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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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wahre Gesicht Enas Yorls.
    Dort sah er Leidenschaften und Abgründe, machtvoller als er es jemals hätte begreifen können - und gepeinigte Liebe. In diesem Gesicht war alles Große und Furchtbare vereint in einem ewigen Konflikt, den nur der stete Lauf der Jahre jemals lösen mochte. Und dieser Jahre waren es nun schon so viele. Die Hand der Macht hatte dieses Gesicht geformt, und eine geduldige, schmerzende Verzweiflung fraß an ihm. Schließlich verstand Lalo, warum Enas Yorl ihn nicht sein Porträt hatte malen lassen, und er fragte sich, welche Seite davon der Zauberer wohl am meisten fürchtete.
    »Enas Yorl, ich kenne Euch , aber ich weiß nicht, was ich jetzt bin oder warum ich hier bin!«
    Der Zauberer sah ihn nun an und lachte. »Ihr seid nicht tot, falls es das ist, was Euch Sorgen macht, und nach Magie stinkt Ihr auch nicht. Lagt Ihr im Fieber, oder hat der Fleischberg, mit dem Ihr verheiratet seid, Euch schließlich doch niedergeschlagen?«
    Lalo murmelte rasch, daß beides nicht zuträfe, und versuchte sich zu erinnern. »Es war gar nichts - ich malte, ich war allein und .«
    Der Zauberer wurde ernst. »Ihr habt gemalt? Euch selbst vielleicht? Nun verstehe ich. Armer kleiner Fisch, Ihr habt eine verbotene Schleuse geöffnet und seid ins große Meer gespült worden. Jene, die Ihr maltet, konnten die Wahrheit in Euren Bildern leugnen, aber Euch war das nicht möglich, ohne Euch selbst in Frage zu stellen!«
    Lalo schwieg und suchte nach seinen Erinnerungen. Er hatte ein Bild gemalt, und dann war er von der Leinwand zurückgetreten, und dort sah er .
    Plötzlich begann er zu verstehen, und diese Erkenntnis machte ihn ganz benommen. Er blickte in Tiefen und weite Quellen von Licht und Dunkelheit, die beide ihn gleichermaßen zu ertränken vermochten - ein Universum der Macht, eingefangen hinter der Fassade, die das Selbst war, das er bisher kannte.
    »Und so seid Ihr also geflohen vor der Wahrheit und ihrem Abbild, und Euer Körper liegt irgendwo verlassen. Ich vermag wohl, Euch dorthin zurückzuversetzen, wenn Ihr es wirklich wünscht - aber versteht Ihr denn nicht? Ihr seid jetzt frei! Wißt Ihr, was ich dafür gäbe, das zu erreichen, was Euch versehentlich widerfuhr.« Der Magier hielt inne. »Aber ich vergaß, Euer Körper ist gesund und jung .«
    Lalo hörte ihn kaum. Sein erster Blick in dieses unermeßliche Innerste hatte ihm genügt, sich voller Entsetzen in die Schattenwelt zurückzuziehen. Aber wohin konnte er von hier aus fliehen? Er vermochte die Bedeutung dieser Vision nur zu erfahren, sie ängstigte und peinigte ihn und schlug, mächtigen Schwingen gleich, gegen sein Bewußtsein.
    Und dann waren diese Schwingen gleichermaßen in ihm als auch um ihn herum. Der gefangene Dämon wirbelte davon inmitten von Feuerrädern, deren faule Funken wie verbrannte Wolle stanken, und das Netz aus Macht, das Enas Yorl gewoben hatte, wurde zerfetzt. Ein Riß zwischen den Welten tat sich auf, durch den, scharfen Schwertern gleich, dunkle Schwingen schnitten.
    Schmerz durchfuhr Lalo, und sein Bewußtsein wirbelte davon, gelockt vom fruchtlosen Ruf des Magiers ...
    »Sikkintair, sikkintair!«
    Gilla zog den Mantel enger um sich und eilte weiter über die abgetretenen Pflastersteine der Prytanisstraße. Sie hoffte, daß es nur trockene Blätter waren, die hinter ihr raschelten. Das Juwelierviertel war zwar zu Fuß sicherer zu durchqueren als der Basar, aber jeder, der Gilla kannte, wußte auch, daß es nicht lohnte, ihr nachzustellen.
    Heute aber war das anders. Nervös fingerte sie an dem kleinen Lederbeutel, den sie an einem Band um den Hals trug, darin war alles Gold, das sie besaß. Die Dienste der Magier waren teuer. Gilla verfluchte sie alle, Alten Stulwig seiner Unfähigkeit wegen; Illyra, die Halb-S’danzo, die ihr nichts anderes sagen konnte, als daß Zauberei wohl irgendwie im Spiel war; Lalo, der sich in dieses Schlamassel gebracht hatte, und am meisten sich selbst wegen der Angst, die sie einfach nicht verlassen wollte.
    Als das Rascheln hinter ihr bedrohlich näherkam, wirbelte Gilla herum. Die Furcht verlieh ihr zusätzliche Kraft, und als ihr massiger Arm den ersten Beutelschneider mit voller Wucht traf, fiel der wie ein nasser Sack zu Boden. Ein Messer blitzte auf und schlug mit metallischem Klirren gegen eine Hauswand. Gillas zweite Faust sauste auf den Kopf des Mannes herab, dann bearbeitete sie seinen Kumpan, ehe dieser noch verstand, warum sein Freund am Boden lag. Die schmutzigsten

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