Hexenlicht
es aufgegangen war, schloss das Portal sich wieder, bis seine Ränder aufschimmerten und sich zusammenfügten. Ein letzter Höllenhund quetschte sich hindurch, der sich mit hebelnden Bewegungen seiner hageren Beine durch den beständig enger werdenden Schlitz mühte. Schließlich plumpste er zu Boden, stand ungeschickt auf und jagte den anderen nach. Ein Rinnsal von Ektoplasma glitt die Wand hinab, klebrig und schwach fluoreszierend.
Im nächsten Moment schloss das Portal sich mit einem matten »Plopp«. Der Luftdruck änderte sich und wurde plötzlich schwer. Aber vielleicht war er auch bloß wieder normal.
Kein Dämon in Sicht. Der Ruf des Zauberers hatte versagt.
Damit gewannen sie einen Aufschub, mehr nicht.
Die Höllenhunde entschwanden in der Dunkelheit, vollkommen still, und Alessandro atmete langsam aus. Die Werwölfe könnten sich der Hunde annehmen, was sie sowieso am besten beherrschten. Er bat sie ungern um Hilfe, weil es sich nie auszahlte, eine Schwäche zuzugeben, aber hier gebot es die Vernunft.
Nicht alle Höllenausgeburten waren so einfach zu beseitigen. Wie viele andere Portale hatten sich geöffnet, und was war ihnen entstiegen?
Alessandro ging weiter, bis er vor der Hintertür des »Sinsation« ankam, wo er sich an die Mauer lehnte. Zu viele Gedanken stürmten auf ihn ein, von denen jeder weiterverfolgt werden wollte. Er hatte geglaubt, die Fehlwandler wären vom Erdboden verschwunden, aber nun waren sie hier und ihr Gestank klebte an ermordeten Studenten. Was wiederum zu viele Fragen aufwarf. Was erhofften sie sich davon, nach Fairview zu kommen? Und welche Verbindung – wenn es überhaupt eine gab – bestand zwischen den Fehlwandlern und dem Zauberer oder seinem Dämon? Vor allem: Was verband sie mit Omara?
Ein böser Vampir wäre gefährlich, aber weniger kompliziert gewesen. All die Ereignisse zusammen stanken nach Magie und obskuren Motiven, und Alessandro mochte weder das eine noch das andere.
In der Ferne jaulten Polizeisirenen. Der Detective hatte Verstärkung gerufen. Aber Alessandro musste die Königin holen und verschwinden.
[home]
8
W
ie kann irgendjemand mein Zuhause mit dem Flanders-Haus vergleichen?
Holly stand vor ihrer Gartenpforte und versuchte, ihr Heim objektiv zu betrachten. Was ziemlich schwer war, denn sie liebte es von ganzem Herzen.
Es entsprach dem, was Architekten als »Painted Lady« bezeichneten: drei Stockwerke mit aufwendiger Stuckatur ragten in leuchtendem Zitronengelb und Aubergine himmelwärts. Erbaut in den 1880ern, stand das Haus auf einem steilen Hügel. Von dort genoss man nach Süden freien Blick auf das Meer. Sieben Generationen von Carvers hatten hier gelebt.
Und wenn Ben nun kein Typ war, der gern in alten Häusern wohnte, die nach uralten Spukgeschichten aussahen? Er würde sich schon noch eingewöhnen. Er musste. Ihre Beziehung war langsam gewachsen, aber sie hatten ein festes Band geknüpft. Innerhalb der letzten paar Monate war es ernst geworden. Sie hatten angefangen, Kleidung und andere Sachen beim jeweils anderen zu deponieren, hatten Schlüssel ausgetauscht. Sie hatten sogar schon darüber nachgedacht, zusammenzuziehen.
Folglich sollten sie sich unbedingt bald über Hexenkunst unterhalten.
Und ich muss vergessen, dass ich Alessandro geküsst habe.
Es war eben ein verzweifelter Moment gewesen. Dennoch war der Kuss bloß eine Nuance vom Fremdgehen entfernt. Und sie konnte ihn einfach nicht bereuen, auch wenn vollkommen klar war, dass so etwas nie wieder vorkommen durfte.
Holly stieß die Pforte auf und schritt den Weg hinauf, wobei sie nach den Schlüsseln in ihrer Tasche angelte. Nach den Erlebnissen des gestrigen Abends bewegte sie sich nicht besonders schnell. Sie hatte bis morgens um elf geschlafen und war mit Kopfschmerzen und müden Knochen aufgewacht. Ihr spätes Frühstück hatte aus Crackern und Leitungswasser bestanden.
Hollys Kater, der Brekkienator, hockte wie ein Zwanzig-Pfund-Türstopper auf der Veranda. Nicht dass Holly sich Brekks jemals absichtlich angeschafft hätte; vielmehr hatte er ihr Haus und ihr Essen adoptiert – alles Essen mit allem darauf. Nun schnupperte er an ihren Turnschuhen, wo er die interessanten Gerüche aufspürte, die sie mitbrachte.
»Ja, hallo«, begrüßte sie ihn, bückte sich und streichelte ihn. Gähnend demonstrierte er ihr die Macht intensiven Fischatems, schob seinen Kopf in ihre Hand und vollführte eine Rolle, um ihr seinen Bauch zum Kraulen darzubieten. Holly gehorchte und
Weitere Kostenlose Bücher