Hexennacht
geht es auch um einen
Weinstock und um Reben. Vielleicht sollten Sie dieses Buch
lesen.«
»Erwarten Sie vielleicht, dass ich dieses Zeug glaube?«,
fragte Arved unsicher.
»Das sollten Sie entscheiden, wenn Sie es gelesen
haben.«
Arved schlug das Büchlein zu und drehte es in der Hand.
»Kann ich es mir von Ihnen ausleihen?«
»Bin ich eine Leihbibliothek, oder betreibe ich ein
Antiquariat?«, konterte Lioba Heiligmann.
»Was soll es denn kosten?«
»Viertausendeinhundert Euro.«
Arved sperrte ungläubig den Mund auf. »So viel Geld
für ein so kleines Buch?«, fragte er und betrachtete es
plötzlich mit ganz anderen Augen.
»Es sollte Ihnen nicht schwer fallen, diese Summe
aufzubringen. Außerdem leisten Sie damit indirekt eine Spende
an das Mutterhaus.«
»Ich… ich habe nicht so viel Geld bei mir.«
»Ich akzeptiere auch Kreditkarten.«
»Das ist Erpressung!«
»Warum?«, meinte die Antiquarin belustigt und
zündete sich ein neues Zigarillo an. »Wenn Sie sowieso
nicht an das glauben, was in diesem Buch steht, brauchen Sie es ja
nicht zu kaufen.« Sie blies den Qualm in seine Richtung.
»Und wenn Sie es doch glauben sollten, finden Sie darin
vielleicht den Schlüssel zur Rettung Ihrer Magdalena. Aber wenn
es keinen Himmel gibt, gibt es auch keine Hölle, und Magdalena
kann nicht darin leiden. Sie haben Recht. Es gibt für Sie keinen
Grund, das Buch zu kaufen.« Lioba Heiligmann beugte sich vor und
wollte den in schrumpeliges Leder gebundenen Duodezband bereits
wieder an sich nehmen.
»Halt. Ich kaufe es. Sie sind eine verdammt
geschäftstüchtige Frau.«
»Das sagen die Borromäerinnen auch und freuen sich
darüber«, grinste Lioba. »Also her mit dem
Geld.«
15. Kapitel
Arved wünschte sich so sehr, er könnte mit jemandem
über alles reden. Er saß auf der Couch in seinem
Wohnzimmer, das kleine Buch lag neben ihm. Merkwürdig: Als die
Katzen es gerochen hatten, waren sie wie in großer Angst
geflohen und hatten sich den ganzen Abend über nicht mehr
blicken lassen. Als ob sie die Natur dieses Buches kennen
würden.
Früher hätte er ein solches Machwerk als blasphemisch
bezeichnet. Es gab detaillierte Anweisungen zur
Dämonenbeschwörung, die an Scheußlichkeit kaum zu
überbieten waren. Auch von Blutopfern war die Rede. Eines der
Kapitel handelte vom Offnen eines Tores zur Hölle, durch das die
Dämonen herausschlüpfen konnten, um dem Magier mit Rat und
Tat zur Seite zu stehen. Seufzend nahm sich Arved das Buch noch
einmal vor. Auf das Titelblatt war mit alter, krakeliger Hand ein
Besitzvermerk eingetragen: Diß Buoch gehöret Ludw.
Boh.n. Weitere Anmerkungen befanden sich an verschiedenen Stellen
des Textes und besonders in den magischen Diagrammen und Zirkeln
– als ob jemand bereits mit diesem Buch gearbeitet und aufgrund
seiner Erfahrungen Verbesserungen angebracht habe. Er schlug die
Stelle auf, wo die Errichtung des Tores beschrieben wurde.
Das achte Capitul, worinnen beschriben wirdt, auff welche Weis
das Thor zu eröffnen sey. Zeichne den magischen Kreiß auf
den Boden in der oben beschribenen Weis und stelle eyne Kertzen an
jede Spitze deß Pentagrams. Wenn du in der Erden wirkest,
beschreibe den Kreiß auch über dir auff der Erden, so
keine Gefahr von oben zu kommen vermag. Dann kleide dich in das
linnene Gewandt und nehme den Zauber-Stab. Bestreyche mit ihme die
Lufft unnd sprich: Komm herbei, mächtger Geist Azrael, Herrscher
der Winde, Höllenfürst, und sey mir zu Willen. Lege dann
den Stab in die Mitten des Kreises und nimb das Lamm,
schlachtte es mit dem geheyligten Messer und lasse das Blut in den
Kelch tropffen. Wie ich oben schrib, ist es besser, eyn Kinde zu
nehmen, wenn du solchens habhafft werden kannst. Sprich dann die
großen unnd mächtigen Worte des Tetragrammatons und
vollführe die Räucherungen. Im Rauche wirsst du sehen das
schreckliche Antlitz Azraels, doch außerhalb des Kreises. Unnd
es wird sich ein Spalth aufthun vor dem Kreise mit den Spitzen des
Pentagrammes. Nicht das Antlitz isst das Thor, sondern jener Spalth.
Arzale wird jedem gebiethen, welch selbiger durch den Spalt dringen
mag. Sieh dich vor, den Kreis nicht zu verlassen, ansonsten du der
Höll verfallen seyest. Jede Seel, die durch den Spalt gezogen
wird, ist verlohrn. Und glaube nicht, dass es etwas Gutes sey, was
den Spalt durchdringet. Und sey es auch das Antlitz unseres
Erlösers Jesum Christum oder eine Taube oder ein Weinstock.
Alles ist Ausgeburth der Höll unnt trachtet
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