Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)
habe", gab sie scherzend zurück.
In der Malecke staunte er: "Das sind ja gleich zwei Werke!"
Doch auf weitere Kommentare wartete Lucia vergebens. Leonardo betrachtete sich nacheinander beide Kartons, lange und intensiv, von nahem und von weitem, mit und ohne Brille, wobei Lucia seinem Ausdruck zu entnehmen versuchte, was er davon hielt. Doch er verriet sich mit keiner Miene.
"Kein schlechter Anfang", bemerke Leonardo dann immerhin und trat zur Tür. "Weiter so. Und lass dich nicht entmutigen, wenn sich deine Hände mal gar nicht rühren wollen, du weißt, dass auch das vorkommen kann."
"Si, weiß ich", kam es ihr enttäuscht über die Lippen, worauf er mit weicher Stimme erklärte:
"Jeder Kommentar zu deinen beiden Produkten würde dich doch beeinflussen oder gar Erwartung bei dir erwecken, wollen wir das?"
"No", sah sie nun ein, "no, du hast recht. Deine Bemerkung 'weiter so' verleiht mir schon Auftrieb."
Darauf nickte er zufrieden und verließ das Labor. Tja, dachte Lucia dann, das hättest du vorher wissen können, nichts hatte er dir öfter gepredigt, als bei Übungen keine Erwartung aufkommen zu lassen. Wann begreifst du das endlich!
Wie sie dann durch die Terrassentür aus dem Labor trat, erwartete sie auf der Treppe Carlo und teilte ihr besorgt mit, Donna de Brondolo, also Angelina, sei heute im Palast aufgetaucht. Das fand Lucia keineswegs besorgniserregend, bis Carlo ihr sagte, sie habe sich zu ihm gestellt, ihm zunächst bei seinen Ausmessungen zugesehen und ihn dann über sie, den jungen de Belleville, auszufragen versucht.
"Hat dein Onkel denn nicht endgültig seine Verbindung mit ihr beendet?", wunderte sich Carlo, worauf Lucia zugeben musste:
"Weiß ich gar nicht genau."
"Dann ist jetzt Vorsicht geboten. Zumal sich Donna de Brondolo auch kurz mit unserem Maestro unterhalten hat. Wir sollten den Maestro über die frühere und womöglich noch immer nicht gelöste Beziehung deines Onkels mit ihr informieren", schlug Carlo vor und Lucia stimmte zu:
"Si, am besten gleich nach dem Abendbrot."
Alphonse hatte sich tatsächlich nicht überwinden können, Angelina endgültig Lebewohl zu sagen, weshalb ihre Hoffnung auf ihn, richtiger, auf den für sie so erstrebenswerten Titel Donna de Belleville, mit Aussicht auf den noch höheren Titel Marquise, noch nicht versiegt war. Um dieses Ziel zu erreichen, wird sie auch weiterhin nichts unversucht lassen.
Unmittelbar nach dem Abendbrot trugen Lucia und Carlo dann ihrem Maestro diese vertrackte Angelegenheit vor. Leonardo amüsierte sich zwar über Alphonses Feigheit, nahm die Angelegenheit jedoch ernst und sagte dann, er kenne diese Donna und auch die Brondolos, ein verrufenes Geschlecht, dessen Namen sie verständlicherweise loswerden wolle. Zunächst erwogen sie dann, Angelina von Alphonses Heirat in Kenntnis zu setzen. Verwarfen diesen Gedanken jedoch wieder, da Angelina aufgrund dessen womöglich nach Belleville reisen werde, um sich von dieser Tatsache zu überzeugen, und diese Peinlichkeit wollten sie Alphonse ersparen. Außerdem, spöttelte Leonardo, werde sie sich dann vielleicht auf Lukas stürzen, schließlich sei auch er ein adretter de Belleville.
"Kuck nicht so verstört", stieß er Lucia lachend an, "so wie du sie nach eurer Schilderung im Schlossgarten abgekanzelt hast, begehrt sie dich bestimmt nicht zum Gemahl."
"Schade", gab sie keck zurück, wiewohl sie seine Meinung teilte.
Nach weiterem Überlegen kamen sie letztendlich überein, Lucia solle sich vorab im Sforzapalast nicht mehr blicken lassen, und Leonardo werde gleich morgen Bernardino und Giovanni über die Situation instruieren und ihnen nahe legen, sich von dieser Donna weder über Alphonse noch über Lukas ausfragen zu lassen, sofern sie ihr im Schloss begegneten.
"Du kannst sicher sein, Lukas, dass sie dann auch ihren Mund halten", garantierte ihr Leonardo, wovon Lucia augenblicklich überzeugt war, denn das entsprach der ihr inzwischen vertrauten Männerkameradschaft.
Mehr konnten sie für Alphonse nicht tun.
Nachdem Leonardo tags drauf Bernardino und Giovanni über Donna de Brondolo aufgeklärt hatte, trat diese Angelegenheit für Lucia in den Hintergrund. Dazu trug auch bei, dass sich Leonardo und die beiden Künstler momentan kaum noch im Schloss betätigten, da dort Vorbereitungen für das Osterfest getroffen wurden. Würde Carlo Angelina nicht hin und wieder erwähnen, wäre sie Lucias Gedanken bereits entschwunden.
"Solch eine hübsche, zierliche Donna und dann so raffiniert",
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