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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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Dämonen?«
    »Ja.«
    »Woher kommen sie?«
    »Oft aus uns selbst. Sie sind unsere bösen Begierden und
die Gründe, warum wir unser Glück so oft nicht
erreichen.«
    »Weich mir nicht aus; schließlich sind wir vom selben
Stand«, wandte Arved ein und stützte sich mit den
Händen auf dem rauen Stein ab. »Glaubst du an Dämonen,
die aus der Hölle kommen? Glaubst du an die Hölle? Wo ist
die Hölle und wie kommt man deiner Meinung nach
hinein?«
    Ulrich Schwarz biss sich auf die Unterlippe. Gleichzeitig zog er
eine Augenbraue hoch. Sein Blick wurde für Arved allmählich
unerträglich. Es war deutlich zu sehen, dass Ulrich dieses
Gespräch am liebsten sogleich abgebrochen hätte.
»Durch einen schlechten Lebenswandel«, sagte er langsam.
»Durch die Begehung einer Todsünde, meinte man
früher.«
    »Das weiß ich. Aber wie kommt man in lebendigem Zustand
hinein?« Es war ein Fehler gewesen, Ulrich in dieses
Gespräch zu verwickeln. Was hatte Arved da bloß
geritten?
    Ulrich sah ihn mit großen Augen an. »Gar nicht.
Außerdem kann man wohl nicht von einem ›hinein‹
sprechen, denn wie du weißt, sind die Theologen inzwischen der
Ansicht, dass es die Hölle eigentlich gar nicht gibt. Man
könnte sie höchstens als ewige Abwesenheit von Gott
bezeichnen, und überdies entspringt diese Trennung der
freiwilligen Entscheidung des Toten, der im Augenblick seines Todes
mit der Möglichkeit konfrontiert wird, entweder seine eigenen
Sünden einzusehen und sich in einem schmerzhaften Prozess zu
läutern oder sich gegen diese Läuterung zu
entscheiden.«
    »Nicht einmal die Theologen glauben noch an die Hölle.
Warum dann ich?«, sagte er wie zu sich selbst, stand auf und
ließ Ulrich einfach sitzen.
    Erst als er sich wieder im südlichen Seitenschiff befand,
ging ihm auf, welche Unhöflichkeit er begangen hatte. Er eilte
zurück in den Kreuzgang, aber Ulrich war verschwunden. Nur die
Engel waren immer noch in ihrem ewigen Gespräch befangen.
    * * *
    Auf dem Rückweg warf Arved einen Blick in das Schaufenster
des Antiquariats am Dom, das sich in Sichtweite der Kirche in der
Sternstraße befand. Zuerst glaubte er seinen Augen nicht zu
trauen. Dort lag ein Exemplar des Grimorium Nigrum und daneben
ein kleiner Zettel mit der Beschreibung des Buches sowie der
Bemerkung: Sehr selten. Der Preis betrug 1500 Euro.
Wutschnaubend machte sich Arved auf in die Krahnenstraße.
    Fleischstraße, Johannisstraße – er achtete kaum
auf den Weg, so verärgert war er. Er hatte nicht nur ein
völlig sinnloses Buch erworben, sondern dafür auch noch
einen völlig überhöhten Preis bezahlt! Lioba
Heiligmann musste es zurücknehmen und ihm sein Geld
wiedergeben.
    Als er vor ihrem Haus stand, war er müde und trotz des
kühlen Wetters verschwitzt. Der Himmel hatte sich aufgeklart;
die letzten Spuren des Hagelschauers und Gewitters waren verflogen.
Er schellte.
    Polternde Schritte, die Tür schwang auf. Die Antiquarin
konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen, als sie ihn
sah. Sie bat ihn wortlos herein.
    Noch im Flur begann er mit seiner Tirade. Das Buch sei
überteuert, der Inhalt sei hanebüchen, und überhaupt
habe sie ihn hintergangen und seine Unerfahrenheit schamlos
ausgenutzt.
    Lioba Heiligmann setzte sich gelassen in einen der Sessel. Sie
hatte wieder einen Zigarillo im Mund; er hing herab, als sei er
traurig, und stand damit in starkem Kontrast zu ihrem grinsenden
Mund. »Nun mal langsam«, meinte sie. »Sie wussten,
dass ich teuer bin, und außerdem kommt der größte
Teil Ihres Geldes einem guten Zweck zu, was eigentlich ganz in Ihrem
Sinne sein müsste. Und was den Inhalt des Buches angeht, so bin
ich nicht für ihn verantwortlich.«
    »Sie haben doch gesagt, es könne mir Aufschlüsse
über meine… Erlebnisse geben«, wandte er ein.
    »War es etwa nicht so?« Ihr Schmunzeln wurde noch
dichter.
    »Wie sollte man einen solchen Unsinn wie den in dem kleinen,
wertlosen Buch ernst nehmen können!«, erboste er sich.
    »Ein Glas Wein gefällig?«
    Erst jetzt bemerkte Arved, dass zwei Gläser auf dem Tisch
standen – als habe Lioba jemanden erwartet. Er seufzte und
nickte. Sie goss ihm ein. Er roch an dem bernsteinfarbenen Wein und
kostete vorsichtig.
    »Keine Angst, ich will Sie nicht vergiften«, meinte die
Antiquarin.
    Der Geschmack legte sich wie ein Schleier über Arveds Wut. Er
atmete tief ein und fühlte sich ein wenig besser.
    »Das Buch hat Ihnen also nicht weitergeholfen?«
    »Nein.«
    »Haben Sie denn versucht, einen

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