Hexenlicht
zu verletzen. Was wollte sie noch? Vorerst galt es, ein Leben zu retten: ihres. Das musste oberste Priorität haben, auch wenn ihr unterdessen das Herz brach.
Wütend tobte Holly durch ihr Wohnzimmer und riss Bücher aus den Regalen. Sie las die Inhaltsverzeichnisse eines nach dem anderen und warf die Bücher beiseite. Grandma hatte ihr einige Bände über Dämonologie geliehen, aber Holly
wusste
, dass es im Haus noch andere gab. Nur leider fand sie keines von den Büchern, an die sie sich erinnerte. Gleich nach Mäuschens Besuch hatte sie die Bibliothek schon einmal durchgesehen – mit ähnlich enttäuschendem Resultat.
Davor war das letzte Mal, das sie in den Büchern gestöbert hatte … tja, genau genommen hatte sie noch nie hineingesehen. Diese dicken und dünnen Bände waren schon hier gewesen, als sie noch ein Kind war, alt, muffig und voller Holzschnitte von hässlichen Dämonenfratzen. Ihr Leben lang gehörten sie zu Hollys Umfeld. Und jetzt waren sie weg. Sie stürmte ins Arbeitszimmer, um dort weitere Bücher aus den Regalen zu rupfen. Brekks huschte ihr aus dem Weg und verkroch sich unters Sofa.
Schließlich gab sie auf. Bei Grandma hatte sie schon angerufen, aber die war nicht zu Hause. Gewiss gönnte sie sich eine kleine Pause von Dämonengeschichten. Holly hinterließ eine Nachricht.
Mist!
Es gelang ihr nicht, stillzusitzen. Was könnte sie sonst probieren? Dann fiel ihr etwas ein.
Alessandro hatte gesagt, dass Perry Baker ein kompetenter Zauberer wäre. Es war zwar weit hergeholt, aber er wusste vielleicht etwas über Anti-Dämon-Soforthilfe oder kannte jemanden, der diesbezüglich firm war. Sie suchte seine Büronummer heraus und wählte. Es war außerhalb seiner Sprechstunde, aber einen Versuch wert.
»Perry Baker.« Seine Stimme klang weiter weg, also musste er über ein Headset sprechen. Außerdem hörte sie das Klackern eines Keyboards.
Multitasking, aha.
»Hier ist Holly Carver. Kennen Sie sich gut mit Dämonen aus?«
Es trat eine knisternde Pause ein, dann war seine Stimme näher. Er musste den Hörer abgenommen haben. »Wie bitte?«
»Ich bin in Ihrem Montagskurs.«
»Ja, ja, ich weiß.« Sie hörte seinen Atem über das Mikro rauschen. »Was war das mit den Dämonen?«
»Seelensauger. Ich brauche Informationen. Schnell! Ich hatte einen zum Mittagessen hier, und er hat versucht, mich statt Pfefferminz hinterherzuschlucken.«
»Ohne Scheiß?« Papier raschelte, als würde er eilig nach etwas suchen. »Okay, ähm, können Sie in mein Büro kommen?«
»Klar, wann?«
»Jetzt. Sofort. Ich warte hier. Kommen Sie umgehend her!«
Perry Bakers Büro lag oben in dem Gebäude, in dem er auch unterrichtete, und war leicht zu finden. Es war die einzige Tür, an der die Campus-Security eine Werwolfwarnung aufgemalt hatte, und sie stand offen.
Perry saß an einem Schreibtisch, auf dem sich Papiere stapelten. Sein Gesicht wurde vom Computerbildschirm angeleuchtet. Essenkartons von »Wily Wolf Speciality Deli« füllten den Papierkorb, während ein Dutzend leere Dosen sorgsam auf der Fensterbank aufgebaut waren, in denen sich ehedem extrastarker Kaffee befunden hatte. Ein leuchtend gelber Anhänger mit dem alternativen Slogan der »Fairview University and Community College« war mit einer Reißzwecke an der Wand hinter Perry befestigt, » FUCC U!«
»Hi«, grüßte Perry und stand auf. »Ich bin froh, dass Sie so schnell herkommen konnten.«
»Danke, dass Sie mich empfangen.«
Mit einer Handbewegung bot er ihr einen schäbigen Besucherstuhl an. »Tut mir leid«, entschuldigte er sich dafür. »Frischberufene Profs kriegen die alten Möbel der Vorgänger.«
Holly setzte sich und merkte, wie das Polster unter ihr nachgab. Von den vielen Computern, die in dem Raum liefen, war es richtig heiß, und sie öffnete als Erstes den Reißverschluss ihrer Jacke. Ihre Erleichterung, dass sie endlich jemanden gefunden hatte, mit dem sie reden konnte, vermischte sich mit Verwirrung. »Ich weiß nicht genau, wo ich anfangen soll. Zurzeit geht einiges vor, und das heute Nachmittag war bloß ein Teil davon.«
Perry beugte sich vor und lehnte seine Arme auf den Schreibtisch, wo er mit einem Stift spielte. Seine nackten Unterarme waren muskulös, schlank, aber nicht dürr. Er musterte Holly. Hinter den Brillengläsern wirkten seine dunkelblauen Augen sehr ernst. »Mein Dad ist, äh, Rudelführer. Ich weiß vermutlich schon von dem einen oder anderen.«
Holly suchte nach einem Anfang, einem
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