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Hexenlicht

Hexenlicht

Titel: Hexenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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immer größere Kreise vom Grab der Frau aus ab. Sie konnte keine Störungen erkennen. Wie viel verbarg der Tarnzauber vor ihr?
    Dann fühlte sie
etwas
, wie einen kalten Finger, der ihr über den Nacken strich. In ihrer Regenmontur wandte sie sich weniger schnell um, als ihr lieb gewesen wäre. Vor ihrem geistigen Augen erschien ein Erinnerungsschatten, blasse Bildspuren einer noch nicht lange zurückliegenden Nacht. Dort liefen Fehlwandler vorbei, die es eilig hatten, sich einer Gruppe anderer anzuschließen. Letztere duckten sich ängstlich zusammen. Fehlwandler und noch jemand – ein Mann oder ein Vampir –, die vor brennenden Fackeln hockten und in einem Buch lasen. Seltsame Dinge, Sicheldolche, Fackeln und Flaschen aus farbigem Glas lagen um sie herum auf dem Boden verstreut. Es roch nach Blut und Eiter.
    Zutaten für ein Ritual
, dachte Holly.
Und kein schönes Ritual.
    Der Rufzauber? War dies das Buch, hinter dem Alessandro her war?
    Dann flackerte das Bild und verschwand. Holly nahm ihre Hand herunter, die bis zum Ärmelsaum des Mantels klatschnass geregnet war.
    Das Ritual hatte ungefähr fünf Meter entfernt stattgefunden, vor einem großen Steinengel mit nach oben gestreckten Flügeln. Holly drehte sich vorsichtig in diese Richtung, worauf ein Schwall Wasser von ihrem Regenschirm herunterprasselte. Teils, weil sie fror, teils, weil sie sich gruselte, erschauderte Holly.
    Der Engel war bloß ein Grabstein, der zum Fokus des Rituals entfremdet worden war. Die Fehlwandler hatten ihn zum Inbild dessen gemacht, was sie beschwören wollten.
Der Engel wurde zum Dämon.
    Weiter den Boden mit ihren Sinnen abtastend, ging Holly ein paar Schritte vorwärts. Indem sie sehr aufmerksam tastete, entdeckte sie die Ränder des Tarnschilds.
    Holly suchte nun noch sorgsamer, lockte erst einen Hinweis hervor, dann den nächsten, wie Silberlametta im Gras. Gedanken, Ideen, Dinge, die Teilnehmer des Rituals wussten.
    Ja, hier waren die Rufzauber gewirkt worden. Sie begannen in dem Lagerhaus von Alessandros Klienten, aber das letzte, komplizierteste und am Ende erfolgreiche Ritual war an der Stelle vollzogen worden, an der sie jetzt stand. Kein Wunder, dass Mac – oder wer immer ihm seine Befehle gab – Alessandro und sie hierherbestellt hatte! Dieser Ort troff vor böser Kraft.
    Der Müll, der zu Füßen des Engels verstreut lag, sprach Bände.
Opfergaben.
Holly bückte sich und stocherte mit ihrem kalten Finger im Schlamm. Kerzenstummel. Halbverbrannte Weihrauchkapseln. Winzige Schnapsflaschen – entweder Trankopfer oder Partyzubehör. Mehrere runde Metallscheiben, ungefähr münzengroß. Holly nahm eine auf und hielt sie höher ins verregnete Tageslicht. Eingeprägt in das Metall erkannte sie eine Männergestalt mit einer Leier.
    Sie wusste nicht, wer das sein sollte, aber diese Gestalt musste von Bedeutung sein. Also steckte sie die Münze ein und blickte dabei auf die gemeißelten Züge des Engels.
Unheimlich.
Der leere steinerne Blick verriet nichts, aber Holly spürte, wie das Böse in Wellen von ihm abstrahlte.
    Das Grab wusste, dass sie hier war. Unter ihr regte sich Magie wie ein Hütehund, der in Angriffsstellung ging. Der Schildzauber wollte sie fortjagen.
    Mist!
Holly wich von dem Grab zurück, so schnell es der Matsch unter ihr zuließ, und drehte sich erst um, als sie ein paar Meter weit weg war. Ihre Füße brachten immerhin einen schmatzenden Laufschritt zustande, bis sie ein ganzes Stück vom Friedhof entfernt war.
    Also, das war interessant!
Sie hatte angenommen, dass der Dämon das Sagen hatte. Vielleicht hatte er es jetzt, aber in ihrer Vision war es ein scheußlicher Quasi-Vampir, der sich den Zauber gewünscht hatte. Der Mann mit dem Buch war nicht mehr als ein Handwerker. Die Fehlwandler hatten die Portale geöffnet und andere ihrer Art herbeigerufen. Sie hatten die Ghule-Armee zusammengestellt, und erst danach schafften sie die richtig großen Dämonwaffen herbei.
    Was wollten die Fehlwandler? Planten sie eine neue Revolte gegen die Vampire?
    Auf einmal konnte Holly sich alles vorstellen: Sie sah die widerwärtigen Kreaturen vor sich, uncoole Außenseiter, die in irgendjemandes Keller herumhingen, das Vampir-Äquivalent von Käsekräckern und Bier in sich hineinschütteten und von Rache träumten. Nun hatten sie einen Dämon, einen paranormalen Schläger, der Sand ins Gesicht derselben Königin schleuderte, von der sie seit eh und je verachtet wurden. Zweifellos hatten sie mehr abgebissen, als

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