HexenLust 1
gehorchen und meine Schritte wurden jetzt bleiern und schienen nur unter größter Anstrengung möglich. Auch meine Gedanken waren nicht mehr die meinen. Es war, als versuchte irgendwer in meinen Geist einzudringen, ihm Befehle aufzuzwingen, zu kontrollieren. Auf einem Autodach, keine fünfzig Meter vor uns, erkannte ich den Ursprung dieser Hexerei: Nikolai!
Ausdruckslos und mit herabhängenden Armen wehte sein weißes Hemd im Wind, was sein Gesicht noch blasser wirken ließ. Es war das Antlitz eines Jünglings, welches ich schon auf der Brücke und auf der Fotografie gesehen hatte. Als würden seine Blicke auf mir brennen, entfachten sie ein Feuer in meinem Geist. Ich ertappte mich dabei, wie mein Verstand mir einen Streich spielte und ich wieder mit ihm allein auf der Brücke war. Schritt für Schritt wurde ich zu ihm gezogen.
Sofort erkannte Maddox die Situation. Feurig war sein Blick, als er sein Gewehr durchlud und ohne auch nur eine Sekunde zu verlieren, auf den Dämon zuschritt. Die ersten Schüsse krachten bereits aus dem Lauf. Anscheinend störte dies seine Konzentration. Er musste hinter dem Wagen in Deckung gehen. Sofort fühlte ich mich frei, als wäre eine riesige Last von meinen Schultern abgefallen. Doch gerade, als ich ebenfalls auf den Dämon zusprinten wollte, packte mich erneut ein Zauber. Dieser war leichter, nicht so bestimmend und doch allzu bekannt. Mit der Maskerade eines Lächelns konnte ich im Augenwinkel den glatzköpfigen Großmagier erkennen. Es war ein Hinterhalt!
Maddox kämpfte sich wie ein Soldat von Wagen zu Wagen vor, immer wieder feuernd, um Nikolai in Schach zu halten. Doch so bekam er nicht mit, was sich gerade bei mir abspielte.
»So sieht man sich wieder«, zischte der Magier, den Mund kaum geöffnet. Seine Schulter war dick verbunden und er hielt die Hände wie ein Marionettenspieler. Sofort waren meine Arme und Beine wie an Seilen und wurden auseinandergestreckt.
Innerlich seufzte ich, dann flackerte Wut bei mir auf, die sich innerhalb von Sekunden in rasenden Zorn verwandelte. Er trat näher an mich heran. Ich ließ ihn diesen Fehler nur allzu gern begehen.
»Bald werdet ihr Hexen am Boden liegen, ihr werdet kriechen vor uns ...«
»Ja, ist klar«, lächelte ich lakonisch.
Der Asphalt knirschte unter seinen Schritten. »Ihr seid nicht mehr Wert, als der Dreck unter meinen Fingernägeln.«
»Hab schon verstanden. Wir sind blöd, ihr alle ganz toll. Na, wenn du meinst.«
Nur noch zehn Meter.
»Ihr werdet Sklaven unseres Herrschers sein!«, zischte es.
»Ja, ja, in deinen Träumen, Mr Clean.«
Noch fünf Meter.
»Ihr werdet ...«
Das war genug. Ich riss mich aus seinem Fixierzauber, drehte mich auf dem Absatz und verwandelte das Feuer in mir zu einer riesigen Flammenbrunst, die ich auf ihn einschlug.
Er hatte nicht einmal Zeit, um zu schreien, als er an ein Auto geschleudert wurde und verglühte. Das schrille Kreischen der Alarmanlage wurde über den ganzen Parkplatz getragen. Nur für einen Moment war ich abgelenkt. Dann spürte ich ein Wispern an meinen Ohren.
»Du bist also Isabella?«
Mit stark russischem Akzent kitzelten Nikolais Lippen an meinem Ohr. Ein wohliger Duft umwehte ihn, und als ich mich umdrehte, konnte ich in tiefblaue Augen blicken, die ebenso undurchdringlich waren, wie die von Maddox.
»Isabelle. Ohne A«, raunte ich, bereits dabei, ein weiteres Brennen in mir zu entzünden. Meine Hände glühten, bis sie schließlich Feuer fingen. Doch aus irgendeinem Grund ließ ich die tödlichen Flammen nicht los. Die Art, wie er sprach – so ruhig, so überlegt, war einfach zu hypnotisch, als dass ich ihn töten wollte. Zumindest noch nicht.
»Verzeih mir, Isabelle.«
Mit dem Finger strich er über meine Wange. Eigentlich wollte ich mich losreißen, doch ich ließ ihn gewähren. Meine Augen schlossen sich für einen Moment und ich genoss die Berührung aus einem Grund, den ich mir nicht erklären konnte. Meine Lider begannen zu flattern.
»Eure Familie war schon immer etwas Besonderes. Genau, wie du es bist.« Ich spürte, dass er mich musterte, mir über den Arm strich, sogar durch das Feuer, das von meinen Händen emporstieg. Es waren Dutzende Emotionen, die aus seinem Antlitz sprachen. Ein Hauch von Verwunderung traf auf Neugier. Dazu spielte Begierde mit kühler Überlegenheit. Seine Berührungen waren zärtlich, so sanft, als würde ein Wind über meine Haut streicheln.
»Was meinst du damit?«, zischte ich geradeheraus.
Er kam nun so nahe
Weitere Kostenlose Bücher