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Hexenkind

Hexenkind

Titel: Hexenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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sie es nannte, verbrachte. Sie zog sich ab und zu zurück, um zu entspannen oder ungestört an ihren Bildern zu arbeiten.
    »Ich kann einfach nicht den ganzen Tag zusehen, wie
Teresa ihren Rosenkranz betet«, hatte sie zu Romano gesagt. »Das macht mich verrückt. Und wenn sie nicht betet, erzählt sie dummes Zeug oder macht mir Vorhaltungen. Ich brauche irgendwo einen Ort, wo ich ungestört und allein sein kann. Das verstehst du doch, oder?«
    Romano hatte nur genickt und sah todunglücklich aus dabei.
    Vor allem in der Vor- und Nachsaison, wenn die Plätze der Trattoria abends nicht voll ausgelastet waren, blieb Sarah oft weg. So machten sich auch an diesem Abend weder Romano noch seine Mutter Teresa Sorgen.
    Als das junge Paar endlich eng umschlungen das Lokal verließ, schlug Romano noch die Kasse ab. Er hatte über fünfhundert Euro Umsatz gemacht und war zufrieden. Für einen Donnerstagabend Ende Oktober war das erstaunlich.
    Er löschte das Licht, schloss die Trattoria ab und trat auf die Straße. Um diese Zeit war in dem kleinen Ort niemand mehr unterwegs. In der Ferne hörte er, wie ein Wagen gestartet wurde. Wahrscheinlich das junge Paar, das nach Hause fuhr. Nur in wenigen vereinzelten Fenstern war noch Licht. Vorwiegend alte Leute, die nicht schlafen konnten und die halbe Nacht vor dem Fernseher verbrachten.
    Die Straßenbeleuchtung tauchte die engen Gassen in ein warmes gelbliches Licht, und Romano war in diesem Moment wieder einmal froh, dass er hier leben und arbeiten konnte. Obwohl er sich eine Bar herbeisehnte, in der er jetzt noch jemanden treffen und in Gesellschaft einen Wein trinken konnte.
    Direkt über der Trattoria wohnten seine Mutter Teresa und sein Stiefvater Enzo, den sie vor zwanzig Jahren geheiratet hatte. Romanos leiblicher Vater war fünfunddreißig
Jahre älter als Teresa gewesen und an Altersschwäche gestorben, als Romano zwanzig war. Aber auch mit ihrem zweiten Mann Enzo hatte Teresa wenig Glück. Er war zwar nur fünf Jahre älter als Teresa, hatte aber seit einigen Jahren chronisches Rheuma und konnte sich fast gar nicht mehr und wenn, dann nur unter großen Schmerzen bewegen. Die meiste Zeit saß er am Fenster und starrte auf die Dorfstraße, auf der sich auch tagsüber nur wenig abspielte. Wenn er Gesellschaft brauchte, rief er nicht nach Teresa oder Romano, sondern nach Sarah. War sie in der Nähe und hatte Zeit, ging sie sofort zu ihm. Romano hatte keine Ahnung, worüber die beiden sich stundenlang unterhielten. Aber Romano wusste, dass es nur Sarah war, die Enzo die Kraft gab, die ungeheuren Schmerzen zu ertragen und den Lebenswillen nicht zu verlieren.
    Über Teresa und Enzo wohnten Romano und Sarah mit Eduardo, ihrem gemeinsamen Sohn. Sarahs uneheliche Tochter Elsa, die bereits drei Jahre alt war, als sie Romano kennenlernte, studierte in Siena und teilte sich dort eine kleine Wohnung mit ihrer Freundin. Seit einem Zerwürfnis mit ihrer Mutter kam sie nur noch selten nach Hause.
    Romano ging langsam die Treppe hinauf und schloss die Wohnungstür auf. In der Wohnung war es still. Wahrscheinlich schlief Eduardo längst. Im Wohnzimmer schaltete er den Fernseher an, aber stellte den Ton so leise, dass er die Worte gerade noch verstehen, oder besser ihren Sinn »erahnen« konnte, um Edi, wie jeder in der Familie und auch jeder im Dorf Eduardo nannte, nicht zu wecken. Dazu öffnete er eine Flasche Rotwein und setzte sich in den Sessel direkt vor dem Fernseher. Er hatte Zeit. Wie jede Nacht, denn vor vier Uhr konnte er nur selten einschlafen.

    Um halb zwei – er sah gerade den amerikanischen Thriller »The Game« mit Michael Douglas – stellte er den Ton des Fernsehers aus und rief sie an. Sie hob erst nach einer Weile ab, und ihre Stimme klang verschlafen.
    »Sarah«, sagte er. »Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt. Ist alles in Ordnung bei dir?«
    »Ja«, meinte sie knapp und klang gereizt. »Entschuldige, aber ich will jetzt nicht telefonieren.«
    »Hast du Besuch?« Er fühlte sich so erbärmlich bei dieser Frage, aber er musste sie stellen, er konnte nichts dagegen tun.
    »Nein«, sagte sie. »Aber ich bin müde.«
    »Wann kommst du?«
    »Morgen Früh«, hauchte sie. »Morgen Früh um neun. Du brauchst nicht aufzustehen, ich mache Edi Frühstück.« Dann legte sie auf.
    Romano behielt den Hörer in der Hand und spielte unschlüssig damit herum. Er glaubte ihr kein Wort. So kurz angebunden war sie nur, wenn sie nicht allein war. Also doch. Also schon wieder.
    Er legte

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