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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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Wartet, ich singe euch ein Lied vor, dann rührt ihr alle im gleichen Takt."
Darauf trällerte sie ihnen mit ihrer Lukasstimme und mit fröhlich rhythmischen Bewegungen ein Tiroler Volkslied mit kleinen Jodlereinlagen vor, das die Rührer sogleich in Stimmung versetzte.
"Im Tiroler Labor hatten wir auch oft einen Vorsänger", erklärte Lucia, wobei sie verschwieg, dass jener Vorsänger ihr Vater war. Sodann begann sie ein zweites Lied, mit dem sie die Stimmung noch mehr erhöhte.
Anschließend konnte sie die angehenden Farbhersteller erlösen: "So, Freunde, die Zeit läuft aus, jetzt langsamer werden, bis der Löffel stillsteht."
"Schade", bedauerte Bernardino, "wo's gerade so schön hier geworden ist", "si, gerade jetzt", bedauerte auch Nicola, Leonardo behauptete, sein Arm könne nicht mehr aufhören, Giovanni dagegen atmete auf: "Endlich!"
Nach Lucias Aufforderung erhoben sich nun die Männer und Burschen, jeder stellte seine Schüssel auf seinen Hocker, alle schüttelten ihre strapazierten Arme, reckten sich die Körper, und Lucia lachte über sie: "Was seid ihr für Helden, gerademal eine Stunde gerührt und schon seid ihr schlapp. Aber ein Trost, damit ist der Unterricht fast beendet. Nur eine Aufgabe noch, seht euch alle gemeinsam nacheinander jede Farbe an, prüft auch mit dem Löffel ihre Konsistenz und dann bitte euer Urteil. Geht der Reihe nach durch, angefangen bei Bernardinos Werk."
Zu Lucias Erstaunen spiegelte sich darauf in den Gesichtern von Leonardo und den beiden Künstlern Unbehagen, und als Giovanni brummelte: "Muss das sein?", flogen die Augenpaare jener Drei erwartungsvoll in ihre Richtung.
Doch Lucia ließ nicht mit sich handeln: "Das muss sein", bestand sie mit ergebenem Schulterzucken auf ihrer Forderung, "denn habt ihr selbst uns Garzoni nicht beigebracht, dass man nur durch Vergleichen lernt?"
Für dieses Argument erntete Lucia allgemeines Grinsen, und alle kamen ihrer Anweisung nach.
Nacheinander prüfte zunächst jeder einzelne Bernardinos dunkelgrüne Mixtur, wobei sie zunehmend eifriger wurden und Bernardino selbst immer unruhiger. Und wie sie dann ihr Urteil abgaben, fiel Bernardinos Kinnlade herab - ein zu fester Brei, befanden sie, er pappe ja am Löffel fest. Also malen könne man damit nicht.
Danach war Carlos Violett dran, und das rief sogar Entsetzen hervor.
"I h h h , wie lila Dickmilch", rümpfte Salai die Nase. "Hast du überhaupt gerührt?"
Carlo verteidigte sich empört, doch niemand hörte ihm zu, und trotz der Gefahr, ihn damit zu beleidigen, sagte jeder, sein Brei sei miserabel, zumal er auch noch immer stinke. Carlo sah sie hilflos an, schnupperte dann an seiner Mixtur, wurde nachdenklich und murmelte schließlich vor sich hin: "Stinkt tatsächlich."
Nicolas leuchtendes Zinnoberrot dagegen überraschte jeden, die Mixtur war geschmeidig und glatt, zwar etwas zu fettig, doch das schien niemandem aufzufallen, jeder lobte sie. Für Lucia war sie von allen die gelungenste, doch sie äußerte sich nicht dazu, um niemanden bei seinem Prüfen zu beeinflussen.
Giovannis Cadmiumgelb, eine sehr teure und sonst so wundervolle Farbe, wirkte regelrecht misshandelt, das sah und fühlte mit dem Löffel jeder, sie war körnig.
"Als wäre Sand darin", bemerkte Bernardino, Leonardo kniff missbilligend die Lippen zusammen und Giovanni gab zu:
"Weiß ich selbst. Ich kann eben sowas nicht."
Dann wurde Leonardos Indigo begutachtet. Lucia hatte gleich erfreut festgestellt, dass er diesen Farbton gewählt hatte, doch sein Mischergebnis fand wenig Anklang, was ihm sichtlich peinlich war.
"Nicht unbedingt ganz so schlecht", umschrieb Bernardino seine Meinung, da es sich um des Maestros Arbeit handelte, und Giovanni ergänzte:
"Si, nicht ganz so sandig wie meine Mixtur, längst nicht so sandig, aber dafür etwas zu dünnflüssig."
Leonardos Blick wurde stumpf, als sich die anderen dieser Meinung anschlossen, erst als sie am Ende einräumten, sie weise aber einen schönen Seidenglanz auf, kehrte auch in seine Augen wieder ein wenig Glanz zurück.
Als letztes wurde Salais Ockergelb begutachtet, und davon waren in jeder Hinsicht alle begeistert: "Wie hast du das nur hinbekommen?" "Mensch, Salai, du bist ja eine Naturbegabung", und Lucia verriet ihm: "An der Art, wie du mit den Substanzen umgegangen bist, habe ich schnell gemerkt, dass daraus was wird."
Darauf strahlte der Kleine über sein ganzes pummeliges Gesicht, Leonardo hob ihn zur Belohnung hoch auf seine breiten Schultern und galoppierte dann

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