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Hexenkind

Hexenkind

Titel: Hexenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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warmen Apfelkuchen vor die Nase. Er fütterte Elsa mit winzigen kleinen Stücken, die begeistert schmatzte. Hin und wieder küsste er ihre Wange und sagte »Püppchen« zu ihr.
    Regine setzte sich zu ihm an den Tisch und legte ihre Hand auf seinen Unterarm. »Was hat meine Tochter für ein Glück, dich als Mann zu haben. Warum heiratet ihr eigentlich nicht?«
    Auf diese Frage wusste Franky keine Antwort.

12
    Elsa war mittlerweile zwei Jahre alt. Franky hatte bis zwei Uhr Mittags geschlafen, obwohl Elsa sich in ihrem Zimmer beim Spielen alle Mühe gegeben hatte, nicht leise zu sein. Sarah hatte mit dem Mittagessen gewartet, in der Hoffnung auf eine gemeinsame Mahlzeit, wenn Franky seinen Morgenkaffee trank. Franky sah ziemlich verkatert aus und sagte kein Wort, als er durchs Wohnzimmer und ins Bad ging. Sarah hatte gehört, dass er in der Nacht erst gegen drei Uhr nach Hause gekommen war.
    Elsa saß am Tisch vor ihrer Erbsensuppe und starrte angewidert in ihren Teller, als wimmele die Suppe von Maden. Als Franky – mittlerweile angezogen – ins Zimmer kam und sich an den Tisch setzte, griff sie ihre kleine Gummigiraffe und begann, ihre Suppe damit umzurühren, matschte das Tier völlig durch, leckte es ab und ließ es dann mit Gewalt in ihren Teller krachen, sodass die Suppe durch die Gegend, auf den Teppich und in Frankys Kaffeebecher spritzte. Sarah sagte nichts dazu, sie war es gewohnt. Sie wischte mit einer Serviette weg, was sie wegwischen konnte, und hob Elsa vom Stuhl.
    »Geh spielen«, sagte sie. »Wenn es dir nicht schmeckt und du keinen Hunger hast, brauchst du hier nicht rumzumanschen.«

    Elsa rannte wie der Blitz in ihr Zimmer
    »Heute ist Pfingsten«, meinte sie zu Franky, der Zeitung las. »Und es ist herrliches Wetter. Lass uns irgendwohin fahren, wir haben schon ewig keinen Ausflug mehr gemacht. Und mir fällt schon seit geraumer Zeit die Decke auf den Kopf.«
    Franky tauchte nur kurz hinter seiner Zeitung auf. »Feiertage gehen mir auf die Nerven. Ich hab keine Lust, in den Wald zu fahren, wenn die halbe Welt spazieren geht und Hinz und Kunz unterwegs sind.« Er trank seinen Kaffee aus und setzte sich dann mit seiner Zeitung ans Fenster, wo er besseres Licht hatte.
    Sarah ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken. Sie kniete sich vor die Stereoanlage, um Musik herauszusuchen, die Franky gern hörte. Daher sah sie nicht, dass in diesem Moment Elsa wieder hereintapste, ihren Teddybär, den sie im Arm hielt, absetzte, einen mit Kippen gefüllten Aschenbecher griff und durchs Zimmer warf. Sie hatte im Lauf der Zeit eine erstaunliche Technik im Werfen entwickelt und verfehlte Franky nur knapp. Der Aschenbecher donnerte gegen die Scheibe, die ein spinnenförmiges Muster mit einem Loch in der Mitte bildete, aber nicht aus dem Rahmen fiel.
    »Bist du verrückt geworden?«, schrie Franky und funkelte Elsa wütend an.
    »Scheiß-Papa«, sagte Elsa.
    »Scheiße« war momentan ihr Lieblingswort. Sie hatte es auf dem Spielplatz aufgeschnappt und benannte alles so, ob es gut oder schlecht war. Elsa hatte gemerkt, dass sie unglaublich heftige Reaktionen auslöste, wenn sie dieses Wort benutzte, und tat es daher mit Vorliebe, ohne zu begreifen,
was es bedeutete. So meinte sie auch in diesem Fall nicht, was sie sagte, aber Franky schlug ohne Vorwarnung zu. Elsas kleiner Kopf schleuderte dermaßen zur Seite, dass Sarah einen Moment glaubte, die Halswirbelsäule wäre gebrochen, und sie war regelrecht erleichtert, als ohrenbetäubendes Geschrei einsetzte.
    »Spinnst du?«, schrie Sarah noch lauter. »Bist du wahnsinnig, derart zuzuschlagen? Sie weiß doch noch gar nicht, was sie sagt!«
    »Sie sagt das, was du ihr beibringst. Sie plappert das nach, was sie von dir hört.«
    »Du bist doch nicht ganz bei Trost!« Sarah konnte sich nicht verteidigen, sie wusste in diesem Moment nicht, was sie sagen sollte, er hätte es sowieso nicht geglaubt. Sie ging zu ihrer Tochter, nahm sie auf den Arm und streichelte sie unaufhörlich, aber Elsa hörte nicht auf zu schreien.
    Franky starrte die beiden an, unschlüssig, was er tun sollte. Dann faltete er die Zeitung zusammen, pfefferte sie auf den Couchtisch und ging hinaus. Er nahm seine Jacke und die Autoschlüssel und verließ die Wohnung.
    Sarah hatte bereits in dem Moment, als er ging, ein ungutes Gefühl im Magen. Sie rannte ins Wohnzimmer und riss das Fenster zum Hof auf, wo die Autos parkten, um ihm hinterherzurufen, aber sie sah ihn nicht aus dem Haus kommen.

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