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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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Helferin verabschieden konnten. Sodann fuhren sie nach Süden, vorbei an Meran bis nach Bozen, wo sie sich schließlich in einem Gasthof einmieteten.

    Von diesem Gasthof aus bereiteten sie Lucias bereits bis ins Kleinste besprochene Flucht nach Italien sowie ihren dortiger Aufenthalt vor. Tagelang probierte Lucia zunächst in ihrer Logisstube allerlei von Alphonse besorgte männliche Reitkleidung an, bis sie die für sie passenden Stücke gefunden hatten. Die trug sie fortan und gab sich als Jüngling aus, was sie anfangs reichlich Überwindung kostete. Etwas leichter fiel ihr die Jünglingsrolle, als sie auf die Idee kam, ihr bis zu den Schulterblättern reichendes Haar offen wie ein Mann zu tragen. Mit dieser Haartracht kam sie sich dann schon überzeugender vor. Daneben schaute sie sich unentwegt und möglichst unauffällig bei anderen männliches Verhalten ab, wobei ihr schnell auffiel, dass Männer um sich herum stets reichlich Raum beanspruchten und sich in allem lauter benahmen als Frauen. Sie bemühte sich, diese Eigenarten zu kopieren. Auch senkte sie ihre Stimme stufenweise in eine immer tiefere Tonlage, eignete sich harte und eckige Bewegungen an, einen forschen Gesichtsausdruck sowie eine knappe Sprechweise. Bei alledem war ihr Alphonse nicht nur mit seiner Kritik und etlichen wertvollen Vorschlägen ein unerlässlicher Helfer, er übte auch vieles mit ihr ein. Unter anderem, wie ein Don sich einer Donna gegenüber zu verhalten hat, denn auch in diese Verlegenheit werde sie als Lukas gewiss mal geraten.
Gut und schön soweit. Doch als Alphonse sich wagte ihr zu raten, sich nach neuester Pariser Mode, der Richtlinie für ganz Europa, einen Kurzhaarschnitt verfertigen zu lassen, der sowohl von Damen wie auch von Herren getragen werde, biss er bei ihr auf Granit.
"Nein, Alphonse, nicht auch noch das!"
"Schon, aber trotz deines inzwischen maskulinen Auftretens, ma Chère, lässt dich deine lange Haarflut noch immer einen Tick zu weiblich erscheinen."
Das überzeugte Lucia absolut nicht, nein, in diesem Punkt irre er!
Es kostete Alphonse ebenso viel Geduld wie Überredungskunst, bis sich Lucia endlich von ihm in einen Barbiersalon führen ließ, wo diese moderne Frisur schon mehrmals verfertigt worden war.
Dann setzte der Barbier die Schere an, und Lucia sah entsetzt ein dunkelrotes Haarbüschel nach dem anderen zu Boden gleiten, mehr und immer mehr. Bald türmten sich so viele Haare auf dem Boden, dass man damit ihres Erachtens eine Kindermatratze füllen könnte.
Endlich legte der beflissene Schnitter die Schere beiseite, und als er Lucia einen Spiegel vorhielt, erschrak sie mit einem Aufschrei: "N e i i n !" Zwar hatte sie nach wie vor dicke Locken, noch bauschigere sogar als vorher, allerdings nur am Kopf. Im Rücken hingegen, an den Schultern, ja selbst am Hals war alles nackt, alles Haar war dort weg - weg.
"Deine Frisur ist gelungen, du siehst flott damit aus", versuchte Alphonse, sie zu beruhigen, und der Barbier erkundigte sich:
"Was stört Euch daran, junger Herr?"
"Dieser Wust da oben, sieht aus, als trage ich einen Berg Kirschen auf dem Kopf!"
Worauf sich der Barbier verständnisvoll gab: "Ja mei, das ist jetzt nur ungewohnt. Aber seht, wenn ich die Locken anziehe, erkennt Ihr, dass das Haar ganze zwei Finger lang ist, am Oberkopf ebenso wie an den Seiten - seht Ihr, junger Herr? Überall ganze zwei Finger lang."
Wenn du bloß deinen Mund hieltst, schnaubte Lucia innerlich, doch er sprach weiter: "Ihr habt aber auch sehr dichtes Haar, junger Herr, und weil es jetzt so kurz ist, kringeln sich Eure Locken kleiner zusammen als vorher."
Lucias gelbe Augen begannen gefährlich zu funkeln, und als der Barbier im Spiegel von diesem Blick getroffen wurde, schaute er erschreckt in eine andere Richtung und stammelte: "A-aber Ihr könntet Eure Locken mit einer F-frisiercreme bändigen, ja, obwohl ich das schade fänd."
"Das würde auch ich bedauern", betonte Alphonse, wogegen Lucia anwetterte:
"I c h aber nicht!"
Zu guter Letzt kaufte Alphonse ihr eine Dose Frisiercreme. Und nachdem sie den Barbiersalon verlassen hatten, vergaß Lucia ihr einstudiertes Männerbenehmen. Sie machte sich so klein und eng wie möglich, als sie mit Alphonse zu ihrem Gasthof eilte, wobei sie sich am liebsten mit beiden Händen den Kopf zugehalten hätte, so sehr schämte sie sich für ihre kurzen bauschigen Kringellocken.
In ihrer Logisstube drückte sie sich sofort mit der Frisiercreme ihr Haar so fest wie möglich an den Kopf,

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