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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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Dämon zu
beschwören, damit er das Tor zur Hölle aufstößt
und Sie hineingleiten können?«, fragte die Antiquarin
unschuldig.
    Arved sah sie mit großen Augen an. »Meinen Sie das
ernst? Sie glauben doch an so etwas gar nicht.«
    »Heißt das, dass es so etwas nicht geben kann?«,
konterte die Antiquarin. »Ich habe gesagt, dass ich mit dem Gott
der Theologen nichts anzufangen weiß. Aber sie können mir
glauben, dass es vieles gibt, was sich mit unserer Wissenschaft nicht
erklären lässt. Auch ich habe meine Erlebnisse gehabt, und
ich weiß, dass es keine allgemein gültigen Wahrheiten
gibt. Was für den einen das Om ist, ist für den anderen das
bewusste Atmen nachts auf der grünen Wiese und für den
dritten die Bewusstseinserweiterung durch Feng Shui. Ich finde das
alles lächerlich, vor allem dann, wenn man sich aus reiner
Modetorheit mit diesen Dingen abgibt, aber wer nur fest daran glaubt,
dessen Leben kann es verändern. Wichtig ist, dass man
weiß, was man will. Und ich habe den Eindruck, dass Sie das
nicht wissen.«
    »Ich weiß nichts, und ich glaube nichts«, gab der
verwirrte Arved zurück.
    »Dann kann ich Ihnen nicht helfen – dann kann Ihnen
niemand helfen«, sagte Lioba Heiligmann und drückte ihren
Zigarillo im Ascher aus.

 
16. Kapitel
     
     
    Zum ersten Mal ließ er die Tür zu seinem Schlafzimmer
offen. Er sehnte sich nach Gesellschaft. Und die Katzen kamen. Sie
legten sich rechts und links neben ihn auf das breite Bett und
schnurrten. Geistesabwesend kraulte er ihnen das Fell.
    Eine Dämonenbeschwörung! Während des ganzen
Heimwegs, den er zu Fuß zurückgelegt hatte, war ihm der
Gedanke nicht aus dem Kopf gegangen. Wie sollte er etwas
beschwören, an das er nicht glaubte? Als er sein Haus erreichte,
war die Entscheidung in ihm gereift.
    Niemals!
    Auf keinen Fall wollte er sich vollends zum Narren machen und in
einem Ritualhemd mit einem Zauberstab in der Hand Hokuspokus
betreiben. Er hörte eine CD von Ella Fitzgerald und versuchte
sich zu entspannen, nachdem er die Katzen gefüttert hatte.
Inzwischen wurden sie immer zutraulicher. Wenn er ihnen die Hand
entgegenstreckte, kamen sie herbei und schnupperten daran. Er hatte
immer noch Angst davor, dass sie ihn schlagen und kratzen
könnten; aber sie taten es nicht. Sie ließen sich kurz
kraulen, fraßen und gingen wieder.
    Eine Kur wäre gut. Eine Luftveränderung. Nur weg von all
diesen verstörenden Erlebnissen.
    Am liebsten weg aus seinem eigenen Leben mit all seinem Scheitern,
mit all den Enttäuschungen und Zweifeln. Ja, das wäre
vielleicht eine Lösung. Wenn keine Kur, dann wenigstens ein
Urlaub. Er konnte es sich leisten. Er hatte Geld und keine Termine.
Gleich morgen früh würde er aufbrechen. Wohin? Vielleicht
in den Süden, nein, nach Frankreich. Ins Elsaß. Er hatte
noch nie den Isenheimer Altar zu Colmar gesehen, und auch
Straßburg war eine Reise wert. Zunge und Magen stimmten dieser
Idee zu. Alles hinter sich lassen. Schlemmen. Schöne Dinge
sehen.
    Und die Katzen? Verdammt, daran hatte er nicht gedacht. Er
könnte sie in eine Katzenpension bringen. Ja, das war die
Lösung. Er atmete auf. Seiner Reise stand nichts im Wege.
    Mit diesem beruhigenden Gedanken war er zu Bett gegangen. Und
hatte sich in dem großen, alten, dunklen Haus plötzlich
schrecklich einsam gefühlt.
    Die Katzen schnurrten ihn in den Schlaf.
    Und sie weckten ihn wieder.
    Es schien mitten in der Nacht zu sein und er lag in seinem Bett.
Aber etwas war anders. Von der Straße drang nicht der geringste
Lichtschein durch den Efeu, und doch konnte Arved die Einzelheiten
des Schlafzimmers erkennen. Es war, als strahle jeder Gegenstand
einen gewissen Glanz aus. Auch er selbst. Er sah sich um. Die Katzen
waren verschwunden, aber er hörte sie draußen an der
Tür kratzen, die offensichtlich zugefallen war. Mühsam
erhob sich Arved. Schlaftrunken tastete er nach seinen Pantoffeln und
schlurfte zur Tür. Sie stand einen Spaltweit auf. Dahinter
kratzte eine der Katzen am Rahmen. Als er sie verscheuchen wollte,
fauchte sie ihn an. Dann drehte sie sich um, lief einige Schritte zur
Treppe, blieb wieder stehen und schaute zurück, als wolle sie
sich vergewissern, dass Arved ihr folgte. Als sie sah, dass er hinter
ihr herkam, lief sie die Treppe hinunter. Auch die Stufen
glühten in kaltem, unirdischem Licht.
    Die Katze führte ihn in den Keller. Hier war er erst einmal
gewesen, als er einige alte Möbel und Koffer in den
weitläufigen Gewölben untergebracht hatte. In

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