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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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hervorgerufen haben. Ich
muss dann nach Hause gefahren sein…«
    »Und wie erklärst du dir, dass du mehr als zwei Monate
abwesend warst, wenn ich es so ausdrücken darf?«, fragte
Ulrich und bedachte Arved mit einem durchdringenden Blick.
    Arved rieb sich die Augen. »Es war mir nicht wohl… ich
bin nicht auf die Straße gegangen… und habe nicht auf
Anrufe reagiert… glaube ich.«
    Lioba verdrehte die Augen. »Ich sage doch, er glaubt einfach
nichts mehr. Es ist ja auch schwer zu glauben, sogar für mich.
Und wo, lieber Herr Winter, sind Ihre Fahrzeugpapiere und Ihr
Personalausweis, die Sie der Polizei übergeben mussten –
angeblich?«
    Arved schaute sie an wie ein geschlagener Hund. »Bitte
rühren Sie doch nicht weiter in meinen Wunden. Ich weiß es
nicht. Ich muss sie verlegt haben. Oder ich habe sie verloren. Ich
weiß es nicht. Es stimmt, ich habe euch alles erzählt, was
ich in meinen wilden Visionen und Träumen seit der
Beschwörung von Buchholz gesehen zu haben glaubte. Aber das
dürft ihr doch nicht als wirklich ansehen! Ich habe es nur
gesagt, weil ich nach der ganzen Sache einfach zu verwirrt war –
und weil ihr nicht aufgehört habt, mich danach zu fragen,
während der arme Thomas noch in der Bibliothek lag. Fangt bitte
nicht schon wieder damit an!«
    »Wir sollten ihn nicht weiter quälen«, sagte
Lioba.
    Arved warf ihr einen dankbaren Blick zu. Schwarz stand ihr gut; es
kontrastierte hervorragend mit den Silberstreifen in ihrem inzwischen
sorgsam gekämmten Haar. Doch auf ihre Wanderstiefel hatte sie
auch heute nicht verzichtet. »Sie haben uns all Ihre… Visionen berichtet, so wie sie Ihnen in Erinnerung waren, Herr
Winter. Daraus mag jeder seine eigenen Schlüsse ziehen. Für
mich ist klar, was geschehen ist. Ich glaube an die Wirklichkeit
Ihrer Erlebnisse. Wenn Sie das nicht tun, kann ich es Ihnen nicht
verübeln. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass es so viele
Wirklichkeiten wie Menschen gibt. Jeder an diesem Tisch hat seine
eigene Wirklichkeit. Nur Thomas Hieronimi nicht mehr. Trinken wir auf
seine Seele!« Sie hob das Glas und schaute nacheinander alle am
Tisch an. Die anderen schlossen sich ihrem Trinkspruch an.
    »Glauben Sie wirklich, dass er sich… geopfert
hat?«, fragte Magdalena leise, nachdem sie einen winzigen
Schluck Wein genommen hatte.
    »Wir haben ihm die Gefahren sehr deutlich aufgezeigt, aber er
wollte sich nicht umstimmen lassen. Er sagte, er werde es erst
glauben, wenn er es sehe, und außerdem habe er sowieso nicht
mehr lange zu leben«, erklärte Ulrich und drehte den Stiel
seines Glases vorsichtig zwischen den Fingern hin und her. »Wie
ich hörte, wollen Sie uns verlassen?«
    Magdalena schien ihn erst nicht zu verstehen, doch dann wagte sie
ein kurzes Lächeln. »Ich will weg von hier – ganz weit
weg. Schon bevor… bevor das mit Jürgen… also, ich habe
eine Schwester in Italien, wie ich Arved schon erzählt habe. Sie
ist von ihrem Mann verlassen worden, und ich habe mit ihr vereinbart,
dass ich zu ihr fahre. Schon nächste Woche. Ich weiß
nicht, ob der räumliche Abstand reicht, aber es ist immerhin
einen Versuch wert. Hier kann ich nicht bleiben.« Sie hatte
wieder Tränen in den Augen. »Dabei hätte ich meinen
Jürgen so gern noch einmal gesehen.«
    Ulrich Schwarz ergriff ihre Hand und streichelte sie vorsichtig.
»Aber Sie haben ihn doch gesehen, meine Liebe«, sagte er
besänftigend. »Ihnen ist etwas Wunderbares widerfahren. Sie
konnten nicht nur Abschied von ihm nehmen, sondern ihm auch noch
helfen.«
    »Ich wäre so gern in seiner letzten Stunde bei ihm
gewesen«, schluchzte sie und entzog Ulrich die Hand. »Ich
hätte ihn so gern berührt und ihm das Gefühl gegeben,
dass ich da bin. Und ich hätte ihn so gern noch einmal in seinem
Sarg gesehen.«
    Arved schluckte. Jetzt war der richtige Augenblick. Er dachte
daran, wie er gemeinsam mit dem Bestatter den verplombten Sarg
geöffnet hatte. Er konnte dieses unerklärliche Geheimnis
nicht länger für sich behalten, und nach allem, was
geschehen war, glaubte er, dass Magdalena Meisen ein Anrecht auf die
Wahrheit hatte.
    »Der Sarg war leer«, flüsterte er.
    Magdalena schaute ihn verständnislos an.
    »Ich weiß nicht, wie es gekommen ist, aber der Sarg,
der auf dem Mattheiser Friedhof beerdigt wurde, war leer. Ich habe es
selbst gesehen.«
    Magdalenas Augen füllten sich wieder mit Tränen. Sie
ballte die Hände zu Fäusten. »Das glaube ich
nicht«, sagte sie schrill. »Du musst dich

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