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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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Verwünschungen, die das Leben am Rande des Labyrinths sie gelehrt hatten, prasselten auf den Mann herab, während sie mit aller Kraft auf ihn eindrosch. Das Blut rauschte ihr durch die Venen, und ihre Furcht war wie weggeblasen, als Gilla den Staub von ihrem Mantel klopfte und ihren Weg fortsetzte. Die beiden Schurken hinter ihr regten sich, stöhnten auf und sanken wieder zu Boden.
    Der gewonnene Kampf hatte ihr Kraft gegeben. Zuversichtlich schritt sie vorbei an den Läden und begegnete den Blicken der Teppichhändler, die ihre Ware einrollten, als die Sonne unterging und die Stadt in feuriges Glühen tauchte. Das Hochgefühl verließ sie nicht mehr, bis sie vor der Tür Enas Yorls stand.
    Dort aber hielt sie inne. Die ineinander verschlungenen ehernen Drachen, welche die Tür zierten, verwirrten das Auge. Gilla wagte nun kaum mehr den Griff vom Türklopfer zu lösen. All die Geschichten, die sie je über Magier gehört hatte, kamen ihr in den Sinn; sie dachte an die mahnenden Worte der Kinder, als sie ihnen eröffnete, was sie zu tun beabsichtigte.
    Warum bin ich eigentlich hier? Wie komme ich dazu, mich mit Magiern einzulassen? Sie versuchte ruhig und vernünftig zu bleiben und dachte: Lalo ist durch diese Tür gegangen und wieder zu mir heimgekommen. Wohin er gegangen ist, kann auch ich gehen.
    Gilla betätigte den Klopfer.
    Leise schwang die Tür auf. Der blinde Diener, von dem sie bereits gehört hatte, stand vor ihr mit einer seidenen Augenbinde in der Hand. Gilla fuhr sich mit der Zunge über die plötzlich trockenen Lippen, dann band sie sich das Tuch vor die Augen und reichte dem Diener die Hand.
    Sie wußte in etwa, was sie erwartete. Lalo hatte ihr von Darous, der Augenbinde und den seltsamen Wächtern in der Eingangshalle des Magiers erzählt. Aber das Schleifen der Schuppen über den Steinboden und das Gefühl, umzingelt zu sein von unzähligen gleitenden Körpern, war fast zuviel für sie, denn vor Schlangen fürchtete sie sich ganz besonders. Das sind keine Schlangen! dachte sie. Das sind nur Basilisken! Aber ihre Finger umklammerten die kühle Hand ihres Führers, und sie atmete schwer, als sie einen anderen Raum erreichten, in dem sich ein zarter Moschushauch mit übelkeiterregendem Schwefelgestank mischte.
    Die Augenbinde wurde entfernt. Gilla sah sich seufzend um. Die Wände hier waren rußgeschwärzt, und auf dem Boden lag ein geschmolzenes Metallgebilde, das einmal eine Kohlenpfanne gewesen sein mußte. Eine Wandnische barg einen Diwan, auf dem, scheinbar achtlos hingeworfen, etliche kostbare Decken lagen. Es bedurfte einer Weile, ehe Gilla erkannte, daß unter den Decken eine Gestalt lag. Sie verschränkte die Arme unter den Brüsten und starrte auf das Bündel.
    »Nach dem Stier die Kuh«, sagte Enas Yorl müde. »Ich hätte es mir denken können.«
    »Lalo?« Gilla sah zu, wie die schmale Hand auf der Samtdecke zitterte und schließlich zu einer muskulösen Pranke wurde, deren Haut mit feinen bläulichen Schuppen überzogen war. Gilla schluckte und zwang sich, wegzusehen. »Lalo liegt seit zwei Wochen in einer Art Trance. Ich möchte, daß Ihr ihn wieder in seinen Körper zurückversetzt.« Sie griff nach dem Lederbeutel.
    »Behaltet Euer Gold«, sagte der Magier verdrossen. »Euer Gemahl bat mich bereits darum, und ich sagte ihm auch zu. Schließlich wäre es interessant, in Freistatt einen Mann zu haben, der seiner eigenen Seele gegenüberstand. Jetzt jedoch ist Lalo auch für mich unerreichbar.«
    »Unerreichbar? Für Euch?« wiederholte Gilla verzweifelt. »Aber man nennt Euch den größten Magier im ganzen Reich!« Sie blickte in die rotglühenden Augen des Magiers, doch Enas Yorl sah weg.
    »Ich bin weise genug, um die Grenzen meiner Macht zu kennen«, erwiderte er. Seine Stimme klang bitter. »Ich kenne zwar die Kräfte der Beysiber nicht, aber kein Magier Freistatts wird es wagen, sich in die Belange der Sikkintair einzumischen. Die Fliegenden Messer haben Euren Gemahl, Frau. Geht zum Ils-Tempel, vielleicht hört Gordonesh der Priester Euch an. Oder besser noch, geht nach Hause - Lalo ist in den Händen der Götter.«
    Die Sikkintair verschlangen Lalos Fleisch und säuberten seine Knochen, bis der Wind ihm durch die Rippen strich und mit den langen Knochen seiner Schenkel Rhythmen klopfte. Seine Künstlerhände, nackt ohne die Muskeln, in denen die Magie steckte, glichen blattlosen Zweigen im Winter.
    Als die Sikkintair fertig waren mit dem Skelett, ließen sie es fallen, und Mutter

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