgefordert werden, dorthin zu kommen?«
»Dann werden wir der Aufforderung Folge leisten.« Tweed konnte nicht länger stillsitzen. Er sprang auf und nahm seine ruhelose Wanderung durch den Raum wieder auf. »Wir werden uns jeglicher Herausforderung stellen. Von nun an herrscht Krieg …«
Am nächsten Morgen war Paula schon früh auf den Beinen, obgleich sie nur wenige Stunden geschlafen hatte. Nachdem sie geduscht, sich angekleidet und Make-up aufgelegt hatte, schlenderte sie durch die weitläufige Hotelhalle und blieb an der Rezeption stehen. Dort verwies man sie an einen Auskunftsschalter genau
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