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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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Carlo, als er wieder seinen Platz einnahm. Gleich drauf wurde ihnen von einem Lakaien eine Schale mit dampfenden Muscheln angeboten, sie nahmen dankend an. Während sie dann mit gutem Appetit zu speisen begannen, erkundigte sich Carlo, ob sein Benehmen einigermaßen in Ordnung sei.
"Nichts daran auszusetzen", sagte ihm Lucia. "Du machst das hervorragend, auch das Tanzen selbst, soweit ich es habe beobachten können."
"Wirklich? Oder sagst du das nur so?"
"Wirklich, Carlo. Vor allem gefällt mir deine Natürlichkeit dabei. Andere, die Adelsbenehmen imitieren, verfallen meist in Geziertheit und fallen gerade dadurch unangenehm auf."
Nach dieser Anerkennung saß er noch aufrechter auf seinem Stuhl.
Während ihres Speisens verstrichen zwei Tanzrunden ohne Carlo, auch setzte die Dämmerung ein, weshalb jetzt nach und nach die Hoflampen angezündet wurden. Nachdem ihre Muschelschale schließlich leer war, machte Carlo Lucia auf eine Blondine mit modernem Kurzhaarschnitt aufmerksam, die, wie Lucia bereits selbst festgestellt hatte, auffallend oft zu ihr herblickte.
"Doch nicht zu mir", bestritt Lucia diese Tatsache, "sie meint dich. Eine reizende Donna, gefällt sie dir? Du solltest sie zum Tanz bitten."
"No, du müsstest das, sie will von dir aufgefordert werden."
"Unsinn, Carlo, doch nicht von mir, ich bin doch so klein und dünn. Sie kann nur dich meinen, du bist es, der heute alle Blicke auf sich zieht."
Carlo zierte sich noch ein wenig, ehe er zustimmte, allerdings stellte er eine unangenehme Bedingung: "Aber nur, wenn du ebenfalls tanzt, sonst könnte sie meinen, ich hätte sie dir weggeschnappt."
Auf diesen Handel musste sich Lucia einlassen, und als das nächste Musikstück erklang, erhob sie sich noch vor Carlo und verneigte sich dann vor einer etwas rundlichen Dame an ihrem Nebentisch. Die kam Lucias Aufforderung sichtlich erfreut nach, und wie sie zu tanzen begannen, überraschte Lucia neuerlich die Hingabe ihrer Partnerin. Die Dame vertraute sich Lucia gänzlich an, reagierte auf all ihre Intentionen, Lucia war, als sei sie ihr Herr. So also fühlt sich ein Mann in seiner Führungsrolle, dachte sie und kostete diesen Zustand aus, wodurch ihr Tanz zunehmend harmonischer wurde. Dann aber drängte sich ihre Partnerin mit ihrem vollen Busen näher an Lucia, was Lucia augenblicklich zur Besinnung brachte und ihre Partnerin energisch von sich schob. Darauf senkte die Dame beschämt die Lider, und beider Tanzschritte wurden unstimmig. Am Ende führte Lucia die Dame, trotz ihrer Empörung über sie, mit höflichen Dankesworten zurück zu ihrem Gemahl.
Anschließend unternahm sie einen Rundgang über den Schlosshof, sie musste ihr Gleichgewicht zurück finden, außerdem war ihr die männliche Führungsrolle beim Tanz nun endgültig vergällt.
Erst als sie beobachtete, dass sich die ersten Gäste verabschiedeten, setzte sie sich wieder zu Carlo, schob ihm ihre Füße hin und forderte ihn auf: "Sieh dir meine engen Brokatschuhe an, die piesacken mich inzwischen an allen Ecken und Enden. Ich will nach Hause."
Obwohl er Lucias Wunsch bedauerte, erklärte er sich einverstanden: "Bene, machen wir uns eben auf die Beine."
"Nicht auf die Beine, Carlo, wir nehmen eine Droschke, das sind wir unseren tapferen Tanzfüßen schuldig."
Am Schlosstor erwischten sie eine der letzten dort bereitstehenden Droschken. "Zur da Vinci-Bottega, prego", gab Carlo dem Kutscher an, bevor sie einstiegen.
Dann ließen sie sich im Fond der Kutsche auf der Lederbank nieder. Carlo lehnte sich nach hinten zurück, streckte seine langen, vom Tanz erschöpften Beine von sich, und auf ihrem kurzen Heimweg schwärmte er: "War das eine Festa, berauschend von der ersten bis zur letzten Minute!"
"Morgen geht's weiter, Carlo."
"Morgen", wiederholte er verträumt, "was interessiert mich morgen, ich bin noch im heute. Ein Ereignis nach dem anderen, und alles ist noch lebendig in mir."
Lucia fühlte es ihm nach, denn nach ihrem ersten Tiroler Schlossfest hatte sie ähnlich empfunden, weshalb sie ihm riet: "Dann halte es lebendig, Caro mio und nimm es nachher mit in den Schlaf."

    So aufgeräumt wie am Vormittag darauf, hatte Lucia Carlo noch nie erlebt. Auch das Wetter war entsprechend, im Gegensatz zu gestern strahlte die Pfingstsonne hell aus blauem Himmel, weshalb im Schlosshof eine fast ausgelassene Stimmung herrschte. Zu alledem passte auch Lucias diesmal luftige Kleidung, sie trug einen perlgrauen Seidenanzug mit dazu passendem Hut, fertig. Nein, nicht

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