Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)
war sie es, die überrascht war, einen ganzen Tag lang war kein Wort über dieses Thema gefallen und nun diese Erklärung. Da sie nicht antwortete, fuhr er fort:
"Und am Ende haben wir alten Hasen uns dann mit unseren Mischergebnissen so erbärmlich blamiert."
"Du übertreibst", wehrte sie ab, "ihr seid lediglich außer Übung."
Leonardo jedoch, noch immer verlegen, ließ diese Entschuldigung nicht zu: "No, wir sind zu nachlässig an die Sache herangegangen. Dafür haben wir am Ende ja auch die Quittung bekommen. Diese Blamage, als uns beim Vergleich der Mixturen ausgerechnet die zwei Unerfahrensten in den Schatten gestellt haben. Das war hart."
"Ach, Leonardo", tat Lucia dieser stattliche, schamvoll unter sich blickende Mann jetzt leid, und hätte er nicht wieder so weit entfernt von ihr gestanden, hätte sie ihm tröstend den Arm gestreichelt. Stattdessen erkundigte sie sich, ob es ihm und den Künstlern helfen würde, wenn sie die gleiche Übung beim nächsten Mal wiederholen ließ, worauf er erfreut aufblickte: "Ganz sicher. Aber wärst du dazu denn bereit?"
"Weiß ich noch nicht", provozierte sie ihn, worauf er drängte:
"Lukas, ich versichere dir, dass wir unsere Nachlässigkeit bedauern, und beide Artisti, auch Carlo, betonen, sie würden dir gerne das nächste Mal, falls es ein nächstes Mal gibt, das Gegenteil beweisen."
Darauf begriff Lucia die Situation und sagte ihm auf den Kopf zu: "Sie haben dich vorgeschickt, die Feiglinge - gib es zu."
"So würde ich das jetzt nicht ausdrücken, ich selbst habe . ."
"Schon gut", musste sie lachen, "ich kenne doch die Kameraden. Kannst ihnen ausrichten, ich werde mir überlegen, ob sie eine Chance verdienen."
"Grazie, Lukas, da wird ihnen ein Stein vom Herzen fallen, genau wie eben auch mir", versicherte er ihr, wobei er bereits die Tür geöffnet hatte um den anderen schnellstens Lucias Nachricht zu übermitteln.
Lucia hörte noch seine davon eilenden Schritte, als sie sich lachend selbst schalt - und ich Kleinmut habe mir Vorwürfe über mein vermeintliches Versagen gemacht!
Am Frühstückstisch des nächsten Morgens erwähnte Lucia kein Wort über das gestrige Gespräch mit Leonardo, so offenkundig die Männer auch darauf warteten. Dieses Portiönchen Rache stehe ihr zu, fand sie. Erst als die Kannen, Brotkörbe und die verschiedenen Näpfe fast leer waren, äußerte sie beiläufig:
"Übermorgen ist Freitag, da hätte ich Zeit" - alle Münder standen plötzlich still und alle Blicke richteten sich auf sie - "da könnte ich nachmittags Unterricht abhalten. Wer daran teilnehmen will, soll mich das wissen lassen."
"Gerne, Lukas", kam es spontan von Leonardo, "wir kommen gerne, wir alle."
Dann ein vielstimmiges "Si", und Giovanni wollte erfahren:
"Gibst du uns dann wieder die gleiche Übung auf? Ich gäb was drum."
Nachdem sie zögernd bejaht hatte, fragte Bernardino: "Und auch wieder mit Gesang, Lukas? Das war mitreißend!"
"Bene", stimmte Lucia zu, "auch wieder Gesang. Allerdings muss ich euch eine Einschränkung auferlegen - diesmal keine Siegerermittlung."
"O o o c h", war Salai über diese Anordnung enttäuscht.
Die anderen hingegen verstanden sehr wohl, weshalb Lucia diese Weisung traf, sie reagierten zwar etwas verlegen, waren jedoch dankbar dafür.
Mei, oh mei, lachte Lucia dann innerlich, so spielend löse ich künftig all meine Probleme. Ha!
Bei jenem Freitagnachmittagsunterricht, natürlich mit Gesang, hatten Leonardo und die Künstler dann ihr vorangegangenes Versagen wettgemacht, sie hatten so hingebungsvoll gearbeitet, dass aller Mixturen fein und geschmeidig geworden waren. Carlo dagegen fehlte noch reichlich Übung. Da dieser Nachmittag so gehaltvoll und gleichsam vergnüglich geworden war, hatten sie übereinstimmend beschlossen, den Unterricht mit aufbauendem Lehrstoff fortan jeden Freitag durchzuführen.
Daneben unterwies Lucia Carlo und Nicola auch in anderen Praktiken. Sie hatte bald nördlich von Mailand einen Mineralhändler ausfindig gemacht, hatte mehrere Beutel halbedler Rohsteine, einen Sack Kalk- und zwei Sack Kreidegestein bei ihm erworben und die Waren dann bei scheußlichem Regenwetter mit einem geliehenen Pferdegespann zur Bottega befördert.
Diese Mineralien zerstampften und mörsterten die Garzoni nun unter Lucias Anleitung mit den Geräten, und wenn sie das gut genug beherrschen, wird sie ihnen noch den Umgang mit dem Mischgerät beibringen.
Die beiden Garzoni hielten sich stets gerne im Labor auf, was bei Carlo vorrangig an den
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