Hexennacht
Untoten mehr Spaß haben?«
»Ich meine es ernst!«
»Ich wünschte, ich nicht. Wenn du versprichst, daß du es mir nicht als Feindseligkeit anrechnest, mache ich dich noch heute mit ihr bekannt.«
»Dafür werde ich dir dankbar sein.«
»Das muß sich erst noch herausstellen. Vielleicht bist du danach gar nicht mehr in der Lage, für irgend etwas dankbar zu sein. Hast du irgendwelche Angehörige, die benachrichtigt werden sollten? Oder soll ich zumindest deinem kleinen Magier ausrichten, daß er dich rächt?«
Sync lachte, doch überzeugend klang sein Lachen nicht. »Randal wird sich heute nacht in Freistatt vorstellen. Wenn Roxane tatsächlich hier ist, braucht er nicht benachrichtigt zu werden. Sie sind einander bereits begegnet.«
»Wir sind da. Ich schiebe jetzt den Riegel zurück, dann klettern wir nacheinander, in einigem Abstand, hinaus - ich als erster. Und sie ist tatsächlich hier. Frag Eindaumen.«
Holz knarrte, ein blendend helles Rechteck wurde sichtbar, dann in seiner Mitte eine dunkle Silhouette, als Zip sich hochstemmte.
Sync, der ihm alsbald folgte, überlegte, daß dies kein so harmloses Alibi sein würde, wie er gehofft hatte; zumindest aber würde er im Wilden Einhorn gesehen werden, während etwa Hundert der herrschenden Beysiberinnen - so viele zumindest hatten die Einladung zur Eröffnung von >Randals Vergnügungspalast< angenommen - zu Wachsfiguren in der Ausstellung >Beysibische Kulturen< würden, welche die Hauptattraktionen der Beysiberfalle des Zauberers darstellte.
Dieser Sync begriff nicht, worauf er sich da einließ! dachte Zip. Er mußte es nur so deichseln, daß dieser Verrückte seinen Kopf durchsetzte, ohne daß ihm, Zip, das Verschwinden des Befehlshabers des 3. Kommandos in die Schuhe geschoben wurde!
Zip haßte Offiziere, Armeen, autoritäre Typen. Er haßte auch Roxane, wenn er es wagte - nicht sehr oft, sie war gefährlicher als alle vom 3. Kommando, und fast war er ihr hörig.
Für Sync wäre sie ihm dankbar, wenn er ihn ihr in die Hände liefern könnte. Er verstand nicht, weshalb er zögerte. Sync war schließlich nur ein Mörder mehr, einer von der schlimmsten Sorte zudem: ein Meuchler von Beruf, fähig und mit rankanischem Charisma. Je weniger Rankaner es in Zips Welt gab, desto besser. Trotzdem, wenn sich die Rankaner zusammentaten und mit den Beysibern aufräumten, würden die Nisibisianhänger später ihrerseits mit weniger Rankanern aufräumen müssen. Was gut für den von den Nisibisi unterstützten Aufstand war, konnte im Augenblick auch nur gut für Zip sein.
Also ging er einige Risiken ein. Er gestattete, daß Sync sah, wie er und seinesgleichen in der Stadt herumkamen, ohne bemerkt zu werden; ja, er zeigte ihm sogar, wo man die nach Kloake stinkende Kleidung in Eindaumens Weinkeller ablegte, wo man neue bekam, und wie man durch die Hintertür den Schankraum betrat und sich unter die Gäste mischte, als wäre man schon eine geraume Zeit da.
Eindaumen stand nicht hinter der Theke. Wahrscheinlich war er oben mit Roxane oder in seinem Landhaus; war letzteres der Fall, konnte Zip heute nacht nichts mehr unternehmen: Man brachte niemanden ungeladen zu Eindaumen - außer man wollte als Hundefutter enden!
Die Schankmaid gehörte zu Zips Leuten. Zwei Zeichen mit der Hand, von denen er hoffte, daß sie Sync nicht auffielen, brachten ihm die Antwort: Eindaumen hielt sich oben in seinem Geschäftsraum auf.
Da sich oben auch noch so allerlei anderes tat - ein bißchen Hurerei, ein bißchen Drogenhandel -, konnte sich Zip hinaufbegeben, ohne Aufmerksamkeit zu erwecken. Aber sein Begleiter erregte Aufsehen: Syncs Schwert war unverkennbar oft im Einsatz gewesen, seine sorgfältig gewählte Kleidung zu gut ausgesucht und zu unauffällig, als daß die Gäste des Einhorns nicht daraus schließen konnten, daß er ein Soldat war, der sich bemühte, nicht wie einer auszusehen.
So ruhten zu viele Augen auf ihnen, und es wurde zu ruhig in der Schankstube, als sie sich in einer Ecke niederließen. Das war ein weiteres Problem mit den Söldnern: Sie saßen immer mit dem Rücken zur Wand. Wenn Sync es über sich gebracht hätte, sich an einen Tisch irgendwo in der Mitte zu setzen, hätten die Anwesenden sich entspannt, und Zip wäre sich nicht wie auf dem Präsentierteller vorgekommen.
Aber genausogut hätte man ein Pferd auffordern können zu fliegen. Infolgedessen saßen sie in einer Ecke; zwei Taschendiebe, die den Tisch geräumt hatten, bedachten Zip nun mit bösen
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