Hexenlicht
selbst dann hören, wenn sie seinen Namen auf der anderen Seite des Kontinents rief.
Omara lachte und ließ den Hörer nach einem kurzen Gerangel los. »Ich glaube, deine kleine Hexe hat aufgelegt. Ist sie womöglich eifersüchtig?«
Alessandro hielt sich den Hörer ans Ohr, aber es kam nur der Wählton. Wütend knallte er das Telefon hin und stellte sich Holly vor, die in ihrer Küche stand, auf ihren Hörer starrte und das Schlimmste von ihm dachte.
Nach seinem Besuch im »Sinsation« hatte er gedacht, dass es für Holly und ihn ein wenig Hoffnung geben könnte. Jetzt wurde ihm klar, dass eine finstere Macht jeden noch so kleinen Funken zunichte machte, und ihr Name war Omara. Ihm wurde fast schlecht vor Zorn. »Warum hast du das gemacht?«
»Was gemacht? Das Telefon klingelte, ich nahm ab. Ich wollte bloß höflich sein.«
Alessandro wischte sich das feuchte Haar aus dem Gesicht. Er war eben aus der Dusche gestiegen und hatte sich abgetrocknet. Jetzt trug er nur eine Jogginghose. »Du tust nichts
bloß
so! Du machst gar nichts ohne Grund.«
Omara lag in seinem Bett und sah ihn an, ein unheilvolles Funkeln in den honigbraunen Augen. Sie stützte sich auf einem Ellbogen auf. »Also wirklich, du bist ein solcher Griesgram! Das ist höchst unterhaltsam.«
Alessandro rieb sich über das Gesicht und wünschte, er könnte schneller denken. Was seine Stimmung betraf, gab er zu, dass sie recht hatte. Trübe Gedanken nagten an ihm, und sein Rücken tat weh, weil er auf der Couch sehr unbequem geschlafen hatte. Unsterblichkeit schloss keine Immunität gegen schlechte Matratzen mit ein. »Ich rufe sie an.«
»Zuerst muss ich in mein Hotel.« Omara setzte sich auf. Anscheinend war die Neckerei beendet. »Es wird Zeit, die örtlichen Anführer zusammenzurufen – die der Rudel, der Elfen, der Krähen, alle, auf die wir zählen können. Jetzt gegen einen Dämon anzutreten, mag meine Verwundbarkeit publik machen, aber wir müssen unverzüglich einen Plan schmieden.«
»Bist du sicher?«
»Ich darf meine Sicherheit nicht über die einer ganzen Stadt stellen. Nicht einmal ich bin so egozentrisch.«
Kühne Worte, auch wenn sie in seinem großen Bett sehr klein und verwundbar wirkte. Sie hatte eines seiner T-Shirts an, in dem sie halb versank. Letzte Nacht war sie zu Alessandro gekommen, weil sie sich bei ihm sicherer fühlte, und hatte unter seinem Dach geschlafen. Ein Vampir hatte keine andere Wahl, als tagsüber zu schlafen, was sie allein in seinem Bett getan hatte.
Keiner von ihnen hatte Verlangen empfunden. Und als Alessandro nun Omara ansah, bewunderte er ihre Courage, verspürte jedoch nicht den geringsten Drang, sie zu berühren.
Sie hat mich vor einem Leben in vollkommener Einsamkeit bewahrt, hat mir einen Platz in der Gesellschaft gegeben, nachdem ich meinen Clan verlor, und mich zu ihrem Schwertführer gemacht. Ich schulde ihr, an ihrer Seite zu kämpfen.
Aber Sex – und er war nicht so naiv, zu glauben, es wäre jemals mehr als das gewesen – war ein für alle Mal aus dem Spiel. Die Königin genoss seine Lehnstreue; seine Liebe gehörte Holly. Das jahrhundertelange Wechselspiel zwischen Nähe und Distanz hatte ein Ende. Jenes Kapitel von Alessandros langem Leben war abgeschlossen, und er bereute es kein bisschen. Vielmehr drängte es ihn zum Aufbruch in etwas gänzlich Neues.
Was bedeutete, dass er zunächst einmal einen ganzen Berg Probleme zu lösen hatte, von denen das erste war, eine halbnackte Vampirkönigin aus seinem Bett zu bekommen. »Hältst du es für sicher, ins Hotel zurückzugehen?«
»Ich weiß nicht, aber ich brauche frische Kleidung. Ich habe nicht bedacht, mir welche einzupacken, als ich ging.«
Letzte Nacht hatte sie ein Taxi zu Alessandros Haus genommen und es sich dort bequem gemacht, während sie auf ihn wartete. Sie besaß Schlüssel und Alarmcodes zu sämtlichen Wohnungen ihrer wichtigsten Höflinge. Nach dem Vampirgesetz mussten sie ihr alle jederzeit Zuflucht vor der tödlichen Sonne gewähren.
Omara fuhr fort: »Das Einzige, was ich vorher noch tat, war, mein Sicherheitsteam zu informieren, dass ich die Nacht nicht zurückkäme.«
»Wissen sie, wo du bist?«
»Nein. Ich vertraue ihnen nicht. Oder vielmehr: Ich traue ihnen nicht zu, stärker als Geneva zu sein.« Ihre Augen verdunkelten sich. »Sie wartete in der Lobby, lungerte an den Eingangstüren herum. Woher wusste sie, wo ich war?«
»Dass du in der Stadt bist, ist kein Geheimnis. Und sofern ich mich nicht
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