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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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völlig durcheinander, wer ist denn diese Dame?"
Genaues weiß sie also nicht, stellte Lucia beruhigt fest, weshalb sie nun kühl entgegnen konnte: "Diese Frage müsstet Ihr an Euren innigen Bekannten richten. Und jetzt verschont mich mit weiteren Aufdringlichkeiten."
"Oha, bayrische Höflichkeit", versetzte ihr Angelina, wandte sich zum Gehen, und Lucia ließ sich wieder auf ihren Stuhl nieder.
Carlo blieb mit betretenem Gesicht stehen. Erst nach mehreren tiefen Atemzügen nahm auch er wieder Platz, wobei er Lucia unterrichtete, Donna de Brondolo sei nicht mehr zu sehen. Mehr brachte er nicht hervor. Auch seine Speise rührte er nicht mehr an, ebenso wenig wie Lucia die ihre. Stillschweigend saßen sie sich gegenüber, bis Lucia ihm erklärte: "Wie dir sicher nicht entgangen ist, hat es diese dreiste Person nicht auf mich, sondern auf meinen Onkel abgesehen. Er hat mir schon mehrmals von ihr berichtet und sich über ihre Aufdringlichkeiten beklagt. Du siehst, Carlo, dergleichen findet man auch in Adelskreisen."
"Si. Aber du warst sehr hart zu ihr."
"Mit Absicht, ich habe sie so behandelt, wie das längst mein Onkel hätte tun sollen", und während sie weiter sprach, kehrte ihre Heiterkeit zurück: "Und jetzt Schluss mit deinem Knittergesicht. Freu dich lieber, denn Zio Alfonso wird mir dankbar sein für die Lektion, die ich ihr erteilt habe."
"Wenn das so ist, dann hast du ja sogar ein gutes Werk vollbracht. Aber eins muss ich dir sagen, ich hätte das nicht fertig gebracht."
"Tja, mein lieber Carlo", provozierte sie ihn darauf frech, "Feigheit war noch nie meine Stärke."

    Auf dem Weg zur Schautribüne war Carlo wieder bester Dinge. Sie zählten zu den ersten, die dann direkt neben dem Turnierplatz die mit Sitzbänken ausstaffierte Stufentribüne bezogen und wählten in einer der oberen Reihen ihre Plätze aus. Von hier hatte man einen guten Blick sowohl zu dem Weg, über den die Teilnehmer einziehen werden, wie auch in die Arena. Noch war es recht leer und still hier. Nur Carlo redete ohne Unterlass, er konnte das Turnier kaum erwarten, malte sich die wilden Wettfahrten mit den Quadrigen aus, auch die angeblich Funken spritzenden Fecht- und Säbelkämpfe der Ritter, und er bedauerte wiederholt, dass sein Bruder diese Schau nicht miterleben kann.
Nur allmählich füllten sich rechts und links des Weges die Tribünen, wobei sich das Publikum ausschließlich aus Herren zusammensetzte, ihre Partnerinnen scheuten die rohen Turnierkämpfe. Lucia zwar ebenfalls, doch sie musste sich auch während dieses Parts der herzoglichen Einladung als Lukas bewähren. Jetzt bat Carlo sie, ihm die Kostüme der Teilnehmer zu schildern, vor allem diese . . , er kam nicht auf das Wort.
"Archetypen", half Lucia ihm und erklärte ihm diesen Begriff: "Das sind bestimmte Symbole, die im Unterbewusstsein eines jeden Menschen verankert sind, es können Form-, Farb- oder auch Klanggebilde sein. Wenn man sie mit den äußeren Sinnen wahrnimmt, reagiert das Unterbewusstsein darauf."
"Interessant", staunte er und wollte Näheres erfahren.
"Wie ich Maestro Leonardos Aufzeichnungen entnommen habe, ist die Vorhut dieses Zuges am reichsten mit Archetypen ausgestattet", unterrichtete Lucia ihn. "Zunächst wird in Feuerfarben ein Pferdegespann an uns vorbei gleiten, es stellt das spirituelle Pfingstfeuer, den göttlichen Geist, dar. Der ganz in Gold gekleidete Pferdelenker wird eine leuchtende Kugel, den Kosmos, auf seinem Goldhelm tragen. Im Fond des offenen Wagens werden wir zwei gekrönte Frauengestalten sehen. Die eine, mit einem Lorbeerzweig in den Fingern, trägt ein rotes Gewand und hat auf der Stirn ein radförmiges drittes Auge, sie bringt die Klugheit zum Ausdruck. Zu ihrer Rechten thront eine weißgekleidete Frauengestalt mit ihrer hell funkelnden Halskette in der Hand, sie verkörpert die Seelenstärke. Nach einigem Abstand folgen diesem Pfingstgefährt dann zwölf elegant in ihren Sätteln sitzende Reiter, die ein Bindeglied zwischen der voran geglittenen Himmelsbotschaft und den nachfolgenden Turnierkämpfern darstellen. Und auch hier wieder auffallende Archetypen. Die langen, weit fallenden Schauben jener Männer bestehen aus goldenem Untergrund, geschmückt mit etlichen Pfauenfedern, womit die Schönheit symbolisiert ist, die, wie unser Maestro geschrieben hat: 'der Liebreiz aber nur denen verleiht, die gute Taten vollbringen.' Darin liegt gleichsam eine Mahnung, denn nicht vergänglicher Glanz, wie unser Herzog ihn so schätzt oder

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